Recht 17.11.2014

Zweideutig formuliert: Den Code im Arbeitszeugnis entschlüsseln

Zweideutig formuliert: Den Code im Arbeitszeugnis entschlüsseln

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Bekommen Mitarbeiter ein Arbeitszeugnis, müssen sie zwischen den Zeilen lesen. Denn nur, weil die Bewertung vom Chef gut klingt, müsse sie noch lange nicht gut sein, sagt Günter Huber. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitautor des Buches „Das Arbeitszeugnis in Recht und Praxis“.

Steht im Zeugnis, dass sich jemand gut mit den Kollegen verstanden hat, klingt das erstmal positiv. Doch so eine Formulierung kann bedeuten, dass der Mitarbeiter geschwätzig war oder sich im Betriebsrat engagiert hat.

Angestellte, die sich „stets einwandfrei gegenüber Kollegen“ verhalten haben, sollten sich über diese Einschätzung nicht freuen. Denn was ist mit dem Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Geschäftskunden? Und wird bei einem Manager lediglich betont, dass er immer pünktlich war, stimmt etwas nicht, erklärt Huber. Denn im Zeugnis sollten die Leistungen bewertet werden, die maßgeblich für den ausgeübten Job sind. Hebt der Vorgesetzte Unwichtiges hervor, war er mit dem Mitarbeiter wohl eher nicht zufrieden.

Bundesarbeitsgericht entscheidet zu Arbeitszeugnissen

Die Beurteilung in Arbeitszeugnissen ist aktuell auch ein Fall für Deutschlands oberste Arbeitsrichter: Geklagt hat eine Frau, die sich eine bessere Gesamtbewertung erstreiten will. Die Entscheidung hat aber Bedeutung über ihr Arbeitszeugnis hinaus. Denn es geht auch darum, was nach heutigem Verständnis als durchschnittliche Beurteilung gilt. Dafür wird bislang die Formulierung „zu unserer vollen Zufriedenheit“ angesehen, die der Note 3 entspricht.

Folgt das Bundesarbeitsgericht in Erfurt der Linie der Vorinstanzen und ändert diese Schwelle auf die Note 2, könnte es für Beschäftigte künftig einfacher werden, eine bessere Note zu erstreiten. Im Streitfall liegt nämlich die Beweislast bei den Beschäftigten, wenn sie eine überdurchschnittliche Bewertung für sich reklamieren.

Quelle: dpa

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