Branchenmeldungen 07.12.2022
Drei Fragen an den neuen Professor für Zahnärztliche Prothetik am UKH
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Prof. Dr. Jeremias Hey hat zum 1. Oktober 2022 die W3-Professur für Zahnärztliche Prothetik und Dentale Technologie am Universitätsklinikum Halle (Saale) angetreten. Mit der Berufung ist auch die Leitung der Universitätspoliklinik für Zahnärztliche Prothetik im Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde verbunden. Zuvor war Hey stellvertretender Direktor an der Charité in der Abteilung für Zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre. Wir sprachen mit ihm über seine Pläne, die neue ZApprO und hybride Werkstoffe.
Prof. Hey, worin sehen Sie die Bedeutung der zahnärztlichen Prothetik für Patienten und was haben Sie in Ihrer neuen Funktion in den kommenden Jahren vor?
Die Inhalte der zahnärztlichen Prothetik waren, sind und werden wesentlicher Bestandteil der routinemäßigen Tätigkeit der Mehrzahl der Zahnärzte. Immer dann, wenn die Behandlungssituation den Ersatz von Strukturen und die Wiederherstellung von Funktionen im stomatognathen System mittels künstlicher Materialien fordert, werden prothetische Kenntnisse und Handlungskompetenzen relevant. Wesentlich war, ist und wird zu deren Lösung eine teamorientierte Zusammenarbeit mit der Zahntechnik. Patienten können in diesem Zusammenhang durch viele neue Methoden und Materialien eine noch spezifischere auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmte Behandlung erwarten. Unser Ziel besteht darin, dass Patienten nicht nur in Ballungszentren, sondern auch im ländlichen Bereich weiterhin auf prothetisch gut ausgebildete zahnärztliche Kolleginnen und Kollegen vertrauen können. Wir wollen Absolvierende speziell auf die Herausforderungen im ländlichen Umfeld vorbereiten. So ist beispielsweise zu erwarten, dass sich auf dem Land nicht nur die Anzahl der Zahnärzte, sondern auch der Zahntechniker reduzieren wird. Mithilfe der Digitalisierung wollen wir unseren Studierenden Werkzeuge an die Hand geben, die es ihnen ermöglichen, auch bei großen Distanzen zum Patientenwohnort oder zur Zahntechnik modernste prothetische Behandlungsoptionen und Materialien effektiv und nachhaltig verwenden zu können. Hierfür planen wir, eine entsprechende Lehrumgebung aufzubauen, um diese Arbeitsabläufe zu vermitteln und zu trainieren. Unser Ziel ist es, Zahnärzte auszubilden, die diese neuen Technologien verinnerlichen und aus der Universität in die ländliche Praxis tragen, um lokal den Strukturwandel zu begleiten und zu fördern.
Welche Chancen sehen Sie in der neuen Zahnärztlichen Approbationsordnung für Lehrende und Studierende?
Zunächst ist es erst einmal spannend, an einem solchen Prozess teilhaben zu dürfen. Die neue Approbationsordnung zwingt uns zur Veränderung. Vor diesem Prozess kann sich keiner verschließen. Er betrifft alle. Das mühevolle Argumentieren, weshalb Veränderungen sinnvoll und notwendig sind, entfällt. Wir können also unsere gesamte Kraft in die Gestaltung setzen. Speziell für die zahnärztliche Prothetik ist es erforderlich, Lehrinhalte zu verschlanken und sich bei der Vermittlung auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wir wollen einen soliden prothetischen Grundstock legen, auf den dann im Laufe eines Berufslebens aufgebaut werden kann. Studierende können sich meiner Einschätzung nach auf ein modernes, zeitgemäßes Studium freuen, welches zu einem stabilen und breiten Fundament für die Berufsausübung und Weiterbildung führen wird.
Welche Rolle spielen Hybridwerkstoffe für eine schonendere prothetischere Versorgung? Und wie wichtig ist die stetige Weiterentwicklung von Werkstoffen in der modernen Prothetik?
Jedwede Form von Zahnersatz wird gegenüber der ursprünglich natürlichen Situation Nachteile besitzen. Die Entwicklung neuer Materialien kann uns helfen, diese zu reduzieren. Die hybriden Werkstoffe könnten unsere Behandlungsoptionen bei Patienten mit ausgeprägter Aktivität des stomatognathen Systems und darauf resultierendem Verlust an Zahnhartsubstanz erweitern. Hybride Materialien lassen sich durch computergestützte additive und subtraktive Techniken derart bearbeiten, dass zumindest technisch eine ästhetisch ansprechende Anwendung ohne umfangreiche Präparation des Zahnes möglich wird. Ihre mechanische Belastbarkeit bezogen auf klinisch relevante Parameter ist deutlich höher als die anderer zahnfarbener Restaurationsmaterialien. Wir beobachten seit vielen Jahren erstaunliche Ergebnisse bei der Non-Prep Versorgung von Patienten mit ausgeprägtem Bruxismus. Zusammen mit den Herstellern wird es unsere Aufgabe sein, das Design von Restaurationen aus Hybridmaterial und deren Bearbeitungsalgorithmus so anzupassen, dass die Werkstoffe ihr Potenzial für die beschriebenen klinischen Problemsituationen optimal zur Geltung bringen und möglichst viele Betroffene in ihrer Zahnarztpraxis vor Ort davon profitieren können.
Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.