Laserzahnmedizin 10.01.2012

Bleaching – neue Wege einer minimalinvasiven Behandlung



Bleaching – neue Wege einer minimalinvasiven Behandlung

Eine Gratwanderung zwischen KosmEt(h)ik und ÄsthEt(h)ik

„... das Streben nach Wahrheit und Schönheit ist ein Gebiet, auf dem wir das ganze Leben lang Kinder bleiben dürfen.“ Albert Einstein

Das Aufhellen von Zähnen hat ei­ne erstaunlich lange geschichtliche Tradition, welche bis in die Antike der ersten Jahrhunderte zurückgeht. Im Mittelalter war es schon bei den damaligen Zahnchirurgen, den Barbieren, der zahnärztliche Dienst neben dem Zahnziehen, wobei eine Mischung von Salpetersäure/Aqua­fortis nach einem groben Anrauchen des Schmelzes appliziert wurde. Im 19. Jahrhundert folgten Methoden mit Oxalsäure (Chappel 1887) und das damalige Hydrogen peroxide, ein erstes dokumentiertes Wasserstoffperoxid (Harlan 1884). 1918 entdeckte Abbot die eigentliche Grundformel des Zähnebleichens, welche seit­dem immer wieder verfeinert wurde, im Sinne der Kombination von Licht, Wärmeproduktion und des chemischen Prozesses von stabilisertem 35% Wasserstoffperoxid (Superoxol). Studien der späten Sechziger von Zack und Cohen/Nyborg und Brännstorm bestätigten den Sicherheitsrahmen der Hitzeeinwirkung auf die Pulpa. 1970 konnte die Effektivität von Wasserstoffperoxid bis ins Dentin nachgewiesen werden.

Als eine geschichtliche Nebenwirkung von Carbamidper­oxid, im Einsatz als orales Antiseptikum bei Parodontologen in den 60er- und 70er-Jahren wurde die „nebenbei“ Aufhellung der Zähne festgestellt (Klusmier 1960). Haywood & Heymann entwickelten aus diesem Phänomen die eigentliche Home-Bleaching-Technik. Es folgten die ersten klassischen Produkte im Handel: 1989 White und Brite von Omni, 1991 Opalescence von Dent-Mat usw. Die Essenz ist die chemische Zersetzung von Carbamidperoxid unter anderem auch zu H2O2, aber mit einer bis zu sechs Mal schwächeren Wirkung. Gleichzeitig wurde Ende der 60er-Jahre von Nutting und Poe auch für die ästhetisch ungünstigen devitalen Zäh­ne die Walking-Bleach-Methode mit einer Mischung Superoxol und Natriumperborat, welche für einige Tage in die Pulpakammer eingeschlossen wurden, entwickelt. Bis heute hat sich das Basisrezept zunehmend verfeinert, aber nicht grundsätzlich verändert. Eine Reihe von Wärmequellen unterschiedlicher Plasma- und LED-Lampen bahnten den Weg ins neue Millennium mit prägenden Namen wie BriteSmile oder Generationen von Zoom. Begleitet wurde das Bleaching in der Fachliteratur seit den 90ern, geprägt von den ersten Werken der Pioniere Goldstein und Garber.

Thermokatalytisch oder Photokatalytisch?

Das eine schließt das andere nicht aus. Die Basis des Bleichungsprozesses wurde im ADEPT Report von Albers 1991 deutlich Step by Step beschrieben. Es handelt sich um einen Redoxprozess, wobei komplexe dunkelpigmentierte Karbonringe in einfachere Ketten durch Oxidation reduziert werden. Diese absorbieren den Lichtstrahl weniger, dem­ent­sprechend reflektieren sie intensiver und wirken somit heller. Der Redoxprozess entwickelt sich bis zum eigentlichen Sättigungspunkt als absolute Notbremse, um den Zerfall der Zahnstruktur via Bruch der molekularen Strukturen in schlussendlich CO2 und  H2O im Sinne einer kompletten Oxidation zu verhindern.

Laserunterstützt oder laseraktiviert?

Seit Oktober 2009 haben wir die Wahl einer neuen Annäherung an ein laserinduziertes Bleachingverfahren, im Sinne eines laser-aktivierten Aufhellens, welches durch wellenlängenspezifische Chromophoren oder Aktivatoren im Pulver selber ausgelöst wird. Durch den Zusatz von TiO2 ist die thermische Nebenwirkung stets unter Kontrolle, im Sinne einer maximalen Erwärmung von ca. 1,5 bis 2 Grad Celsius an der heiklen Schnittstelle Bleaching Gel/Schmelzoberfläche. Zusätzlich beweist eine ganze Reihe von SEM Untersuchungen der Uni Wien (Prof. Andreas Moritz und Prof. ­Johann Wernisch) vor und unmittelbar nach diesem  Bleachingverfahren eindeutig keine Veränderung der Schmelzoberfläche. Eine eigentliche Einschränkung der Ess- und Trinkgewohnheiten in den folgenden 48 Stunden entfällt somit ganz. Verschiedene Studien unterlegen die­se beiden grundlegenden Tatsachen. In der klinischen Übersetzung konnten wir zusätzlich folgende Tatsachen nachweisen: postoperative Beschwerden sind sehr selten und wenn nur auf den Behandlungstag beschränkt. Die Aufhellung wirkt als solche noch zwei Tage über die Bleachingsitzung hinaus und das Endresultat ist eine natürlich und eindeutig ästhetisch wirkende Aufhellung einiger Farbtöne, vor allem prägend bei anfangs eindeutig grau wirkenden Pigmenten, was für uns revolutionär war, da diese Farbtöne klinisch sehr heikel aufzuwerten sind. Die Resultate zeigten eine eindeutige optisch natürliche Aufhellung um einige Töne, auch bei den schwierig zu bleichenden grauen Farbtönen als Ausgangssituation. Post-OP keine Beschwerden außer einer eventuellen erhöhten Sensibilität der Zähne rein am Tag der Behandlung. Keine Pigmenteinlagerung während der ersten 48 Stunden.

Laseraktiviert: Fallbeispiele aus der Praxis
 
Es folgen nun drei verschiedene Falldarstellungen aus dem klinischen Alltag. Zuerst ein klassischer Fall vor Veneer­versorgung mit der Wellenlänge 810 nm/Diode, als zweites eine schon sehr helle Ausgangssituation zusätzlich optimiert mit der Wellenlänge 1.064 nm/Nd:YAG und als drittes Beispiel ein Bleaching in zwei Stufen, im Sinne eines primären Aufhellens eines devitalen Frontzahnes, gefolgt von einem ­zeitlich versetzten vollumfänglichen Bleaching in der Kombination Diode 810 nm und Nd:YAG.

Fall 1
Drei Zyklen à 30 Sekunden mit Diode 810 von ARC und entsprechendem Bleaching­handstück (Abb. 8–17).

Fall 2
Drei Zyklen à 30 Sekunden mit Nd:YAG/Fidelis Plus III und entsprechendem Bleachinghandstück R24 (Abb. 18–25).

Fall 3
Aufhellung in zwei Etappen vor kosmetischer Sanierung (Abb. 26 und 27).

1. Phase: laserunterstützte Endorevision 21 mittels Er:YAG und Nd:YAG selektives externes Bleaching von 21 mittels vier Zyklen Nd:YAG à 60 Sekunden (Abb. 26 und 27).

2. Phase: komplettes kombiniertes Bleaching von zwei Zyklen à 30 Sek. mittels Diode 810 und einem Zyklus 30 Sek. mit Nd:YAG (Abb. 28–31).

Verwendete Geräte, Ansätze und Bleaching­materialien

1. Laser und deren Ansätze
– Diode FOX 810 nm von ARC mit entsprechendem Bleachinghandstück (Abb. 32 und 33)
– Nd:YAG Fidelis Plus III 1,064 nm von Fotona mit ­Blea­ching­handstück R24 (Abb. 34 und 35)

2. Spektrometrische Analyse (Abb. 36)

Diese neue und innovative Annäherung ans Thema des laserunterstützten Aufhellens der Zähne hat uns eine wertvolle Bereicherung in der Kategorie der minimalinvasiven Therapien für den Praxisalltag gebracht. In Fällen ästhetischer Beeinträchtigungen, welche durch die Zahnfarbe bedingt sind, und für die Patienten heute ein reelles gesellschaftliches, privates und berufliches Hindernis darstellen, ist es auch die richtige Wahl im Sinne einer evidenzbasierten Zahnmedizin, bei welcher das Prinzip der klinischen Fachkenntnisse des Behandlers und der Bedarf an Behandlung und Vorrang des Patienten im Mittelpunkt stehen. Für den Laseranwender ist es zudem eine sichere und kostengünstige Alternative, da das Bleachingpulver der vorhandenen Wellenlängen angepasst werden kann, die Handhabung einfach und im niederenergetischen LLLT-Bereich nach einer ausführlichen Instruktion gut delegierbar ist.

Danksagung

Ein spezieller Dank geht an Prof. Dr. Johann Wernisch und Prof. Dr. Andreas Moritz und ihre Teams der Universität Wien für die Entwicklung, die Literatur, die Test-Messungen und die SEM-Bilder entsprechend der Interaktion Wellenlänge-Pulveraktivator-Schmelzoberfläche; an unser Team unter Führung von PA Monica Tuzza, welche die große Anzahl spektrometrischer Messungen durchgeführt und analysiert hat und an die Geduld und Zeit unserer Patienten, welche sich für die Serie zusätzlicher Farbtonmessungen jederzeit zur Verfügung gestellt haben.

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