Branchenmeldungen 26.02.2014

Kindgerechte Aufklärung über Mundhygiene – Eine Erzieherin berichtet

Kindgerechte Aufklärung über Mundhygiene – Eine Erzieherin berichtet

Foto: © Oksana Kuzmina - Fotolia.com

Mundhygiene und die dazu gehörende Zahnpflege sind wichtig - schon im Kindesalter bei den Milchzähnen. In den meisten Fällen bekommen Kinder von ihren Eltern einen Anreiz, sich die Zähne zu putzen. Der Kindergarten kann dazu aber auch einen entscheidenden Beitrag leisten, wie Annette Hofmeister weiß. Die 68-Jährige Pädagogin aus Halberstadt ist mittlerweile im Ruhestand, arbeitete aber lange Jahre im Kindergarten und sammelte wertvolle Erfahrungen. Besonders die Sorge um die Zahngesundheit der Kinder ist mittlerweile eines der großgeschrieben Themen bei den Erzieherinnen und Erziehern. 


Wie würden Sie Ihre Arbeit im Kindergarten beschreiben, Frau Hofmeister?

Annette Hofmeister: Als sehr erfüllend. Es machte Spaß, jeden Tag mit Kindern zu tun zu haben und an ihren Freuden aber auch ihrem Leid teilzuhaben. Ein wenig vermisse ich dies schon jetzt im Ruhestand. Wir nahmen die Kinder mit etwa drei Jahren in unsere Gruppe auf. Ich beobachtete sehr gern die Entwicklung des Kindes - am Anfang waren die Kinder noch so klein und wirkten wenig selbstständig. Das änderte sich aber, sie fingen sehr schnell an, Freundeskreise zu bilden. Diese Entwicklung war kein Wunder, immerhin traten die Kinder mit zwei oder drei Jahren in die Autonomiephase ein. Das bedeutet, dass sie anfingen, ihre Grenzen auszutesten - meistens durch Trotzverhalten. Für Eltern wie auch für Erzieherinnen war dies eine schwierige Zeit, die aber am besten mit klaren Forderungen, Achtung und Respekt zu überstehen war. Mit fünf oder sechs Jahren verließen die Kinder meine Gruppe dann für die Grundschule. Mit diesem Alter wirkten sie auf einen schon selbstständig. Es ist manchmal unglaublich, wie sich ihr Charakter in den ersten Jahren ausbildet und festigt. Darum ist unsere Arbeit auch so wichtig: Wir helfen den Kindern ein Stück weit dabei, herauszufinden, wer sie sind. Natürlich gab ich ihnen auch Regeln und Pflichten auf, damit sie lernen, Aufgaben selbstständig zu bewältigen - auch wenn ich immer für Hilfestellungen bereit stand.

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 1: Wenn Kinder im Kindergarten das Zähneputzen lernen, greifen sie oft auch zu Hause zur Zahnbürste.
( © gosphotodesign - Fotolia.com)


Was für Regeln sind das zum Beispiel?

Hofmeister: In meiner Gruppe waren die Kinder dafür verantwortlich, dass sie benutztes Spielzeug wegräumen, wenn sie es nicht mehr brauchen. Oder die Tischmanieren: Beim Essen wurde still gesessen und nicht durch den ganzen Raum gerufen. Natürlich war es laut, es waren immerhin Kinder. Aber ein paar grundlegende Sachen sollten sie halt lernen. Zum Beispiel, dass sie eben nicht mitten beim Essen aufstehen und umherlaufen. Und vor allem das Essen mit Besteck: Wir brachten den Kindern bei, dass Essen mit den Händen zwar manchmal in Ordnung ist, sie im Normalfall aber Messer und Gabel oder den Löffel benutzen sollten. Nach dem Essen war bei uns zudem immer Zähne putzen angesagt.

 

Warum sollen die Kinder nach dem Essen Zähne putzen?

Hofmeister: Es gab Familien, die bringen ihren Kindern eine gesunde Mundhygiene bei. Es gab aber auch Familien, bei denen dieses Thema  nicht so wichtig ist. In diesem Fall sprangen wir ein: Wir machten aus dem Zähne putzen ein natürliches Ritual, dass nach dem Essen folgt. Die Kinder gewöhnten sich so daran und der Griff zur Zahnbürste war nichts Neues und Ungewohntes für sie. Dies erhöhte die Chance, dass sie auch nach der Kindergartenzeit wie selbstverständlich nach dem Essen zur Zahnbürste greifen würden - selbst wenn die Eltern nicht so sehr auf die Mundhygiene achteten.

Abbildung 2: Kauflächen, Außenflächen, Innenflächen - Die KAI-Technik empfehlen Zahnärzte für Kinderzähne.(zahngesundheit-aktuell.de)


Waren Sie dabei, wenn die Kinder sich die Zähne putzen?

Hofmeister: Ja, wir beaufsichtigten sie dabei und beantworteten Fragen. Zum Teil nahmen wir eine Handpuppe mit in den Waschraum, die einen großen Mund und Zähne hat. Mithilfe einer Zahnbürste konnten wir den Kindern so zeigen, wie sie putzen sollten, damit sie alle Zähne erwischen. Wir benutzten dabei meistens die KAI-Technik, die auch von Zahnärzten für die Kinder empfohlen wird. Laut diesem Vorgehen putzten die Kinder erst die Kauflächen, dann die Außenflächen und zum Schluss die Innenflächen. (Anm. d. Red.: Weitere Informationen auf gesundheit.de) Wir sagten die Wechsel an, damit sie jeder Fläche genug Aufmerksamkeit widmeten. Erst danach erfuhren wir bei einer Präventionsveranstaltung von Prophylaxe-Helfer und -Helferinnen, dass diese Technik am besten geeignet sei, um Kindern das Zähneputzen beizubringen.

 

Wenn Sie den Kindern das Putzen beibringen, klären Sie sie dann auch über die Zahngesundheit generell auf?

Hofmeister: Ja, das gehörte zur Zahnpflege mit dazu. Auf diese Weise wussten die Kinder, warum das Zähne putzen notwendig war und sie hatten mehr Lust dazu, als wenn wir einfach sagten: „Ihr müsst das jetzt aber machen.“ Dazu luden wir zu einigen Terminen, wie schon erwähnt, die Prophylaxe-Helfer und -Helferinnen ein. Diese erklärten den Kindern noch genauer, warum Zahngesundheit wichtig ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 3: Kindgerechte Grafiken helfen dabei, den Kindern die Zahngesundheit zu erklären. (ergodirekt.de)

 

Wie klären Sie die Kinder auf?

Hofmeister: Da gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Hauptsache war, dass die Kinder verstanden, was wir ihnen erklärten. Am besten gelang dies bei uns durch anschauliche Bilder oder die schon erwähnte Handpuppe. Anhand der Bilder zeigte ich den Kindern, wie ein Zahn aufgebaut ist - also Wurzel, Krone und Zahnfleisch. Sie lernten die ganze Theorie von mir, auch das Zähneputzen selbst zeigte ich ihnen auf Bildern. Diese Einheiten hielt ich aber immer recht kurz, damit die Kinder sich nicht langweilten. Neben dem Aufbau der Zähne und dem richtigen Putzen gehörten auch Auslöser für Zahnkrankheiten mit zu der Theorie. Die Bakterien und Viren, die Entzündungen auslösen können, waren in den Grafiken Comicfiguren mit fiesen Gesichtern. Die Kinder hatten keine Angst vor ihnen, lernten so aber, dass sie es durch das Putzen vermeiden können, dass diese ihren Zähnen schaden. Teilweise fanden wir auch im Internet sehr gute Grafiken, die wir in den Theorieteil einarbeiteten. Diese stammten aus den unterschiedlichsten Quellen - zum Beispiel von Krankenkassenportalen und Zahnärzte-Homepages. Der Bundesverband der Kinderzahnärzte empfiehlt Ärzte, die sich speziell auf Kinderzähne und die Mundhygieneaufklärung spezialisiert haben – diese bieten oft geeignetes Unterrichtsmaterial an. Doch nicht immer sind gute und nutzbare Informationsquellen offensichtlich: Vor kurzem fand eine Kollegin durch Zufall seine unterhaltsame Grafik bei einem privaten Versicherungsanbieter, ErgoDirekt. Sie stellt dar, wie viel ein Milchzahn wiegt, wie viele Zähne der Mensch jährlich verliert und wie teuer es ist, einen verlorenen Zahn zu ersetzen. Die Grafik war für die Kinder deswegen so interessant, weil die Zahnfee darauf abgebildet war. Diese Fantasiegestalt begeisterte die Kleinen. Gerne erzählten meine Kollegen deswegen auch Geschichten über die Zahnfee. Die Kinder hörten sich dann an, wie sie einen verlorenen Milchzahn mit auf Reisen nimmt. Bilder von kaputten Zähnen zur Abschreckung zeigten wir ihnen aber nicht - das könnte Albträume bei Kindern auslösen. Es war außerdem keinem geholfen, wenn die Kinder Angst vor Viren und Bakterien bekamen. Sie sollten einen verantwortungsvollen Umgang mit ihrer Mundhygiene lernen und keine Angst davor bekommen.

 

Klärten Sie die Kinder nur durch die Theorie auf?

Hofmeister: Nein, auch auf spielerische Art und Weise. Nach der Theorie oder am nächsten Tag, je nachdem, wie die Motivation der Kinder aussah, machten wir ein Spiel aus der Zahngesundheit. Mit der Handpuppe und einer großen Zahnbürste zeigten wir ihnen beispielsweise die richtige Putztechnik. Die Handpuppe fragte dabei die Erzieherin, wie sie sich die Zähne putzen sollte, damit keine Speisereste zurückblieben. Dadurch lernten die Kinder mit viel Spaß, wie wichtig die Mundhygiene ist. Kinder lernen eben am besten spielerisch. Wir stellten beispielsweise schon einmal ein Gebiss aus Knetmasse her. Anhand dieses Gebisses konnten wir den Kindern sehr gut erklären, wie ein Besuch beim Zahnarzt aussieht und warum er alle Ecken der Zähne anschauen muss. Die Kinder konnten dann selbst an dem Gebiss Zahnarzt spielen. Manchmal machten wir Erzieherinnen dann absichtlich eine Ecke in einen Zahn, damit die Kinder auch etwas zu entdecken hatten. Mit Knetmasse konnten die Kinder die Ecke dann verschwinden lassen - in etwa wie eine Füllung beim Zahnarzt. Den Kindern machte dies ziemlich viel Spaß.

 

 

 

 

 

 

Abbildung 4: Durch die Aufklärung und die Spiele verlieren Kinder ein wenig ihrer Angst vor dem Zahnarzt - Die Eltern spielen dabei aber eine wesentliche Rolle. (© goce risteski - Fotolia.com)


Sie haben von Prophylaxe-Helfern gesprochen. Wie sieht deren Aufklärungsarbeit für Kinder aus?

Hofmeister: Diese Fachkräfte leisten eine sehr gute Arbeit im Präventionsbereich der Mundhygiene. Sie sind speziell dafür geschult, den Kindern die Zahngesundheit näher zu bringen. Anders als wir Erzieherinnen haben sie auch das Fachwissen richtig gelernt und sich nicht nur angelesen. Für uns Erzieherinnen gibt es zwar mittlerweile zahlreiche Fortbildungen in Sachen Mundhygiene für Kinder - Mausini war und ist da für uns eine sehr gute Anlaufstelle - aber trotzdem bekamen wir nicht das Fachwissen, dass ausgebildete Prophylaxe-Helfer und -Helferinnen haben. Dadurch können sie zum Teil auf die Fragen der Kinder noch genauer eingehen. Es ist gut, dass diese Zusammenarbeit mittlerweile möglich ist. Die Kinder wie auch wir Erzieherinnen erfuhren bei jeder Prophylaxe-Veranstaltung etwas Neues - beispielsweise, dass süßes Essen und Trinken die Zähne weit mehr schadet, als dies meist angenommen wird. Durch die Atmosphäre der Veranstaltung und die Möglichkeit für die Kinder, aus erster Hand zu erfahren, wie so ein Besuch bei einem Zahnarzt ablaufen kann, konnte ihnen zudem ein wenig die Angst davor genommen werden.

 

Ist die Angst vor dem Zahnarzt noch so sehr verbreitet?

Hofmeister: Da kommt es auf die Erziehung der Eltern an: Wenn diese nicht oder nur selten zum Zahnarzt gehen und die Kinder die Angst der Eltern bemerken, entwickeln sie unbewusst auch eine Angst. Durch unsere Aufklärung zur Mundhygiene und die Spiele versuchten wir, den Kindern die Angst zu nehmen. Da konnten wir aber nur bedingt helfen. Es ist wichtig, dass die Eltern ihre Kinder an den Gang zum Zahnarzt gewöhnen, sodass daraus etwas Regelmäßiges und Alltägliches wird und nichts, wovor sie Angst haben müssen.

 

Haben Sie noch weitere Tipps für Eltern zur Mundhygiene ihrer Kinder?

Es ist wichtig, dass Eltern ihre Kinder unterstützen und die Zahngesundheit zu etwas Natürlichem machen. Dazu gehört es nicht nur, die Kinder selbst die Zähne putzen zu lassen, sondern auch noch einmal nach zu putzen. Zudem sollten Eltern ihre eigene Angst vorm Zahnarzt so gut es geht vor den Kindern verstecken. Sonst übernehmen Kinder diese Angst und gehen selbst ungerne dahin. Die meisten Zahnärzte empfehlen sogar, die Kinder von Anfang an mit in die Praxis mitzunehmen, auch wenn sie noch nicht selbst untersucht werden. So können sie sich schon mit den Räumlichkeiten vertraut machen und sehen, dass den Eltern auf dem Stuhl nichts passiert. Wenn Kindern etwas vertraut ist, haben sie weniger Angst davor, als wenn gleich eine Menge von neuen und unbekannten Eindrücken auf sie einstürmt.

 

Vielen Dank für das Interview, Frau Hofmeister!

Hofmeister: Gerne, mir hat es Spaß gemacht, von meiner früheren Arbeit zu erzählen.

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper