Branchenmeldungen 03.05.2024

Vom Bundesverdienstkreuz bis zur Zukunft der ZFA



Vom Bundesverdienstkreuz bis zur Zukunft der ZFA

Foto: Dr. Meißner

Erfahren Sie im Interview mit Dr. Meißner, Träger des Bundesverdienstkreuzes, wie sein Engagement in der Zahnmedizin und seine ehrenamtlichen Aktivitäten zu dieser hochverdienten Auszeichnung führten. Dr. Meißner teilt zudem wertvolle Einsichten aus seiner langen Berufslaufbahn und gibt Einblicke in die Zukunft der Zahnmedizin und die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und ZFA.

Herr Dr. Meißner, nochmals herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung – geradeaus gefragt, wie fühlt es sich an, das Bundesverdienstkreuz für Ihr Engagement in der Zahnmedizin zu bekommen?

Von der Nominierung wurde ich völlig überrascht. In der Begründung las ich, dass diese Auszeichnung nicht nur für mein Engagement bei der Ausbildung der ZFA in Sachsen, sondern auch für meine ehrenamtliche Tätigkeiten als Richter am Sozialgericht, für den Hilfseinsatz in Bolivien innerhalb der Mitgliedschaft im Förderverein Zahnärzte für Lateinamerika (FCSM) sowie als Sänger im Kammerchor der Frauenkirche Dresden stand – das war eine große Überraschung, die mich natürlich stolz machte. Die Übergabe durch unseren Ministerpräsidenten, Michael Kretzschmer, war besonders feierlich und für mich sehr bewegend. Ohne meine Frau und meine Super-Praxisteam wäre das alles nicht möglich gewesen – dafür ein großer Dank!

Aus welchen Herausforderungen oder auch Irrwegen haben Sie in und für Ihre Laufbahn besonders viel gelernt? Gibt es hier konkrete Situationen, die Sie aufrufen und uns erläutern könnten. Worin bestand die Herausforderung und welche Konsequenz/Learnings haben Sie daraus gezogen?

Eine wichtige Erkenntnis war, dass es nicht ausreicht, in der Praxis eine fast familiäre Atmosphäre zu haben. Auch die Vergütung, die Möglichkeiten zur Fortbildung sowie die Chancen, Kompetenzen auch in der Praxis zeigen zu können, ist für die ZFA’s ganz besonders wichtig. Früher dachte ich, Praxisführung ergibt sich von selbst. Nach fast 32 Jahren in eigener Praxis weiß ich, dass klare Strukturen, kombiniert mit einer nicht zu flachen Hierarchie für mich unbedingt notwendig sind. Die Entscheidung, eine eigene Praxis zu gründen bereue ich bis heute nicht! Ich führe eine allgemeinzahnärztliche Praxis. Die Erkenntnis, nicht alles perfekt selbst machen zu können kam aber erst nach einigen Jahren. Jetzt weiß ich, dass es sehr gute Spezialisten gibt und das eine gute Zusammenarbeit möglich und vorteilhaft ist.

Ein großer Irrglaube in meiner zahnärztlichen Laufbahn war zu denken, dass man es jedem recht machen kann. Freundlichkeit, Verständnis und Kompetenz führen leider nicht bei jedem Menschen zum Ziel. Oder nehmen wir die Aufklärungsgespräche für Zahnersatz und Therapievorschläge. Oft denke ich, alles erklärt zu haben, dann stellt sich heraus, dass der Patient es völlig anders verstanden hat. Hier muss ich mich immer wieder auf den Wissensstand des „unkundigen Laien“ begeben, was nicht immer leichtfällt, aber sehr oft der Schlüssel zum Erfolg ist.

In der Zahnmedizin gab es in den letzten Jahren sehr viele Neuerungen – die Erkenntnis, dass diese Dinge nicht immer, nur weil sie modern und auf dem neusten Stand sind, automatisch zu einem besseren Behandlungserfolg beitragen, ist für mich bis heute sehr wichtig. Zahnarzt und ZFA sollten nicht nur fachlich versiert und kompetent sein, sondern auch menschlich verständnisvoll und empathisch sein, um einen dauerhaften Praxiserfolg zu erreichen.

Wir tun uns als Nation schwer mit einer offenen Fehlerkultur, dabei sind Fehler, die reflektiert werden, eine Vorrausetzung für kreatives Wachstum – wir sind Sie in Ihrer langjährigen Laufbahn mit ihren eigenen Fehlern wie die anderer umgegangen?

Die eigenen Fehler sind oft schwerer zu ertragen als die der Mitarbeiter ->aus Fehlern lernt man aber immer. Zahnärzte und ZFA sind Menschen – wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler. Selbstkritik ist tatsächlich der erste Weg zur Besserung. Ich verliere nicht die Achtung meiner Mitarbeiter, wenn ich einen Fehler offen eingestehe, im Gegenteil, oft wächst die sie mit dieser Art der Fehlerkultur.

Neben Ihrem Engagement in Deutschland setzen Sie sich auch international in Bolivien für die zahnmedizinische Versorgung ein. Warum ist es Ihnen wichtig, über Landesgrenzen hinweg zu helfen, und welche Eindrücke haben Sie dabei gewonnen? Welche Herausforderungen haben Sie vielleicht auch in diesem Zusammenhang besonders geprägt?

Im Jahr 2015 wurde bei mir ein Multiples Myelom diagnostiziert. Nach meiner langen Chemotherapie und anschließender Knochenmarktransplantation ist mir bewusst geworden, wie gut es uns hier in diesem Land und mit diesem Gesundheitswesen geht, daher wollte ich zusammen mit meiner Frau (ZTM) etwas zurückgeben. Ich nahm Kontakt zur Hilfswerk FCSM auf und so kam es dann zu dem Hilfseinsatz in Bolivien. Bolivien ist ein schönes, aber auch armes Land, in einem Bergdorf in 2700 m Höhe am Fuß der Anden leben einfache Menschen, die sich zum großen Teil keinen Zahnarzt leisten können. Kinder kaufen direkt vor den Schulen von fliegenden Händlern Süßigkeiten und Cola. Häusliche Mundhygiene findet so gut wie nicht statt. Oft konnten wir den Kindern nur noch die stark zerstörten Molaren extrahieren. Die Menschen sind aber nicht unglücklich – sie kommen zur Zahnstation unangemeldet, warten oft stundenlang, ohne sich zu beschweren und sind mit den einfachsten Hilfsmitteln, wie zum Beispiel Kunststoffprothesen, zufrieden. Nach unserer Rückkehr haben wir unser Land und unsere zahnmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten mit völlig anderen Augen gesehen. Das vermittle ich so auch Patienten, die nur meckern. Von einer guten Regelversorgung, wie hier in Deutschland, kann die Bergbevölkerung dort nur träumen!

Wie sehen Sie die Zukunft der ZFAs in der zahnärztlichen Praxis und welche Herausforderungen und Chancen erwarten diese Berufsgruppe?

 Für mich ist ZFA ein toller und vielseitiger Beruf, im Osten war die Ausbildung zur stomatologischen Schwester immerhin ein Fachschulstudium! Ich bin sehr zufrieden, dass in der neuen Ausbildungsverordnung die ZFA als sogenannter „Monoberuf“ erhalten bleibt. Je besser wir Zahnärzte die ZFA’s achten, bezahlen und wertschätzen, desto attraktiver wird der Beruf! Die beste Berufswerbung ist doch die Empfehlung für den Beruf von ZFA’s selbst. Wir sollten generell die ZFA mehr als zahnärztliche Assistenz sehen, schätzen und achten, dass führt ganz sicher zur weiteren Attraktivitätssteigerung des Berufes. Das Berufsbild wird durch die weitere Digitalisierung verändert, anspruchsvolle neue Aufgaben entstehen. Durch immer mehr MVZ werden die ZFA’s natürlich leider auch immer mehr subspezialisiert. Die „Allrounderinnen“ aus der Einzelpraxis werden dadurch leider offensichtlich immer weniger. Zustände wie in Frankreich, wo die meisten Zahnärzte ohne ZFA abreiten, wird es aber in absehbarer Zeit in Deutschland nicht geben. Trotz Fachkräftemangel bleiben die Ausbildungszahlen konstant.

Die Arbeit an und mit den Menschen, die Wohnortnähe und die Durchführung interessanter, abwechslungsreicher und verantwortungsvoller Tätigkeiten zusammen mit den vielseitigen Möglichkeiten der Aufstiegsfortbildungen machen das Berufsbild der ZFA noch immer sehr attraktiv.

Als erfahrener Ausbilder: Welche Tipps geben Sie angehenden ZFAs für Erfolg und Weiterentwicklung im Beruf?

Offen zu sein, für die neuen Anforderungen, Interesse zu zeigen an der Ausbildung und am Ausbildungsbetrieb, bereit zu sein über den „Tellerrand“ zu schauen. Fleiß und Eigeninitiative zu zeigen, gehört für mich zu den wichtigsten Dingen, die Azubis beherzigen sollten. Freude an der Tätigkeit und Freude am Umgang mit Menschen, Spaß am Kommunizieren mit Patienten, mit dem Team und den Ausbildern. Auch Verständnis für betriebliche Belange außerhalb der Ausbildungsinhalte finde ich sehr wichtig.

Inwiefern profitieren ZFA und Zahnärzte gemeinsam von einer intensiven Zusammenarbeit, besonders im Bereich Ausbildung und Berufsalltag?

Der Ausbilder sollte deutliches Interesse an Leistungen in der Berufsschule und den dort durchgeführten Maßnahmen, an den Bedürfnissen junger Menschen und an den Wünschen der Azubi zeigen. Die Azubi sollte sich für die Praxisphilosophie interessieren, sich nach den Rahmenbedingungen erkundigen und sich in das Team integrieren. Der Erfolg einer Zahnarztpraxis hängt mindestens zur Hälfte vom Team ab!

Ohne möglichst reibungslose Zusammenarbeit ist das nicht möglich. Der Ausbilder sollte aber auch verstehen, dass Azubi keine Arbeitskraft ist und fast immer einer anderen Generation angehört. Zusammenarbeit bedeutet auch gegenseitiges Verständnis.

Vielen Dank für das Gespräch! 

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper