Endodontologie 03.01.2012
Direkte adhäsive Stiftbefestigung und Stumpfaufbau in einer Sitzung
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Stift oder nicht Stift – das ist vor allem eine Frage des Substanzverlusts. Hoher Substanzverlust im Bereich der klinischen Krone spricht für eine Verankerung und Verstärkung des Stumpfaufbaus mit einem Stift. Bei kleinen Defekten ist die Verankerung des Aufbaus an der umgebenden Zahnsubstanz oft ausreichend.
Dem Behandler stehen Stiftlösungen aus unterschiedlichen Materialien zur Verfügung (Metall, hochfeste Keramik, Glas- oder Quarzfaser). Quarz- oder Glasfaserstifte zeichnen sich durch ein zahnähnliches Elastizitätsmodul aus und begrenzen dadurch die Gefahr der Wurzelfraktur bei Scherbelastungen.
Patientenfall
Im vorliegenden Fall stellte sich der Patient mit deutlichem Substanzverlust am 35 vor (Abb. 1–3). Die für einen gegossenen Stiftaufbau nötige Fassreifenpräparation hätte die Zahnsubstanz weiter geschwächt. Aufgrund der zu erwartenden Belastung des Stumpfs erschien eine rein retentive Stiftverankerung nach traditionellem Muster nicht ausreichend. Daher wurde hier dem direkten Stiftaufbau in Adhäsivtechnik der Vorzug gegeben. Die Verwendung von Systemen, die auf der Adhäsivtechnik beruhen, ermöglicht außerdem eine minimalinvasive Vorgehensweise, die Zahnsubstanz erhält und für den Haftverbund nutzt. Für den vorliegenden Fall wurde ein Stiftaufbausystem gewählt, das einen adhäsiven Verbund Wurzel-Stiftzement-Stift-Aufbaumaterial ermöglicht (Rebilda Post System, VOCO). Bei diesem System dient das Aufbaumaterial gleichzeitig zur Stiftbefestigung, was Stiftzementierung und Stumpfaufbau in einem Arbeitsschritt ermöglicht (Abb. 4). Das System enthält Stifte in drei Größen sowie die passenden Bohrer und einen Reamer zum Vorbohren (Abb. 5).
Nach Entfernung alter Füllungsreste (Abb. 6) wurde die Länge des Wurzelkanals ermittelt, um die Bohrtiefe festzulegen. Es ist darauf zu achten, dass apikal ca. 4mm WK-Füllung verbleiben (Abb. 7), um einen apikalen Verschluss zu gewähren.
Kofferdam oder eine gingivale Barriere isolieren den Zahn während der Restauration (Abb. 8). Das Wurzelfüllungsmaterial wurde mit dem Bohrer bis zur festgelegten Tiefe entfernt und dadurch der Kanal gleichzeitig auf den richtigen Durchmesser präpariert (Abb. 9). Die Kontrolle der Passgenauigkeit des Stiftes erfolgte anhand einer Röntgenaufnahme. Der Stift ist klar röntgensichtbar (Abb. 10). Er wurde anschließend mit einem Diamanten auf die nötige Länge gekürzt. Abbildung 11 zeigt den Kanal nach der Aufbereitung und vor dem Bondschritt. Als Nächstes wurde ein selbstätzendes und dualhärtendes Bond auf die Klebeflächen um den Kanaleingang herum appliziert (Futurabond DC, VOCO), jedoch noch nicht lichtgehärtet (Abb. 12). Dies stellt sicher, dass Überschussmaterial, das später beim Setzen des Stifts aus dem Kanal quillt, ebenfalls einen guten Haftverbund mit dem Zahn eingeht. Das verwendete Bond enthält einen speziellen Katalysator und kann auch für selbst- oder dualhärtende Komposite verwendet werden (Abb. 12).
Die Applikation des Bonds im Wurzelkanal (Abb. 13) geschah mit einem Endo-Applikator (Endo Tim, VOCO). Auch hier wurde das Bond noch nicht lichtgehärtet. Das Bond wurde anschließend mit dem ölfreien Luftbläser gründlich getrocknet (Abb. 14). Nach Silanisierung des Stiftes (Abb. 15) wurde zur Stiftbefestigung das Stumpfaufbaumaterial (Rebilda DC) mit einer Endo-Applikationskanüle direkt in den Wurzelkanal appliziert (Abb. 16). Der Stift wurde unmittelbar nach Einbringen des Stumpfaufbaumaterials in den Wurzelkanal mit einer leichten Drehung gesetzt (Abb. 17). Erst jetzt erfolgte die Lichthärtung. Hierdurch wird der Stift in dem Stumpfaufbaumaterial fixiert (Abb. 18). Dies ermöglicht sofortigen weiteren Aufbau, ohne Abbindezeiten abwarten zu müssen. Der Stumpf wurde nun durch direktes Auftragen von Rebilda DC um den Stift weiter aufgebaut (Abb. 19) und lichtgehärtet (Abb. 20). Der Stumpfaufbau kann dann sofort weiter bearbeitet werden (Abb. 21). Die Gingivalbarriere wurde entfernt und der Stumpf beschliffen. Das Stumpfaufbaumaterial zeigt eine Oberflächenhärte wie Dentin und ist so vor allem in Übergangsbereichen zum Dentin präzise beschleifbar (Abb. 22). Abbildung 23 zeigt schließlich den fertigen Kronenstumpf.