Branchenmeldungen 04.04.2014
Die neue ultragepulste Lasertechnologie
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Seit einigen Monaten wird über neue ultragepulste Lasertechnologien breit in der wissenschaftlichen Community diskutiert. Neben dem Revlite® Laser, einem ultragepulsten Q-Switch Laser, vertreibt Anbieter Cynosure auch einen Picosekunden-Laser („Picosure®“) mit extrem kurzen Pulsen. Auf der AAD 2014 in den USA wird die Firma Cutera einen weiteren Picosekunden-Laser („Enlighten®“) vorstellen, dessen Markteinführung in Deutschland allerdings noch nicht feststeht. Was steckt hinter diesen Technologien? Eine Einschätzung von Dr. Klaus Hoffmann.
Bei einem Quality geswitchten (Q-Switch) Laser handelt es sich um ein Gerät, bei dem über Spiegeltechniken ein Laserimpuls zwischen zwei Spiegeln so „angereichert“ wird, das eine extrem hohe Energie „angestaut“ werden kann. Diese Energie wird dann mit einem Schlag freigegeben und es entsteht ein extrem hoher Puls, der im Megawattbereich liegt, in einer möglichst kurzen Zeitspanne. So gilt zum Beispiel für den Q-Switch Laser Revlite, dass er Pulse in Höhe von fünf Nanosekunden abgibt. Dies war bislang die Referenzklasse. Werden allerdings einige 100 Megawatt in einer so kurzen Zeit abgegeben, wird eine erhebliche Wirkung auf das betroffene Gewebe erzielt. Es können sogar Kavitationsphänomene ausgelöst werden, die sich durch eine weiße Färbung der Oberfläche bemerkbar machen. Bei diesen Geräten werden die Pulse sehr kurz gehalten, um die Nebeneffekte auf das Gewebe zu minimieren. Dieser Effekt lässt sich mit folgendem Phänomen vergleichen: Hält man den Finger nur kurz an das Bügeleisen, um zu testen, ob es warm ist, passiert nichts, hält man ihn länger daran, dann entsteht eine Brandblase. Bei den kurzen Lichtimpulsen ist es ähnlich. Je kürzer der Puls wird, umso geringer sind die Nebeneffekte. Solange man allerdings im Nanosekundenbereich bleibt, besteht immer noch ein nicht unerheblicher Bereich von Wärmeübertragung. Diese Wärmeübertragung führt zu einer Schädigung des Gewebes. Es kann also durchaus passieren, dass einige Hautpigmente mitgeschädigt werden oder im schlimmsten Fall minimale Narben entstehen. Nichtsdestotrotz soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die meisten Narben, die zum Beispiel nach Tattooentfernungen zurückbleiben, nicht durch die Laser ausgelöst werden, sondern offensichtlich bereits durch Entzündungs- und Unverträglichkeitsreaktionen sowie bei mehrfachem Einstechen beim Tätowieren selbst entstanden sind. Hierauf ist der Patient hinzuweisen.
Entscheidender Durchbruch
Nun ist es das Bestreben aller Firmen, die Pulse zu verkürzen, da ein kürzerer Puls nicht nur weniger Nebeneffekte im Sinne von weniger Verbrennungen, sondern eben auch einen höheren fotomechanischen Effekt hat. Die Physik erklärt, dass Licht sowohl als Welle als auch als Teilchenstrom beschrieben werden kann. Große Namen wie die Physiker Planck, Einstein und andere werden mit diesen physikalischen Phänomenen in Verbindung gebracht. Damit wird aber klar, dass nicht nur Energie übertragen wird, sondern auch ein mechanischer Effekt. Genau dieser fotomechanische Effekt steht im Vordergrund, wenn im Picosekundenbereich gearbeitet wird. Die Picosekundengeräte sind daher wahrscheinlich einer oder der entscheidende Durchbruch, den es in den letzten Jahren in der Lasertechnologie gegeben hat.
Das erste Gerät, das in diesem Bereich auf den Markt kam, ist der Picosure Laser der Firma Cynosure. Es handelt sich um einen Alexandrit-Laser, der mit zwei Lampen gepulst wird und 280 Megawatt in den 750 Picosekunden emittieren kann. Damit bewegt man sich klar im Bereich der fotomechanischen Effekte. Das heißt, die getroffene Struktur wird nicht mehr im Wesentlichen thermisch geschädigt, sondern alle Strukturen, die über eine ausreichende Steifigkeit verfügen und im Einflussbereich des Lichtimpulses liegen, werden mechanisch alteriert. Klassischerweise wurde der Laser daher zuerst für den Bereich der Tattooentfernung in Umlauf gebracht.
Fotomechanische Zertrümmerung
Tattoos sind vom Grunde her nichts anderes als Verfärbungen, die durch das Einbringen kleiner Teilchen in die Haut entstehen. Es handelt sich dabei nicht um flüssige Farbe, sondern um kleine Pigmentteilchen, die zum Beispiel bei schwarzer Farbe (in der Regel) zwischen 40 und 100 Nanometer Partikelgröße haben. Diese Partikel haben in der Haut und in den biologischen Geweben die Eigenschaft, dass sie aggregieren und sich zu „Gruppen“ zusammenziehen. Im histologischen Bild sieht man daher in aller Regel „Verklumpungen“ von kleinen Körnchen. Es ist auch für den Laien gut zu verstehen, dass die fotomechanischen Effekte auf größere Körnchen größer sein werden als auf kleinere Körnchen. Bei der Farbe Schwarz, hier spricht man den am meisten verwendeten Farbton von Carbon Black an, findet man mehrheitlich 500 Nanometer-Partikel, die sich sehr leicht zertrümmern lassen. Dies ist nämlich genau der Effekt, der bei der Fotomechanik eintritt. Im Gegensatz zum Zerschmelzen des Pigmentpartikels mit normalen Q-Switch-Lasern, kommt es hier zu einer fotomechanischen Zertrümmerung. Das heißt, das Nanometer große Partikelkörnchen wird in staubkorngroße Partikel „zerblasen“ und kann dann durch den Lymphstrom und die Einwanderung der Makrophagen abgeräumt werden. Je kleiner die Partikel aber werden, umso schwieriger wird ihre Zerstörung. Darin liegt der wesentliche Grund, weshalb keine hundertprozentige Garantie für die Entfernbarkeit eines Tattoos oder einer Farbe gegeben werden kann. So sind zum Beispiel sehr helle Farben wie Gelb häufig durch sehr kleine Farbkörnchen charakterisiert, die schwerer zu zertrümmern sind. Vom Grundsatz ist es aber so, dass der fotomechanische Effekt von der physikalischen Steifheit und den allgemeinen Eigenschaften des Körnchens abhängig ist und weniger von der Farbe, so wie es bei alten Q-Switch-Lasern der früheren Generation der Fall war. Dennoch gibt es natürlich auch bei dem Picosekunden-Laser noch eine minimale Wärmeübertragung. Von daher ist eine gewisse Wellenlängenabhängigkeit nicht auszuschließen. Die Energie ist darüber hinaus so kurz, dass es tatsächlich zu Kavitationsphänomenen und Zerreißungsphänomenen kommt. Auf der Oberflächesiehtmandirektnach dem Eintreffen den Einschuss des entsprechenden Laserimpulses, tatsächlich auch eine Weißfärbung. Dahinter verbirgt sich die durch die Kavitation entstandene Einsprengung von Luft in das Stratum corneum. In einigen Fällen entstehen Vesikel oder Bullae wie bei einem Ekzem oder einer toxischen Reaktion. Diese dürfen nicht mit einer Verbrennung verwechselt werden, obwohl sie ebenso behandelt werden.
Neue Technologien
Vor einiger Zeit bewegte eine berühmte Methode, die 20:20 genannt wird, die wissenschaftliche Fachwelt. In der Universitätshautklinik Bochum wird darüber hinaus, zur Vermeidung des „Whitening“-Effektes (Kavitationsbläschen) mit Perfluorodecalin (PDF) in flüssiger Form als auch in einer völlig neuen Folie mit sehr vielversprechenden Ergebnissen beforscht. Die Idee war, dass in einer Sitzung mehrfach im Abstand von einer gewissen Zeit wiederholt behandelt wird, nämlich genau dann, wenn die Luft wieder aus dem Stratum corneum entwichen ist. Dadurch soll die Effektivität erhöht werden. Gerade bei dem Picosekunden-Laser, der im Vordergrund keine thermische Wirkung hat, mag dies eine geeignete Methode sein, die Effektivität zu intensivieren. Bisherige Erfahrungen mit dem Picosekunden-Laser zeigen, dass die Peak-Power, also die maximale Energie, die in der kurzen Zeit abgegeben wird, sehr wichtig ist. Je höher diese ausfällt, umso besser wird die Wirkung sein. Die Firma Cutera kündigt neben dem vorhandenen Picosure Laser von Cynosure einen weiteren Laser an, der dann in den Wellenlängen von 532 und 1034 als Neodym:YAG-Laser arbeiten soll. Bislang ist allerdings nicht bekannt, wann dieses Modell erscheinen wird.
Ein Vergleich dieser beiden Geräte verspricht aus wissenschaftlicher Sicht interessante Erkenntnisse. Grundsätzlich sind sie aufgrund ihrer technischen Besonderheiten sehr aufwendig und teuer. Ein Picosekunden-Laser schlägt rasch mit einigen 100.000 Euro zu Buche. Die Nanosekunden-Laser liegen deutlich unter 100.000 Euro, sind aber aus den oben genannten Gründen auch nicht so effektiv. Ein Picosekunden-Laser verkürzt die Dauer der Tattooentfernung um rund das Dreifache, von bisher zwölf auf nur noch drei bis vier benötigte Sitzungen. Man kann dabei alle Farben behandeln, es gibt allerdings bei sehr kleinen Partikeln bisweilen auch Schwächen.
Lohnende Investition
Ein solch teures Gerät kann sich nur dann amortisieren, wenn man genug Patienten hat. Interessanterweise ist die Anzahl der tätowierten Menschen in Deutschland sehr viel höher als weithin angenommen. Sie liegt definitiv im Alter zwischen 25 und 35 Jahren höher als in anderen Altersgruppen, geschätzt werden hier 25 bis 30 Prozent. Dabei sind natürlich nicht alle von ihnen unzufrieden mit dem gewählten Körperschmuck, im Gegenteil. Viele empfinden ihr Tattoo als sehr ästhetisch und man muss verstehen, dass eine Generation herangewachsen ist, die die „Body-Modification“ als völlig normal ansieht. Dies geht von Piercings bis hin zu den Tätowierungen. Ein Tattoo kann durchaus als Kunstwerk verstanden werden, das es zu bewahren und nicht zu zerstören gilt. Nichtsdestotrotz gibt es verschiedenste Umstände, die einen Tattoobesitzer schließlich doch zur Aufgabe seiner Hautverzierung zwingen. So hat die Bundeswehr vor Kurzem einen Erlass herausgegeben, der Tätowierungen im sichtbaren Bereich, zum Beispiel an den Unterarmen, bei Soldaten verbietet. Bewirbt sich ein junger Mensch bei der Polizei oder bei der Bundeswehr, ist er ein potenzieller Kandidat für eine entsprechende Entfernung eines solchen Tattoos. Andere Gründe sind „Fehltattoos“ wie zum Beispiel der Name einer verflossenen Liebschaft. Auch verpfuschte, unästhetische Tattoos können den Wunsch nach einer Entfernung wecken. Es gibt aber auch eine erhebliche Anzahl an Menschen, die nur ein Cover Up, das heißt ein Verändern ihres Tattoos wünschen. Gerade da kommt der nebenwirkungsärmere Picosure Laser ins Spiel, da er sehr viel besser die Möglichkeit gibt, eine Veränderung zu erzielen.
Zusammenarbeit für den Patienten
Die Tätowiererverbände sind sehr wohl bereit, mit der Ärzteschaft zusammenzuarbeiten, stoßen aber häufig auf eine Welle der Ablehnung. In Kollegenkreis werden bisweilen starke Vorurteile laut, die Tätowierte mit den Randschichten der Gesellschaft in Verbindung bringen. In der Bochumer Universitätshautklinik sind in den letzten Monaten einige Tausend Patienten mit Tattoos behandelt worden und es kann sicher gesagt werden, dass diese Vorstellungen der Realität widersprechen.
In der Praxis können beide Seiten, Tätowierer und Tattoos behandelnde Ärzte, erheblich voneinander lernen. Dies gilt von Nebenwirkungen, die beim Tätowieren auftreten und in der Dermatologie nachbehandelt werden, bis hin zu physikalischen Eigenschaften von Farben und auch zu gemeinsam anzustrebenden Richtlinien, die beim Gesetzgeber verankert werden müssen. Es gibt in europäischen Ländern unterschiedlich scharfe Richtlinien, welche Farben benutzt werden dürfen. So bietet in Deutschland eine Negativliste Orientierung darüber, welche Präparate zu meiden sind. Haben Dermatologen in der Vergangenheit verstärkt mit Kosmetikerinnen, gerade in der Vor- und Nachsorge nach ästhetisch operativen Eingriffen, zusammengearbeitet, so werden künftig auch Tattoostudios zu ihren Kooperationspartnern gehören. Dort können auflaufende Fehlleistungen von Laien durch ein Cover Up korrigiert werden, während im Gegenzug Hilfestellungen bei vorliegenden Hauterkrankungen, Allergieneigungen und Ähnlichem gegeben werden kann. Die Bochumer Hautklinik hat hiermit hervorragende Erfahrungen gemacht. Ein wenig Toleranz für beide Seiten kann hier zu gewinnbringenden Synergien führen, die nicht zuletzt vor allem den Patienten zugutekommen.