Recht 06.08.2009
Keine Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern
... bei operativ-chirurgischen Eingriffen der ästhetischen und kosmetischen Zahnheilkunde
In der ästhetischen und kosmetischen Zahnheilkunde liegt es nahe, die positiven Ergebnisse von Behandlungsmethoden durch die Darstellung von Vergleichsbildern „Vorher – Nachher“ zu bewerben. Durch nichts lässt sich die „verschönernde“ Wirkung einer Behandlung so leicht belegen. Während insbesondere in der traditionellen Schönheitschirurgie häufig mit Vorher-Nachher-Bildern geworben wurde, ist diese Werbeform in letzter Zeit deutlich seltener anzutreffen. Der Grund hierfür findet sich in einer Änderung im Heilmittelwerbegesetz (HWG). Die werberechtlichen Beschränkungen des HWG sind der Zahnärzteschaft weitgehend unbekannt, obwohl sich dort wichtige Verbotsnormen befinden, deren Nichtbeachtung für den Zahnarzt berufs- und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Zentrale, die Zahnarztwerbung regelnde Norm ist § 11 HWG, der eine Vielzahl differenzierter Werbeverbote für die sog. Publikumswerbung aufstellt. Unter Publikumswerbung versteht man z. B. die Praxishomepage, Praxisbroschüren, Patienteninformationsblätter, Radio- und Fernsehwerbung, etc. Zu den von § 11 HWG verbotenen Werbeformen gehört beispielsweise die Werbung mit Krankengeschichten, mit Gutachten, wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen, mit fachlichen Empfehlungen und Äußerungen Dritter, mit fremd- und fachsprachlichen Bezeichnungen sowie eben das Verbot von Vorher-Nachher-Bildern.
Änderung im Heilmittelwerbegesetz
Bislang galt das Verbot der Werbung „mit der bildlichen Darstellung der Wirkung […] eines Verfahrens, einer Behandlung […] durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach der Anwendung“ (so der Wortlaut von § 11 Absatz 1 Nr. 5 b, HWG) nur für medizinisch notwendige Eingriffe. Im Zuge der im September 2005 in Kraft getretenen HWG-Novelle hat der Gesetzgeber die Werbeverbote des Heilmittelwerberechts auf die sog. Schönheitsmedizin, deren Eingriffe medizinisch nicht notwendig sind, ausgedehnt. Mit der Neufassung des HWG wurde der Wortlaut des § 1 Absatz 1 Nr. 2 HWG dahingehend erweitert, dass das Gesetz auch auf „operative plastisch-chirurgische Eingriffe“ anwendbar ist, „soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht“.
Ob eine ästhetische oder kosmetische Zahnbehandlung unter das Verbot der Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern fällt, entscheidet sich danach, ob sie den Begriff des „operativen plastisch- chirurgischen Eingriffs“ erfüllt. Eine nähere Erläuterung dieses Begriffes sucht man im Gesetz und auch in seiner Begründung vergeblich. In der Gesetzesbegründung wird aber deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Erweiterung des Werbeverbotes die klassischen Schönheitsoperationen im Blick hatte: es werden beispielhaft Brustvergrößerungen durch Implantate oder Fettabsaugung zur Veränderung der Körperformen genannt. Angesichts der rapide steigenden Zahlen von schönheitschirurgischen Eingriffen, gerade auch bei Patienten unter 20 Jahren, und im Hinblick auf die mit den Eingriffen verbundenen Gesundheitsgefahren wollte der Gesetzgeber die Werbung für schönheitschirurgische Eingriffe deutlich erschweren. Durch die Werbeverbote soll vermieden werden, dass sich potenzielle Patienten durch heute weitverbreitete Formen der suggestiven oder irreführenden Werbung beeinflussen lassen und sich durch eine voreilige Behandlungsentscheidung unnötigerweise Risiken aussetzen, die ihre Gesundheit gefährden können.
Nichtchirurgische Eingriffe
Nach dem Wortlaut des § 1 Absatz 1 Nr. 2 HWG und nach der Gesetzbegründung, die ausdrücklich nur die schönheitschirurgischen Eingriffe nennt, gelten die Werbeverbote des HWG bei den medizinisch nicht notwendigen Eingriffen nur für operativ-chirurgische Eingriffe, weil diese mit erheblichen Gesundheitsgefahren für die Patienten verbunden sind. Eingriffe, die keinen operativ-chirurgischen Charakter haben, sind von den heilmittelwerberechtlichen Beschränkungen nicht erfasst. Für die nichtchirurgischen Eingriffe der ästhetischen und kosmetischen Zahnheilkunde wie Veneers, Bleaching und die Unterspritzungstechniken zur Faltenbehandlung gelten die Werbeverbote des HWG nicht. Eine Werbung mit Vorher-Nachher-Abbildungen bei Bleachingbehandlungen ist damit nach wie vor zulässig. Aber Vorsicht: Die Frage, ob es sich bei der beworbenen Behandlungsmaßnahme um einen „operativen plastisch-chirurgischen Eingriff“ handelt, stellt sich nur bei Maßnahmen, die medizinisch nicht notwendig sind. Bei medizinisch notwendigen Behandlungen gelten die Werbeverbote des HWG immer, ohne dass es auf den operativ-chirurgischen Charakter der Behandlungsmaßnahme ankommt.
Vom Werbeverbot erfasst sind nur vergleichende bildliche Darstellungen im Rahmen der Absatzwerbung, also bei Werbemaßnahmen zur Positionierung des eigenen Behandlungsangebots auf dem Markt der ästhetischen und kosmetischen Zahnheilkunde. Nicht erfasst sind dagegen Vorher-Nachher-Abbildungen in redaktionellen Berichterstattungen über Behandlungsangebote, die eine überwiegend sachlich-informativen Ausrichtung haben.
Nichtbeachtung kann teuer werden
Verstöße gegen das Heilmittelwerberecht können mit Bußgeldern bis zu 50.000 € geahndet werden. Wegen einer unsauberen Gesetzestechnik bei der Neufassung des HWG ist in der Rechtspraxis allerdings bislang noch ungeklärt, ob ein Verstoß gegen das Verbot von Vorher-Nachher-Bildern bei nicht medizinisch notwendigen Eingriffen mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Gegen eine heilmittelwerberechtlich unzulässige Werbung können aber auf jeden Fall Mitbewerber, Zahnärztekammern und evtl. sogar Patientenverbände mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts vorgehen, die Zahnärztekammern können darüber hinaus auch ein berufsgerichtliches Verfahren einleiten. Ein Wettbewerbsverfahren kann den Arzt oder Zahnarzt ebenfalls teuer zu stehen kommen: die Abmahngebühren können leicht Summen von bis zu 1.000 € erreichen. Es lohnt sich also genauer hinzuschauen, ob die zu bewerbende Behandlungsmaßnahme medizinisch notwendig ist – dann gelten die Werbebeschränkungen des HWG immer – oder medizinisch nicht notwendig ist – dann gelten die Werbebeschränkungen nur, wenn es sich um einen operativ-chirurgischen Eingriff handelt.
Autorin: Dr. Maike Erbsen