Branchenmeldungen 25.09.2024
6. Schweizer Implantat Kongress: Implantatforschung und -praxis
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Vom 19. bis 21. September 2024 fand im Kursaal Bern der 6. Schweizer Implantat Kongress statt, der alle drei Jahre von der Implantat Stiftung Schweiz (ISS) organisiert wird. Der diesjährige Kongress stand unter dem Motto „Implantatgesundheit“ und bot eine erstklassige Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Renommierte Experten sowie zahlreiche Fachleute aus den Bereichen Zahnmedizin, Oralchirurgie und Prothetik nahmen an der Veranstaltung teil, die von allen vier Schweizer Universitäten sowie den Fachgesellschaften SGI, SSOS, SSP und SSRD unterstützt wurde.
Der Kongress begann am 19. September mit praxisnahen Workshops, die in enger Zusammenarbeit mit der Industrie organisiert wurden. Diese boten den Teilnehmern die Möglichkeit, sich intensiv mit klinisch relevanten Themen wie der Behandlung von Periimplantitis und dem GalvoSurge®-Verfahren zur elektrolytischen Implantatdekontamination auseinanderzusetzen. Zudem standen moderne digitale Workflows und Techniken zur Weichgewebsregeneration im Fokus.
Satellitensymposium der European Society for Ceramic Implantology (ESCI)
Eine besondere Ergänzung des Kongressprogramms war das Satellitensymposium der European Society for Ceramic Implantology (ESCI), das speziell auf die wachsende Bedeutung keramischer Implantate und deren Einsatzmöglichkeiten in der modernen Implantologie einging. Internationale Experten präsentierten hier die neuesten Forschungsergebnisse zur biologischen Verträglichkeit und Langlebigkeit keramischer Materialien. Dr. Jens Tartsch aus Zürich, Präsident der ESCI, ging der Frage nach, ob Keramikimplantate nur ein vorübergehender Trend seien. Dr. Stefan Röhling aus München zeigte, dass Keramikimplantate im Praxisalltag eine verlässliche Alternative darstellen können, und Prof. Dr. Ralf Kohal aus Freiburg im Breisgau beleuchtete die Stabilität von Keramikimplantaten im klinischen Einsatz. Dr. Frank Maier aus Tübingen zeigte auf, wie das Hart- und Weichgewebsmanagement rund um Keramikimplantate optimiert werden kann, während Dr. André Chen aus Lissabon die Integration des digitalen Workflows in die Keramikimplantologie vorstellte.
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war die Session „my approach with…“, in der erfahrene Anwender ihre individuellen Ansätze und Erfahrungen mit verschiedenen Implantatsystemen präsentierten.
Es wurden aber nicht nur technische und klinische Aspekte beleuchtet, sondern auch die zunehmende Nachfrage von Patienten nach metallfreien Implantaten thematisiert. Die Vorträge boten tiefgehende Einblicke in die wissenschaftlichen Grundlagen und die praktische Anwendung der Keramikimplantate. Die rege Teilnahme und das Interesse am ESCI-Symposium zeigten eindrücklich, dass Keramikimplantate eine bedeutende Rolle in der zukünftigen Implantologie spielen werden.
Wissenschaftliches Programm
Die Hauptkongresstage am 20. und 21. September umfassten vier thematisch strukturierte Sessions, die ein breites Spektrum der Implantatgesundheit abdeckten:
Session 1 beleuchtete den Einfluss von Medikamenten und der Immunabwehr auf die Implantatgesundheit. Experten wie Prof. Bilal Al-Nawas aus Mainz und Priv.-Doz. Michael Payer aus Graz lieferten wertvolle Einblicke in die Rolle von Antibiotika und den Einfluss von Medikamenten auf die Osseointegration.
Session 2 fokussierte die biologischen Wechselwirkungen zwischen Implantatmaterialien und der allgemeinen Gesundheit. Experten wie Prof. Thomas Albrektsson aus Göteborg, der bereits seit den 1960er-Jahren mit der Brånemark-Gruppe zusammenarbeitet und die moderne Implantologie entscheidend prägte, und Prof. Dagmar Simon aus Bern diskutierten den Einsatz metallfreier Implantate und die wissenschaftlichen Grundlagen für deren Verwendung.
Sessions 3 und 4 widmeten sich der Behandlung von Implantatpatienten mit Parodontitis und der Periimplantitistherapie. Diskussionen über die Bedeutung keratinisierter Mukosa und die Prävention von Periimplantitis, unter anderem durch Dr. Norbert Cionca aus Genf, regten praxisnahe Lösungsansätze an.
Am Samstag lag der Fokus der Vorträge auf den biologischen Wechselwirkungen zwischen Implantaten und der Gesundheit sowie auf deren Beitrag zur prothetischen Versorgung. Prof. Hannes Wachtel aus München, ein international anerkannter Experte für Parodontologie und Implantologie, präsentierte seine umfangreiche klinische Erfahrung in der Behandlung komplexer implantologischer Fälle.
In einer Podiumsdiskussion diskutierten Prof. Daniel Buser aus Bern und Prof. Thomas Gander aus Luzern über Komplikationen in der Implantologie. Sie beleuchteten verschiedene Herausforderungen und Lösungsansätze in diesem Bereich.
Prof. Nicola Zitzmann aus Basel sprach über den Einfluss von Implantaten auf die psychosoziale Gesundheit aus der Perspektive der Patienten und deren Umfeld. Sie betonte, dass Implantate nicht nur die Funktionalität, sondern auch das Selbstwertgefühl und die soziale Teilhabe der Patienten verbessern können.
Dr. João Pitta aus Genf stellte das Thema Extensionsrekonstruktionen auf Implantaten vor. Er zeigte auf, wie eine stabile und funktionale prothetische Versorgung auch mit weniger Implantaten erreicht werden kann, insbesondere bei eingeschränktem Knochenangebot. Beide Vorträge hoben hervor, dass Implantate weit über ihre funktionalen Vorteile hinaus auch die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden der Patienten positiv beeinflussen.
Ein besonderes Highlight waren die interaktiven Paneldiskussionen, die im Anschluss an die Vorträge stattfanden. Hier konnten die Teilnehmer in den direkten Austausch mit den Referenten treten und praxisbezogene Fragen zur langfristigen Sicherstellung der Implantatgesundheit erörtern. Die kontroverse Diskussion um Keramikimplantate als Alternative zu Titanimplantaten sowie der Einsatz von Hyaluronsäure in der periimplantären Therapie fanden dabei besonderes Interesse.
Ausstellung und Industriepräsenz
Parallel zu den wissenschaftlichen Vorträgen bot eine umfassende Industrieausstellung den Teilnehmern die Gelegenheit, sich über die neuesten Entwicklungen und Produkte im Bereich der Implantologie zu informieren. Führende Unternehmen wie Straumann, Geistlich und Thommen Medical präsentierten innovative Technologien und Materialien, von fortschrittlichen Implantatsystemen bis hin zu Lösungen für die Knochen- und Weichgewebsregeneration. Ein besonderes Highlight des Kongresses war der Social Evening am 20. September im Kursaal Bern. Der festliche Abend bot den Teilnehmern die Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre zu vernetzen, Erfahrungen auszutauschen und aktuelle Entwicklungen der Implantologie zu diskutieren. Begleitet von einem exquisiten Dinner und einer Show des Entertainers Stefan Hicklin, förderte dieser Abend den kollegialen Austausch und die Netzwerkbildung.
Fazit und Ausblick
Der 6. Schweizer Implantat Kongress 2024 war ein großer Erfolg und unterstrich erneut seine Bedeutung als führende Plattform für den Wissensaustausch in der Implantatforschung und -praxis in der Schweiz. Die gelungene Kombination aus fundierten wissenschaftlichen Vorträgen, praxisorientierten Workshops und intensivem Austausch unter den 700 Teilnehmern machte die Veranstaltung zu einem wertvollen Ereignis für alle Beteiligten. Mit dem klaren Fokus auf Implantatgesundheit und der Optimierung der Patientenversorgung setzte der Kongress wichtige Impulse für die Zukunft. Die nächste Ausgabe, die in drei Jahren stattfinden wird, wird bereits mit Spannung erwartet. Der rege Zuspruch und das positive Feedback der Teilnehmer belegen die herausragende Bedeutung dieser Veranstaltung für die zahnmedizinische Fachwelt in der Schweiz.