Branchenmeldungen 30.11.2016
Erster Zungenschrittmacher implantiert
Alternative Behandlung bei Schlafapnoe erfolgreich eingesetzt
Erstmals in Thüringen haben Mediziner der Klinik für Hals-, Nasen-
und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Jena (UKJ) einen
Zungenschrittmacher erfolgreich implantiert. „Dieser Schrittmacher ist
eine neue Methode, um Patienten mit Atemaussetzern im Schlaf, auch
Schlafapnoesyndrom genannt, zu behandeln, wenn die Standardtherapie mit
einer Atemmaske nicht möglich ist“, sagt Prof. Dr. Orlando
Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und
Ohrenheilkunde am UKJ. Das Gerät in der Größe einer Streichholzschachtel
hält die Atemwege nachts mithilfe kleiner Stromimpulse offen, um
Atemaussetzer zu verhindern. Der Patient hat die etwa zweistündige
Operation gut überstanden.
Bei Patienten mit dem sogenannten obstruktiven Schlafapnoesyndrom
verengen sich die Atemwege, da die Spannkraft der Zungen- und
Rachenmuskulatur im Schlaf nachlässt. Deshalb kommt es zu
Atemaussetzern. „Die Betroffenen erreichen nicht die wichtigen
Tiefschlaf- und Traumphasen. Sie sind tagsüber müde und unkonzentriert“,
so Prof. Guntinas-Lichius. „Die Erkrankung belastet den Kreislauf
nachts sehr stark. Nicht erkannt oder nicht ausreichend behandelt erhöht
es deshalb das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls.“
Bei manchen Patienten führt die Standard-Überdruckbehandlung mit einer
Atemmaske zu Druckstellen im Gesicht, Augenentzündungen oder
Erstickungsangst. „Mit dem Zungenschrittmacher haben wir nun die
Möglichkeit, auch diesen Patienten zufriedenstellend weiterzuhelfen. Die
Methode kann eingesetzt werden, wenn der Hauptort der
Muskelerschlaffung im Bereich des Zungengrunds liegt und kein
ausgeprägtes Übergewicht beim Patienten besteht“, erklärt Dr. Gerlind
Schneider, Oberärztin an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
und Leiterin des Schlaflabors. Sie hat die Implantation des
Zungenschrittmachers durchgeführt.
Der Schrittmacher wird ähnlich wie ein Herzschrittmacher rechts
unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzt. Ein Drucksensor zwischen der
Rippenmuskulatur am Brustkorb versorgt ihn mit Informationen über die
Atmung. Eine zweite Elektrode wird unter die Haut bis zum
Unterzungennerv gelegt und mit ihm verbunden. Diese Elektrode gibt bei
jedem Einatmen einen kleinen Stromimpuls ab, der die Zungenmuskulatur
nach vorn aus dem Rachenraum heraus bewegt. „Insgesamt sind nur drei
kleinen Hautschnitte bei diesem Eingriff nötigt, der unter Vollnarkose
vorgenommen wird“, so Dr. Schneider. In vier Wochen wird das Gerät
aktiviert. Der Patient kann es dann vor dem Schlafengehen mit einer
Fernbedienung ein- und morgens wieder ausschalten. Nach weiteren vier
Wochen der Eingewöhnung wird der Schrittmacher im klinikeigenen
Schlaflabor kontrolliert. Die Batterie des geplanten Stimulators muss
erst nach etwa zehn Jahren ausgetauscht werden.
Quelle: Universitätsklinikum Jena