Endodontologie 13.11.2013
2-Feilen-System: Schnelles und effizientes Arbeiten
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Eine Wurzelbehandlung stellt für viele Kollegen, vor allem an Molaren, eine ungeliebte, zeitraubende Aufgabe dar. Viele begrüßen daher die Idee von einem einfachen, übersichtlichen System für die sichere Aufbereitung.
Der zeitliche und materielle Aufwand ist groß, wenn man eine endodontische Behandlung nach dem heutigen Wissensstand durchführt. Zahn ist nicht gleich Zahn, denn die Kanalanatomie variiert nicht nur nach Art des Zahns, sondern auch innerhalb derselben Zahngruppe. Leider wird diesem Aufwand im Rahmen der Leistungen der GKV nicht Rechnung getragen und Zuzahlungen seitens der Patienten sind nicht zulässig. Als Alternative zu der arbeits- und zeitintensiven Aufbereitung per Hand ist seit Jahren eine Vielzahl maschineller Aufbereitungssysteme auf dem Markt. Allen diesen Systemen gemeinsam sind hohe Kosten für die einzelnen NickelTitan-Feilen, von denen gleich mehrere pro Zahn benötigt werden. So ist es nicht verwunderlich, dass immer noch viele Kollegen manuell aufbereiten und diese zusätzlichen (Anschaffungs-)Kosten scheuen.
Weniger Feilen
Auf der IDS 2011 wurde dem Trend zur Minimierung der Feilenanzahl Rechnung getragen und die ersten 1-Feilen-Systeme vorgestellt (Reciprok, Fa. VDW/WaveOne, Fa. Dentsply Maillefer). Seit Ende letzten Jahres bietet Komet Dental das 2-Feilen-System F360 an. Folgende Parameter sind zu diesem System wissenswert: Die Feilen können mit allen drehmomentbegrenzten Endomotoren und Endowinkelstücken in rotierender Arbeitsweise betrieben werden. Die meisten Wurzelkanäle können mit nur zwei Feilen in den Größen 025 und 035 aufbereitet werden, für weite Kanäle stehen Feilen in den Zusatzgrößen 045 und 055 zur Verfügung, jeweils mit 4 % Konizität. Das Feilensystem arbeitet voll rotierend mit 300/min und einem Drehmoment von 1,8 Ncm in allen vier Größen; es ist damit übersichtlich, zeitsparend und vergleichsweise kostengünstig.
Die Feilen sind steril verpackt und zum Einmalgebrauch vorgesehen, womit die initiale Sterilisation und Aufbereitung als Arbeitsschritte in der Praxis entfallen.
Fallbeispiel
Diagnose
Die 51-jährige Patientin stellte sich am 3. Mai 2013 mit pochenden Schmerzen im rechten Unterkiefer vor. Den schmerzenden Zahn konnte die Patientin genau lokalisieren (Zahn 47). Der Zahn war mesial-okklusal mit einer Glasionomerfüllung versorgt, die mesial frakturiert war. Der Sensibilitätstest war hoch positiv und der Perkussionstest negativ. Die Sondierungstiefen lagen im physiologischen Bereich und der Zahn war nicht gelockert. Die Ausgangsaufnahme zeigt eine insuffiziente Füllung an Zahn 47 mesial. (Abb. 1). Unter Lokalanästhesie wurde der Zahn 47 kariesfrei exkaviert, die Kronenpulpa entfernt und eine medikamentöse Einlage mit Ledermix (Fa. Lederle) sowie ein provisorischer Verschluss mit einem Schaumstoffpellet und Cavit (Fa. 3M ESPE) durchgeführt. Die Patientin wurde über die anstehende endodontische Behandlung des Zahns 47 aufgeklärt (Diagnose: irreversible Pulpitis an Zahn 47).
Abb. 1: Ausgangsaufnahme Zahn 47.
Maschinelle Wurzelkanalaufbereitung
Am 13.05.2013 erfolgte zunächst ein präendodontischer adhäsiver Aufbau an Zahn 47 mesial. Nach Lokalanästhesie und Anlegen des Kofferdams wurde der Zahn eröffnet und die Pulpakammer von Medikamentenresten gereinigt. Zur Darstellung der Kanaleingänge verwendete ich Rosenbohrer für die Isthmuspräparation (H1SML, Komet). Dabei wurde ein geradliniger Zugang zu den Kanälen geschaffen. Darauf folgte die Erweiterung der Kanaleingänge mit Gates-Glidden-Bohrern. Die Pulpakammer und Kanaleingänge wurden zwischen den einzelnen Arbeitsschritten immer wieder mit Natriumhypochlorid 1 % gespült. Im nächsten Schritt wurden die Kanäle nacheinander mit C-Pilot-Feilen (Fa. VDW) sondiert und die Länge endometrisch bestimmt (Root ZX, Fa. Morita) Die nachfolgende Röntgenmessaufnahme (Abb. 2) zeigte die Referenzpunkte und die apikale Situation nicht vollständig. Auf eine Wiederholung der Röntgenmessaufnahme wurde verzichtet. Die endometrischen Werte wurden jedoch nochmals überprüft und die Arbeitslängen schließlich festgelegt.
Abb. 2: Röntgenmessaufnahme Zahn 47.
Jetzt erfolgte die Gleitpfadpräparation in den beiden mesialen Kanälen bis zur ISO Größe 15 mit Handinstrumenten. Im distalen Kanal konnte die initial apikale Feile bereits in ISO Größe 20 eingebracht werden, sodass hier direkt mit den Feilen weitergearbeitet wurde. Zunächst wurde die F360 Feile 25.04 in den beiden mesialen Kanälen in kontinuierlichen Auf- und Abwärtsbewegungen (picking motion) eingesetzt, bis die Arbeitslänge erreicht war. Zwischenspülungen erfolgten nach jeweils drei pickenden Bewegungen mit NaOCl 1 %, und die mit Debris gefüllten Spanräume der Feile wurden im mit Alkohol gefüllten Interimsstand gereinigt. Nach Erreichen der Arbeitslänge mit der Feile 25.04 wurden die Kanäle erneut mit NaOCl 1 % gespült.
Der distale Kanal wies eine in orovestibulärer Richtung ovale Form auf. Um auch hier die Kanalwände maschinell präparieren zu können, wurde die Feile gleichzeitig zu den Auf-Abwärtsbewegungen auch in seitlich bürstenden Bewegungen (brushing motion) eingesetzt, ähnlich dem Circumferential filing. Das oben beschriebene Vorgehen erfolgte in gleicher Weise danach mit der F360 Feile in Größe 35.04.
Schallaktivierung
Zum Abschluss wurden alle drei Kanäle mit NaOCl 1 % gefüllt und die Flüssigkeit pro Kanal mittels der Schallspitze SF65 (Komet Dental) jeweils dreimal für 20 Sekunden schallaktiviert. Danach erfolgte die Abschlussspülung mit 20%iger Zitronensäure.
Wurzelfüllung
Die Kanäle wurden mit Papierspitzen getrocknet und die Guttaperchapoints in Größe 35.04 angepasst, sodass diese auf Arbeitslänge leicht klemmten (sog. „tug back“). Zur Kontrolle der vollständig aufbereiteten Kanäle wurde eine Masterpointaufnahme angefertigt (Abb. 3). Die Wurzelfüllung erfolgte dann mit den angepassten Masterpoints und dem Sealer AH+ (Fa. DENTSPLY). Da die Kanaleingänge initial mit Gates-Glidden-Bohrern erweitert wurden, füllten die Guttaperchapoints den oberen Kanalanteil nicht aus, sodass hier die alleinige Einstiftmethode für die Wurzelfüllung nicht infrage kam. Daher wurde die Guttapercha im oberen Kanalanteil mittels Hitzeträger abgeschmolzen und mit einem passenden Plugger die noch warme Guttapercha im Kanal nach apikal kondensiert. Der koronale Kanalabschnitt wurde anschließend bis kurz unterhalb der Kanaleingänge mit warmer Guttapercha aufgefüllt. Die Pulpakammer und die Kanaleingänge wurden abschließend versäubert und der Zahn adhäsiv mit Komposit verschlossen (Scotchbond, Fa. 3M ESPE & Venus Pearl, Fa. Hereaus). Am Ende der Behandlung wurde eine Kontrollaufnahme angefertigt (Abb. 4).
Abb. 3: Masterpointaufnahme Zahn 47.
Praktische Tipps
Bei der Anwendung des Feilensystems im Kanal sollte auf die kontinuierliche Auf- und Abwärtsbewegung geachtet werden, da die Feile sich sonst leicht nach apikal ins Dentin vorarbeitet und nur noch per Linkslauf befreit werden kann. Ungeübten empfehle ich eine Trainingsphase zunächst an Acrylblöcken und extrahierten Zähnen, um die Arbeitsweise der Feile nachverfolgen zu können und ein Gefühl für die Schneidfreudigkeit zu bekommen. Die Möglichkeit der optischen Kontrolle des Spanabtrags ist ebenfalls von Vorteil, um später besser abschätzen zu können, wie oft die Feile im Interimsstand von Dentinspänen gesäubert werden sollte. Mit dem vorgestellten Feilensystem steht uns ein zeitsparendes und kostengünstiges Aufbereitungssystem zur Verfügung, mit dem wir eine Vielzahl der endodontischen Problemstellungen in der täglichen Praxis lösen können.
Abb. 4: WF-Kontrollaufnahme Zahn 47.