Recht 28.02.2011

Nebenkostenabrechnung - Wer zu spät kommt...?



Nebenkostenabrechnung - Wer zu spät kommt...?

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Damit hatte man fast nicht mehr gerechnet: Anfang Februar schickt die Hausverwaltung die Nebenkostenabrechnung – für das vorletzte Jahr. Und damit nicht genug, das unerfreulich dicke und nicht sehr übersichtliche Dokument endet auch noch mit einer kräftigen Nachzahlung und der Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen. Solche Post ist ärgerlich, und sei es nur deswegen, weil man nach diesem Zeitraum kaum noch nachvollziehen kann, warum neue Positionen hinzugekommen oder die eine oder andere Summe besonders hoch ausgefallen ist.

Wohnungs-, nicht Labormieter, müsste man sein. Denn bei Mietwohnungen hat der Gesetzgeber dem Vermieter eine klare Frist zur Erstellung der Betriebs- und Heizkostenabrechnung gesetzt. §556 Abs. 3 BGB bestimmt unter anderem, dass die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraumes mitzuteilen ist. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ei-ner Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Vermieter die Verspätung nicht zu vertreten hat, z.B. wegen Verzögerung bei der Postbeförderung, oder weil die Abrechnung eines Ver-sorgungsunternehmens nicht vorlag.

Forderung nach analogen Verträgen

Verständlich, dass Mieter von Büro- oder Praxis- oder Laborräumen schon seit Langem fordern, hinsichtlich verspäteter Abrechnungen nicht schlechter behandelt zu werden als Wohnungsmieter, zumal es bei gewerblich genutzten Räumen ja meistens auch um erheblich höhere Abrechnungs- und Nachforderungsbeträge geht. Mit einer analogen Anwendung der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 BGB auch auf Gewerbemietverträge sind die Gerichte bislang allerdings höchst zurückhaltend gewesen. Ein einzelnes Amtsgericht hatte zunächst vertreten, den Gesetzesmaterialien lasse sich überhaupt nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die gewerblichen Mieter bei der Ausschlussvorschrift bewusst außen vorgelassen habe. Der Zweck der Ausschlussfrist, nämlich, dem Mieter Rechtssicherheit zu geben, sei nicht auf Wohnraummietverhältnisse beschränkt.

Nur ein kurzer Lichtblick für Laborinhaber

Das Landgericht Darmstadt hatte dann im Dezember 2008 bestätigt, dass die Ausschlussfrist des §556 Abs. 3 BGB sehr wohl auf Gewerberaummietverhältnisse analog anzuwenden sei. Die Begründung der Richter ist verständlich, es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Erwägungen die Mieter gewerblicher Räume eigentlich weniger schutzbedürftig sein sollten als die Mieter von Wohnraum. Im Gegenteil seien Gewerbemieter sogar noch dringender darauf angewiesen, dass der Vermieter zeitnah abrechne. Denn im Falle gewerblicher Mietverhältnisse seien auf Mieterseite eben regelmäßig Gewerbetreibende beteiligt, bei denen es sich häufig nicht um einzelne (natürliche) Personen, sondern um juristische Personen, bei denen die Verantwortlichen austauschbar seien und die gegebenenfalls keine Kenntnis über länger zurückliegende Abrechnungszeiträume hätten. Wenn man diesen Gedanken weiter denkt, liegt eine analoge Anwendung der Ausschlussfrist gerade auf Dentallabore auf der Hand. Hier handelt es sich ja meistens gerade nicht um große Firmen mit häufig wechselnden Verantwortlichen, sondern um kleine Betriebe mit wenigen verantwortlichen Personen – die sich jedoch noch um andere Dinge zu kümmern haben als darum, welche Umstände vor bis zu zwei Jahren zu ei-ner Erhöhung der Nebenkosten für die Räumlichkeiten geführt haben könnten. Und nicht überall ist eine fachlich erstklassige Mitarbeiterin gleichzeitig auch eine begnadete Mietvertragsmanagerin. Das Gegenteil dürfte richtig sein: anders als ein Wohnungsmieter, der in seinen Mieträumen ja vor allem seine Ruhezeiten verbringt und sein Mietverhältnis, im Wortsinn, „erlebt“, einschließlich allem, wofür Nebenkosten anfallen können, sind der Labormietvertrag und seine Abwicklung zwar Voraussetzung für den Laborbetrieb, aber im täglichen Geschäft eben doch nur notwendige Nebensache.

Rückschlag durch den Bundesgerichtshof

Am 27. Januar 2010 hat der Bundesgerichtshof (BGH) diese Diskussion freilich beendet – und zwar leider auch zulas-ten der Mieter von Dentallaboren (Aktenzeichen: XII ZR 22/07). Eine Analogie komme schon deshalb nicht in Betracht, weil nicht ersichtlich sei, wonach der Gesetzgeber die Anwendbarkeit des § 556 III 3 BGB auf Gewerbemietverhältnisse „vergessen“ haben könne. Alles deute darauf hin, dass es eine bewusste Entscheidung gewesen sei, die Ausschlussfrist bei verspäteter Abrechnung nur bei Wohnungsmietverträgen gelten zu las-sen. Wer als Vermieter mit der Abrech-nung zu spät kommt, den bestraft also … niemand mehr? Nicht ganz. Denn zum einen kann es immer noch Sonderfälle geben, in denen der Mieter der Nachforderung des Vermieters die sogenannte „Verwirkung“ entgegenhalten kann. Zum anderen hat der BGH in seinem neuen Urteil zumindest auch klargestellt, dass bei Fehlen einer anderen vertraglichen Vereinbarung die Nebenkostenabrechnung „in der Regel“ bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums vorzuliegen hat. Ist das nicht der Fall, dann kann der Mieter den Vermieter immerhin auf Erteilung der Nebenkostenabrechnung in Anspruch nehmen – und bis sie vorliegt, weitere Vorauszahlungen auf Nebenkosten zurückhalten. Bleibt nur zu hoffen, dass allein diese auch nicht sonder-lich schöne Aussicht Vermieter und Hausverwaltungen dazu anhalten wird, ihre Abrechnung pünktlich zu liefern – auch wenn sie jetzt definitiv nicht mehr befürchten müssen, mit Nachforderungen bei Verspätung ganz auszufallen.

Autoren: RA Thomas Krümmel LL.M, RA Wolf Constantin Bartha


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