Zahntechnik 23.01.2024

Zahnersatzmaterialien: Zahntechnik vs. UmweltZahnTechnik



Zahnersatzmaterialien: Zahntechnik vs. UmweltZahnTechnik

Foto: Christof Borges

Egal, ob jung oder alt – die Zahl der Allergiker und chronisch kranker Menschen nimmt stetig zu. Reaktionen auf dentale Werkstoffe im oralen Bereich, wie Zungenbrennen oder Veränderungen im Zahnfleischbereich, sind noch verhältnismäßig leicht zu diagnostizierende Erkrankungen. Schwieriger wird es etwa bei Magen-, Darm- oder Hauterkrankungen sowie Erschöpfungszuständen, Depressionen bis hin zur verzögerten Pubertät bei Jugendlichen. Für Zahntechniker Christof Borges ist die Zeit reif für ein Umdenken in der Zahntechnik und Zahnmedizin.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

In der UmweltZahnTechnik (UZT) ist es unabdingbar, sehr eng mit der Zahnarztpraxis zusammenzuarbeiten. Dafür muss das Labor aber in den gesundheitlichen Problemen und Allergien sowie deren Auswirkungen auf den menschlichen Organismus geschult sein. Nur so kann das Dentallabor – individuell abgestimmt auf den Gesundheitszustand jedes einzelnen Patienten – die Versorgung optimal anpassen. Bisher wurden in den meisten Fällen ohne Berücksichtigung schon vorhandener Dentallegierungen im Munde des Patienten weitere Legierungen in die Mundhöhle eingegliedert, um vorrangig die Funktion und Ästhetik wiederherzustellen.

In der Deutschen Gesellschaft für UmweltZahnMedizin e.V. (DEGUZ) haben sich Zahnmediziner, Zahntechniker, Ärzte verschiedenster Fachbereiche, Zahnmedizinische Fachangestellte sowie weitere medizinische Berufsgruppen zusammengeschlossen, um ganzheitlich, wissenschaftlich und interdisziplinär den steigenden Zahlen von Erkrankungen durch Zahnersatzmaterialien entgegenzuwirken sowie Alternativen zu erarbeiten.

Individuell verträglicher Zahnersatz

Schon seit über 30 Jahren ist der orale Galvanismus bekannt, doch trotzdem kombiniert der größte Teil der Zahntechniker die verschiedensten Legierungen zur Herstellung von Zahnersatz, meist in Absprache mit bzw. auf Anweisung der Zahnarztpraxis. Selbst in den Berufs-, Meister- sowie auch den Hochschulen werden zum Teil veraltete Lerninhalte vermittelt. Da wir bisher keine Möglichkeiten hatten, unsere wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse und Erfahrungen an diesen Stellen einzubringen, haben wir in der DEGUZ curriculare Fortbildungen. Die teilnehmenden Zahntechniker versetzt es in die Lage, individuell verträglichen Zahnersatz mit möglichst geringer Freisetzung von Inhaltsstoffen aus Kunststoffen und Metallen ohne eine weitere Belastung für den Organismus zu erstellen. Dies wird in einem sechstägigen, teils gemeinsamen Curriculum UmweltZahnMedizin/UmweltZahnTechnik vermittelt.

Ziel in der UmweltZahnTechnik ist es, den Patienten metallfrei bzw. nur mit einer Metalllegierung zu versorgen. Techniken wie Gießen, Schweißen oder Löten müssen der Vergangenheit angehören. Dank der CAD/CAM-Technik sind wir in der Lage, homogenen und schadstoff- armen Zahnersatz herzustellen. Diese Möglichkeiten sollten wir konsequent nutzen!

Dentalwerkstoffe für sensibilisierte Patienten

Ich selbst arbeite seit über drei Jahren komplett metallfrei und schöpfe dabei unter anderem aus Erfahrung von über 200 großspannigen Kombi-Arbeiten, zum größten Teil Teleskoparbeiten aus Zirkon und PEEK. In der UmweltZahnTechnik kommen hierbei möglichst wenig, und bei Verdacht auf Allergien nur getestete Materialien zum Einsatz. Diese Tests laufen grundsätzlich außerhalb des menschlichen Körpers, beispielsweise mittels Blutentnahme und einem anschließenden Lymphozytentransformationstest (kurz: LTT). Als UmweltZahnZechniker haben wir das Wissen, welche Dentalwerkstoffe für sensibilisierte Patienten infrage kommen, und als Background den Arbeitskreis UmweltZahnTechnik (www.akuzt.de).

War früher ,,Bio-Gold“ in aller Munde, so wissen wir heute, dass die NEM-Legierung erste Wahl ist. Aber nur gefräst! Gold rangiert in der Häufigkeit der Allergien kurz hinter Nickel und Palladium. Wer hätte das gedacht? Vor allem die Abrasionsfestigkeit und Korrosionsstabilität im Vergleich zur Goldlegierung machen die Chrom-Kobalt-Molybdänlegierung in den meisten Fällen zu einem sehr gut verträglichen Werkstoff.

Um in der Kombi-Technik metallfrei arbeiten zu können, benötigen wir einen Ersatz für das Metallgerüst. Hier bietet sich seit ca. zehn Jahren das Hochleistungspolymer PEEK (Polyether- etherketon) an. Dieser Werkstoff stammt ursprünglich aus der Chirurgie als Ersatz von Wirbelkörpern und großen Knochendefekten, aber auch in der Industrie findet dieses Produkt Anwendung. Am Anfang wurde PEEK als Thermoplast gespritzt, heute fast ausschließlich gefräst, da die physikalischen Eigenschaften wesentlich besser sind. Die Bandbreite dieses und anderer Werkstoffe ist ausgesprochen vielfältig.

Effektive Fertigung

Durch die digitalen Daten aus den Praxen und die hierfür notwendigen Fräsmaschinen und Drucker bekommen wir immer neue Möglichkeiten der effektiven Fertigung. Aber Vorsicht, vor allem bei dem 3D-Druck mittels Harzes! Noch wissen wir zu wenig über alle Inhaltsstoffe und was nach der Endpolymerisation noch alles in Lösung geht – oftmals mangelt es auch immer noch an der Herausgabe der gesamten Inhaltsstoffe. Solange das nicht wissenschaftlich geklärt und in Studien belegt worden ist, raten die UmweltZahnTechniker der DEGUZ von der Verwendung gedruckter Schienen, Kronen, Brücken oder sonstigen Apparaturen ab, egal, ob zur temporären oder definitiven Versorgung.

Weitere Forschung nötig

Die DEGUZ arbeitet hierfür eng mit der Charité und dem IMD-Labor für medizinische Diagnostik in Berlin zusammen und erstellt gemeinsam Studien oder auch Messverfahren, um z. B. Bestandteile aus Dentalkunststoffen, die in Lösung gehen, im Speichel nachzuweisen. Für die UmweltZahnTechnik gilt, dass nur industriell und homogen gefertigte Materialien zum Fräsen Verwendung finden.Dennoch ist der 3D-Druck für Modelle, Löffel, Hilfsteile usw. aus dem Laboralltag nicht wegzudenken. Aber auch hier ist wieder höchste Vorsicht im Umgang mit den Druckern und Materialien geboten. Weder sollte man in Kontakt mit den Druckmaterialien und Reinigungsflüssigkeiten kommen, noch sollten die auftretenden Dämpfe eingeatmet werden. Diese Geräte gehören in einen separaten und gut belüfteten Raum mit Absaugung, sonst sind Sensibilisierungen der Mitarbeiter unausweichlich.

Fazit

Ein wichtiger Aspekt ist nicht zuletzt die wirtschaftliche Seite der UmweltZahnTechnik. Kalkuliert man hier alle Faktoren, wie erhöhter Aufwand im Labor, gesonderte Schulungen, Maschinenstunden usw., dann ist es aus eigener Erfahrung wieder lukrativ, zu arbeiten. Zu Risiken und Nebenwirkungen der UmweltZahnTechnik fragen Sie den Arbeitskreis UZT der DEGUZ oder direkt mich als Fachbereichsleiter der UmweltZahnTechnik.

Dieser Beitrag ist in der ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.

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