Branchenmeldungen 12.06.2012
Abbau von Fehlanreizen
VDZI plädiert für qualitätsorientierten Wettbewerb
Am 15. März 2012 fand anlässlich der Internationalen Handwerksmesse in München der 2. Medientag des Handwerks statt. Unter dem Titel „Die Gesundheitshandwerke – Chancen und Risiken im Zukunftsmarkt Gesundheit“ präsentierten die fünf Präsidenten der Gesundheitshandwerke den Journalisten vor Ort folgende, gemeinsame Positionen:
1. „Patientenschutz durch Meisterpräsenz und Höherpositionierung“ – Präsident Thomas Truckenbrod, Zentralverband der Augenoptiker (ZVA)
2. „Ausbildung im Gesundheitshandwerk und seine Zukunfts- perspektiven“ – Präsident Werner Dierolf, Zentralverband Orthopädieschuhtechnik (ZVOS)
3. „Leistungsgerechte Beteiligung im Gemeinsamen Bundesausschuss umsetzen“ – Vizeprä- sident Olaf Kelz, Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik
4. „Strikte Korruptionsbekämpfung sichert mehr Wettbewerb“ – damaliger VDZI-Präsident Jürgen Schwichtenberg
5. „Exportschranken für Gesundheitshandwerke abbauen“ – Präsidentin Marianne Frickel, Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHA)
Der damalige VDZI-Präsident Schwichtenberg hat sich im Namen der Gesundheitshandwerke gegen die problematischen Marktentwicklungen gegenseitiger Vorteilsnahme und Vor-teilsgewährung zwischen Ärzten und Gesundheitshandwerken ausgesprochen. Bestehende Fehlanreize im Gesundheits-system und berufswidriges Gewinnstreben unter Ausnutzung der Marktmacht durch Ärzte führten bei der Verordnung und Auftragserteilung an die Gesundheitshandwerke immer stärker zu einem unfairen und qualitätsfeindlichen Wettbewerbsverhalten. Dies sei auch der Nährboden für korruptionsgeneigte Vorteilsphantasien, die in Gesundheitsmärkten keinen Platz haben dürfen. Er sprach sich für die Gesundheitshandwerke für eine klare, auch wirtschaftliche Trennlinie zwischen dem medizinischen Heilberufen und den Gesundheitshandwerken aus.
Lesen Sie hierzu den Kommentar des ehemaligen VDZI-Präsidenten Jürgen Schwichtenberg:
Die Attraktivität eines Berufes macht sich in zentraler Weise an dem erzielbaren Einkommen und an den Karriereaussichten fest. Die Aufgabe ist daher komplexer Natur und ihre Bewältigung hat viel damit zu tun, ob es gelingt, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dieses Handwerks entscheidend zu verbessern. Das aktuell deutlich niedrigere Niveau bei den Ausbildungsvergütungen kann daher schon auf kurze Sicht nicht länger aufrechterhalten werden. Hier liegt das Zahntechniker-Handwerk an der unteren Skala aller Handwerksberufe. Es müsste, orientiert man sich an der erforderlichen fachlichen Qualifikation, jedoch weit oben angesiedelt sein. Ebenso zeigt sich, dass im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Lohnentwicklung das für den Zahntechniker deutlich niedrigere Lohn- und Gehaltsniveau immer mehr zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Branchen im Kampf um junge Fachkräfte wird. „Bei einem durchschnittlichen Bruttoverdienst von rund 2.100 Euro ist eine zahntechnische Fachkraft mit einer dreieinhalbjährigen Ausbildung in diesem anspruchsvollen Beruf im Vergleich zu anderen Branchen nicht fair bezahlt“, so Schwichtenberg. Er betont zudem deutlich, dass die überwiegende Mehrheit der Meisterbetriebe diese prekäre Gehaltsentwicklung bei den Zahntechnikern mehr als schmerzt. Die Ausbildungsvergütungen und Löhne sind unbefriedigend, aber ebenso unvermeidlich, weil sehr stark von der Politik verursacht. „Der VDZI hat dies unter meiner Führung daher gebetsmühlenhaft der Politik und den Krankenkassen vorgetragen und Vorschläge gemacht, wie die zahntechnischen Preise in einem angemessenen Verhältnis zur Inflations- und Kostenentwicklung anzupassen sind.“
Forderung des VDZI nach kostenorientierter Preisfindung beim BEL bleibt bestehen
Die Vorschläge haben beim Gesetzgeber leider noch kein Gehör gefunden. Sie bleiben daher auch für den neuen Vorstand des VDZI ganz oben auf der berufspolitischen Tagesordnung. Unbestritten ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass der in den letzten Jahren intensivere Wettbewerb im Verhältnis zu den zahnärztlichen Kunden den Preisdruck erhöht und damit ebenfalls die wirtschaftliche Leistungskraft der Meisterbetriebe weiter geschwächt hat. Jürgen Schwichtenbergs Appell geht deshalb in beide Richtungen, einmal an die zahnärztlichen Kunden und an die mächtigen deutschen Krankenkassen. „Die Sicherung der zahnärztlichen Versorgungsqualität in Deutschland gelingt nur, wenn ein leistungsfähiges, flächendeckendes Angebot an qualifizierten zahntechnischen Meisterbetrieben vor Ort verfügbar ist. Das setzt faire Preise voraus. Eine kurzsichtige Schnäppchenjagd des Zahnarztes im Bereich der Neuanfertigung höhlt die fachlich verlässliche, qualitätsorientierte Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und dem Partnerlabor ebenso aus, wie das fatale Bewerben von Auslandszahnersatz durch die Kranken- kassen. Beides zerstört die wirtschaftlichen Grundlagen einer umfassenden und inno-vativen Zahnersatzversorgung in Deutschland. Dieser schleichende Erosionsprozess muss durch ein System fairer Preise und einem qualitätsorientierten Wettbewerbsverhalten gestoppt werden.“
Quelle: VDZI