Recht 14.10.2021
Rechtlicher Exkurs: Schwangerschaft im Dentallabor
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Werdende und stillende Mütter, die berufstätig sind, genießen einen besonderen gesetzlichen Schutz ihrer Person und ihres (ungeborenen) Kindes. Bei der Tätigkeit in einem zahntechnischen Labor sind aufgrund der dortigen Gefahrenquellen verschiedene Schutzvorschriften zu beachten, die im Folgenden überblickartig vorgestellt werden.
Die einschlägigen Normen (vornehmlich im Mutterschutzgesetz, kurz MuSchG) haben zum Ziel, einen Schutz vor Gefahren, Überforderung und gesundheitlichen Schäden bei Mutter und Kind zu gewährleisten. Grundsätzlich sind Arbeitgebende verpflichtet, alle für ihre betroffenen Arbeitnehmerinnen erforderlichen Schutzvorkehrungen am Arbeitsplatz eigenverantwortlich zu treffen.
Gefährdung und Schutz
Zunächst müssen Arbeitgebende die Arbeitsbedingungen sowie potenzielle Gefährdungen von Mutter oder Kind je nach Art, Ausmaß und Dauer für jede Tätigkeit beurteilen. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses dieser sog. Gefährdungsbeurteilung müssen Vorgesetzte ermitteln, welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind und ob die Arbeitsbedingungen umgestaltet werden müssen bzw. können. Kann eine Arbeitnehmerin angesichts einer erhöhten Gefahr nicht im zahntechnischen Labor weiterbeschäftigt werden, ist sie grundsätzlich umzusetzen (z. B. in den administrativen Bereich). Ist auch eine Umsetzung nicht möglich, muss die Arbeitnehmerin von der Arbeit freigestellt werden.
Gespräch und Dokumentation
Sobald eine Arbeitnehmerin mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, haben Arbeitgebende unverzüglich die nach Maßgabe der Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen und der Arbeitnehmerin zusätzlich ein Gespräch über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten. Arbeitgebende müssen die Beurteilung der Arbeitsbedingungen durch Unterlagen dokumentieren, aus denen Folgendes ersichtlich ist: das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und der Bedarf an bzw. die Festlegung von Schutzmaßnahmen sowie das Ergebnis ihrer Überprüfung und das Angebot bzw. der Zeitpunkt eines Gesprächs mit der Arbeitnehmerin über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen. Arbeitgebende haben auch alle anderen Personen, die bei ihnen beschäftigt sind, über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und den Bedarf an Schutzmaßnahmen zu informieren.
Was zu beachten ist
Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mehr als 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche arbeiten. Auch müssen sie nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden einhalten. Grundsätzlich dürfen werdende und stillende Mütter nicht zwischen 20.00 und 6.00 Uhr und nicht an Sonn- sowie Feiertagen beschäftigt werden.
Arbeitgebende haben sicherzustellen, dass die schwangere oder stillende Arbeitnehmerin ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz, soweit es für sie erforderlich ist, kurz unterbrechen kann. Darüber hinaus muss sie sich während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen unter geeigneten Bedingungen hinlegen, hinsetzen und ausruhen können. Für ärztliche Untersuchungen und zum Stillen muss die Arbeitnehmerin nach bestimmten Vorgaben von der Arbeit freigestellt werden.
Eine schwangere oder stillende Arbeitnehmerin darf keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie in einem Maß Gefahr- oder Biostoffen ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Zu beachten sind u. a. die in §§ 11, 12 MuSchG und den Anlagen zur Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) in Verbindung mit anderen speziellen Vorschriften wie z. B. der Biostoffverordnung. Ein Kontakt mit potenziell Krankheitserreger übertragenden Substanzen und Produkten muss verhindert werden. Eine Verletzungs- und Infektionsgefahr muss ausgeschlossen sein.
Verboten sind ferner Tätigkeiten, bei denen die Arbeitnehmerin physikalischen Einwirkungen oder einer belastenden Arbeitsumgebung in einem Maß ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt (z. B. ionisierende und nichtionisierende Strahlungen). Bei schwangeren Arbeitnehmerinnen sind zusätzlich Belastungen wie beispielsweise durch Vibrationen oder Lärm sowie durch das Heben und Tragen von gewissen Lasten oder ständiges Stehen verboten.
Schließlich kann sich ein (teilweises) Beschäftigungsverbot auch aus einem ärztlichen Attest ergeben.
Schutzfristen
Innerhalb der sog. Schutzfristen dürfen Arbeitgebende eine betroffene Arbeitnehmerin nicht beschäftigen: in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung, soweit sich die Arbeitnehmerin nicht ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt, und bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung.
Entbindet die Arbeitnehmerin nicht am errechneten Termin, verkürzt oder verlängert sich die gesetzliche Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend. Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich in den nachfolgenden Fällen auf zwölf Wochen: bei Frühgeburten, bei Mehrlingsgeburten und wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung ärztlich festgestellt wird (im letztgenannten Fall nur auf Antrag der Arbeitnehmerin). Bei vorzeitiger Entbindung verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung um den Zeitraum der Verkürzung der Schutzfrist vor der Entbindung.
Kündigungsschutz
Gemäß § 17 MuSchG gilt darüber hinaus ein besonderer Kündigungsschutz: Arbeitnehmerinnen darf während einer Schwangerschaft, bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung, nicht gekündigt werden. Eine Kündigung innerhalb dieser Zeiträume ist allerdings nur unzulässig, wenn den Arbeitgebenden zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung bekannt ist oder wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Co-Autorin: Caroline Kühns
Dieser Beitrag ist in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.