Branchenmeldungen 31.03.2022

„Das haben wir schon immer so gemacht!“ – Tipps für Veränderungsprozesse



„Das haben wir schon immer so gemacht!“ – Tipps für Veränderungsprozesse

Foto: treety – stock.adobe.com

Drei Tipps für Veränderungsprozesse in der Praxis

Wachstum und Erfolg brauchen Entwicklung. Diese bringt Veränderung mit sich. Ergo, wer sich und seine Zahnarztpraxis entwickeln möchte, braucht regelmäßige Veränderung. Schon ein Zitat von Heraklit aus Ephesus lautet: „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Obwohl wir alle, egal, ob im Berufs- oder Privatleben ständig Veränderungen mitgestalten, ist Veränderung vielen Menschen unliebsam. „Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist ein Satz, der sicherlich in vielen Zahnarztpraxen immer wieder fällt.

Veränderungen sind der Beginn von etwas Neuem. Wenn etwas Neues beginnt, bringt dies meist das Loslassen von etwas Altem mit sich. Das Neue ist dabei nicht unbedingt das Problem an der Veränderung. Vielmehr haben die Widerstände mit dem Loslassen und vor allem der Umstellung zu tun. Der nachfolgende Beitrag gibt hilfreiche Tipps und Anregungen, wie die Praxisleitung Veränderungen gemeinsam mit dem Team kommunizieren und umsetzen kann.

Warum fallen Veränderungen so schwer?

Das menschliche Hirn liebt Routinen. Alles, was wir automatisiert machen können, erfordert wenig Rechenleistung des Hirns – wir laufen dann auf Autopilot. Wenn es in der Praxis zu Veränderungen kommt, können Mitarbeiter nicht mehr im Autopiloten unterwegs sein. Es braucht mehr Aufmerksamkeit, um neue Vorgehensweisen zu erlernen, bis diese auch verinnerlicht sind.

In dieser Phase herrscht Unsicherheit. Hier steckt die zweite Herausforderung der Veränderung. Menschen haben ein natürliches Grundbedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle. Veränderungen bringen aber Unsicherheit und damit einen Kontrollverlust mit sich. Werden Prozesse in der Praxis umgestellt und erst mal nicht beherrscht, fühlen sich Mitarbeiter und natürlich auch die Praxisleitung unsicher und haben wahrscheinlich ein Gefühl von fehlender Kontrolle.

Alles in allem: Eine Veränderung ist immer ein Verlassen der Komfortzone. Es gibt Menschen, die gut damit umgehen können, sehr offen für Neues sind und es lieben, sich selbst herauszufordern. Oder, wenn die Idee zur Veränderung von einem selbst kommt. Die meisten Menschen sind allerdings eher gerne in der eigenen Komfortzone unterwegs. Dann kann eine Veränderung zu einem Kraftakt werden. Im schlimmsten Fall wird die Veränderung nicht umgesetzt und alles bleibt beim Alten.

Allein das Wissen, warum Veränderungen so schwerfallen, ist schon eine erste Hilfe, um gewünschte Veränderungen zum Erfolg zu führen. Stellen Sie sich selbst die Frage, zu welcher Gruppe Sie gehören? Haben Sie Freude daran, Ihre Komfort- zone zu verlassen und sich auf Neues einzulassen? Wenn ja, haben Sie gute Karten, um auch Ihr Team mitzunehmen.

Veränderungen haben einen typischen Ablauf Wenn wir von Veränderungen in der Zahnarztpraxis sprechen und von den Schwierigkeiten, das Team mitzunehmen, handelt es sich meist um Veränderungen, die dem Team übergestülpt werden. Angenommen Sie haben eine Praxis übernommen und möchten nun einiges modernisieren. Das ist sicherlich eine der schwierigsten Aufgaben einer neuen Praxisleitung mit einem alteingesessenen Team. Es fällt erneut der Satz: „Das Team hat schon immer alles so gemacht, und es hat ja auch funktioniert.“

Die oben beschriebenen Probleme von fehlenden Routinen und einem großen Kontrollverlust sind bei einem Team in solch einer Situation enorm. Die Emotionen schwappen über, und genau darum geht es meist auch. Sie sind es, „die im Weg stehen“. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Achterbahnfahrt menschliche Emotionen machen, wenn der Weg zu erst mal ungewünschten Veränderungen mitgegangen werden soll (Abb. 2).

Abb. 02: Darstellung der emotionalen Kurve in Anlehnung an das Modell von Kübler-Ross. © Ana Pereira

Die erste Reaktion ist oft angstbehaftet. Die Veränderung ist ein Schock. Im Gehirn spielen sich Worst-Case-Szenarien ab und das Unterbewusstsein ist sofort in Alarmstellung, denn nun heißt es: Raus aus der Komfortzone. Wenn dies unfreiwillig und unvorhergesehen passiert, ist es nicht willkommen. Wer an dieser Stelle mit Argumenten kommt und an die Vernunft appellieren will, ist schlecht beraten. Das Gehirn steht unter Stress, ist im Ausnahmezustand und richtet den Fokus darauf, den herkömmlichen Zustand wiederherzustellen.

Sobald der erste Schreck verdaut ist, kommt als zweite Phase die Ablehnung. Hier spielt sich ein offensiver Widerstand ab. Einzelne Personen oder ganze Teams stellen sich mit aller Gewalt gegen die Veränderung und halten am Herkömmlichen fest.

In der dritten Phase, die oft von Chaos geprägt ist, können verschiedene Emotionen zum Vorschein kommen. Manche stecken in einer tiefen Krise, denn sie erkennen, dass es kein Zurück mehr gibt. Andere befinden sich in der Trauer. Loslassen braucht vorab Trauer, um Abschied nehmen zu können. In dieser Phase sind viele Emotionen da und ein Vorwärtskommen mit der eigentlichen Veränderung ist schwer.

In der vierten Phase erscheint ein Silberstreifen am Horizont. Es gibt Neugierde auf die Veränderung. Die ersten positiven Seiten und eventuellen Vorteile werden erkannt. Die Neugierde bringt das Probieren mit sich.

Die fünfte und letzte Phase startet nun die Umsetzung der Veränderung. Das Neue wird in den Praxisalltag integriert. Es wird zum „Normalzustand“, damit zur Routine und ist in die Komfortzone gerutscht. Die Veränderung ist umgesetzt.

Wie lange dieser Prozess dauert, ist sehr individuell. Sicher kommt es auf das Ausmaß der Veränderung an. Außerdem spielen die Persönlichkeit der Betroffenen und „WIE“ die Neuerungen kommuniziert wurden eine Rolle. Eines ist sicher: Die Phasen müssen durchlaufen werden. Durchhalten ist unumgänglich. Es handelt sich dabei um Emotionen, die mit sachlichen Fakten nicht ausgeschaltet werden können.

Wie kann das Team eingebunden werden?

Sie planen Veränderungen in Ihrer Praxis und möchten Ihr Team auf eine freundliche und wertschätzende Weise mitnehmen? Mit diesen drei Tipps sind Sie gut gewappnet, um die Effekte der emotionalen Kurve durchzuhalten, und haben das Rüstzeug für jeden Punkt des Prozesses:

Seien Sie ein gutes Vorbild und selbst die Veränderung
Sie haben oben erfahren, welche Wege eine Veränderung durchläuft. Diese emotionale Achterbahn gilt für Sie als Praxisleitung ebenso wie für Ihre Mitarbeiter. Kommt der Veränderungswunsch intrinsisch von Ihnen? Brennen Sie dafür, weil Sie erkennen, welchen Mehrwert es Ihnen und der Praxis und letztlich auch den Mitarbeitern bringt? Wenn dem so ist, leben Sie die Veränderung vor. Seien Sie ein Vorbild und haben Sie dabei Geduld, dass das Team noch nicht an derselben Stelle der Veränderungskurve steht, wie Sie selbst. Eine Veränderung ist Teamsache und geht bei Ihnen als Praxisleitung los. Gehen Sie die neuen Pfade als erster und ebnen Sie damit den Weg für Ihr Team. Seien Sie dabei immer freundlich konsequent. Zeigen Sie Verständnis für die Ängste und Zweifel, machen Sie aber gleichzeitig klar, dass es trotzdem nur den Weg der Erneuerung gibt.

Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Veränderung ein
Ein Team entscheidet zusammen. Selbst wenn Sie als Praxisleitung eine Veränderung beschließen und kein Weg daran vorbeiführt. Es gibt immer die Möglichkeit, das eigene Team in die Veränderung miteinzubeziehen. Stellen Sie die Mitarbeiter nicht vor vollendete Tatsachen. Vor allem nicht von einem Tag auf den anderen. Stellen Sie einen Termin ein, um Ihr Vorhaben zu besprechen. Fragen Sie nun alle zusammen, wie sie die Neuerungen gemeinsam angehen können. Veränderungen, die gemeinsam beschlossen sind, haben einen offensichtlichen Mehrwert und werden eher angepackt. Wenn diese aus uns herauskommen, treffen sie in der emotionalen Kurve nicht auf den Zustand von Schock und Ablehnung. Beziehen Sie das Team ein. Dann besteht die Chance, dass es zum gemeinsamen Vorhaben wird.

Geben Sie der Veränderung Zeit
Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden, und gewachsene Strukturen müssen verabschiedet werden, um neue zu gestalten. Es wäre eine gute Sache, wenn Neues sich einfach so in den Prozess einfindet und funktioniert. Dieser Wunsch ist prinzipiell weder falsch noch unmöglich. Einzig kommt vielen die Ungeduld dazwischen. Das passiert vor allem dann, wenn es eine ganze Reihe an Veränderungen zu tun gibt. Wie oben beschrieben, hat das Widerstreben bei Veränderungen mit Emotionen zu tun. Gefühle von Angst, Überforderung und Kontrollverlust werden nie zu einem guten Ergebnis führen. Zeit und Gespräche sind der einzige Weg, um gut und erfolgreich durch die Zeit der Veränderung zu kommen.

Fazit

Einfach ist es sicherlich nicht, Veränderungen – vor allem, wenn es um größere geht – umzusetzen. Doch es ist weit weg von unmöglich, wenn die Dynamik der Geschehnisse dahinter verstanden wird und Sie sich und Ihr Team mit den richtigen Tools zur richtigen Zeit steuern. Wer sich hier selbst entwickeln möchte, ist gut beraten, mit einem professionellen Business Coach zu arbeiten. Persönliche Entwicklung geht Hand in Hand mit Praxisentwicklung.

Dieser Beitrag ist in der Cosmetic Dentistry erschienen.

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