Recht 07.01.2022
Nachgehakt: Kennen Sie Ihre Praxisverträge?
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Teil 1 der neuen Artikelreihe des Magazins ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis – „Kennen Sie Ihre Praxisverträge?“
Warum für Verträge Geld ausgeben? Weil die Praxisverträge (z. B. Kaufvertrag, Gesellschaftsvertrag, Arbeitsvertrag, Mietvertrag) das Fundament der Praxis darstellen. Kommt es zwischen Praxispartnern zum Streit oder gar zur Trennung, kostet ein schlechter Vertrag nicht nur viel Nerven, sondern eben, wie beschrieben, auch viel Geld. Der Fehler wurde also bereits zu Beginn der Zusammenarbeit gemacht und lässt sich kaum noch rückgängig machen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die anwaltliche Haftung. Schließt ein Zahnarzt einen Vertrag ohne anwaltlichen Berater, ist die Haftung für vertragliche Fehler einfach verteilt: sie liegt beim Zahnarzt selbst. Übernimmt ein Rechtsanwalt die Verantwortung für den Vertrag, ist die Haftung auch einfach verteilt: sie liegt bei dem anwaltlichen Berater bzw. dessen Berufshaftpflichtversicherung.Wenn Sie sich für einen Vertrag ohne anwaltliche Beratung entscheiden, sollten Sie diese Risiken kennen und bewusst in Kauf nehmen.
Recht. Artikelreihe Praxisverträge – Teil 1:
Für die Gemeinschaftspraxis den Mustervertrag aus dem Internet, keine schriftlichen Arbeitsverträge vorhanden und den Mietvertrag noch nicht einmal vollständig gelesen … das klingt vielleicht absurd, die Beratungspraxis zeigt jedoch, dass Verträge in Zahnarztpraxen gar nicht so selten ohne anwaltliche Begleitung geschlossen werden. Im Zweifel freut sich hier nur der erst im Streitfall hinzugezogene Rechtsanwalt, der bei unprofessionellen Vertragsgestaltungen viel Aufwand hat und entsprechend hohe Honorare in Rechnung stellen kann. Warum wir diesen Artikel trotzdem verfasst haben? Weil wir lieber im Vorfeld Rechtssicherheit schaffen wollen, als mit einem Scherbenhaufen arbeiten zu müssen.
Praxistipp
Der Medizinrechtsexperte wird leider oftmals erst dann eingeschaltet, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Warum dies so ist, ist mit objektiven Argumenten nicht zu erklären. Die wichtigsten Verträge – sozusagen die Big Four der Praxis – sind der Gesellschaftsvertrag, der bzw. die Arbeitsverträge, der Mietvertrag sowie der Praxiskaufvertrag. Diese Verträge stellen die Basis der Praxis dar, und hier dürfen keine Fehler passieren. Wie schlecht die Verträge tatsächlich sind, merken viele Zahnärzte leider erst, wenn es zu spät ist. Aus diesem Grund sollten Sie auf die Verträge ein besonderes Augenmerk legen, sowohl beim Abschluss als auch fortlaufend durch die regelmäßige Überprüfung der Verträge auf ihre Aktualität. Welche Regelungen in den genannten Verträgen unbedingt vorhanden sein sollten, fassen wir in den kommenden Ausgaben für Sie zusammen.
Verträge fortlaufend überprüfen
Auch das noch? Ja! Verträge sollten sowohl vor der Unterzeichnung, aber auch laufend geprüft und geändert werden, solange es möglich ist. Verträge sollten sowohl an eine unter Umständen geänderte Rechtslage oder Rechtsprechung als auch an eine sich wandelnde Praxissituation angepasst werden. Kommt es erst einmal zum Ernstfall, fehlt es allen Beteiligten erfahrungsgemäß an Kompromissbereitschaft. Daher ist es wichtig, die Regeln für den Streitfall festzulegen, solange man sich einig ist. Hierzu ein Praxisbeispiel: Seit der Einführung der DS-GVO sind die allermeisten Regelungen in Kaufverträgen betreffend die Patientenkartei (sog. „Zwei-Schrank-Modell“) unzureichend. Im Worst Case drohen Vertragsstörungen, die bis zur Rückabwicklung des Vertrags führen können.
Individuelle Interessen berücksichtigen
Dass ein Unternehmen wie die Zahnarztpraxis, das jährlich sechsstellige Umsätze generieren soll und zahlreiche Mitarbeiter beschäftigt, nicht auf „Musterverträgen“ basieren sollte, versteht sich von selbst. Auch Verträge, die von Berufsverbänden vorgegeben werden, sind oft ungeeignet, da diese als Vertragsmuster auf Allgemeingültigkeit ausgerichtet sind, es zudem allen Beteiligten recht machen wollen. Es macht z. B. einen erheblichen Unterschied, ob ein Arbeitsvertrag aus Arbeitgeber- oder Arbeitnehmersicht oder ein Praxiskaufvertrag aus Käufer- oder Verkäufersicht gestaltet wird.
Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.