Branchenmeldungen 29.11.2024

Mobile zahnärztliche Behandlung: Immer ein Werden, nie ein Sein



Mobile zahnärztliche Behandlung: Immer ein Werden, nie ein Sein

Foto: Daniel Schwarz | Blackyfiedography

Der passionierte Seniorenzahnmediziner Dr. Volkmar Göbel leitet seit 1988 eine Zahnarztpraxis in Gössenheim und entwickelte mit DENTagil ein innovatives mobiles Behandlungskonzept, das von seiner Expertise und dem hoch engagierten Einsatz des Teams lebt. Die Bilderstrecke und das Interview geben Einblicke in die Arbeit des DENTagil Teams.

Herr Dr. Göbel, wie hat Sie dazu gebracht, sich auf die mobile Zahnversorgung älterer Menschen zu spezialisieren?

Den Anstoß gab mir meine Großmutter. Sie wohnte damals in einer Senioreneinrichtung und berichtete mir von ihrer defekten Zahnprothese, für die sich dort niemand verantwortlich fühlte. Mir wurde bewusst, dass Menschen, die nicht mehr mobil in eine Praxis kommen können, in Deutschland zahnärztlich unterversorgt sind. Aus dieser Notwendigkeit war die Grundidee für mein Konzept der mobilen Alterszahnmedizin geboren. 

Was sind die größten Herausforderungen bei der aufsuchenden zahnmedizinischen Versorgung älterer Menschen?

Die größten Herausforderungen sind nicht etwa die Distanzen und Routenplanungen zu den Patienten oder das benötigte Equipment – die Herausforderungen stellen die Zusammenstellung der Teams und das Finden geeigneter Mitarbeiter dar. Es handelt sich bei der mobilen Alterszahnmedizin nicht um einen gewohnten klassischen zahnmedizinischen Beruf – wir sind viel näher und ganzheitlicher am Patienten unterwegs. Die Menschen in den Pflegeeinrichtungen bedürfen weitaus mehr als einer Zahnversorgung, wie man sie aus der Praxis kennt – es geht vielmehr darum, die geistige und motorische Gesamtkonstitution der Patienten stets im Blick zu haben und ihnen in ihrer häuslichen Umgebung eine Situation zu schaffen, in welcher sie sich wohlfühlen und gut behandelt werden können. Wir installieren die Praxis inklusive aller Geräte direkt im Zimmer der Patienten und sind dort in ihrer Privat- und Intimsphäre unterwegs.

Das erfordert vor allem vom DENTagil Team besonderes Einfühlungsvermögen und Verständnis. Als Ganzes müssen wir lernen, unser zahnärztliches Denken, unser zahnärztliches Behandeln und unsere zahnärztliche Praxis mit „alten Augen“ zu sehen. Wir suchen dringend weitere Zahnärzte, die mit je einem Team noch mehr immobilen Menschen helfen können – denn die Nachfrage an unserem Konzept ist sehr groß.

In Ihrer Praxis haben Sie innovative Technologien wie mobile Röntgengeräte und digitalisierte Ausstattung eingeführt, um eine voll umfängliche mobile Behandlung zu ermöglichen. Welche Rolle spielen technologische Fortschritte bei der Verbesserung der mobilen Patientenversorgung?

Um eine gleichermaßen patientenzentrierte und qualitätsorientierte Mundheilkunde und deren Konzeptionierung auch für aufgesuchte Patienten zu entwickeln, ist aus Praktikersicht ein Umdenken in mehreren Ebenen erforderlich. Dazu müssen die Prozessbeschreibungen einer Zahnarztpraxis als Hightech-Location für die mobile Behandlung transformiert werden. Dabei bietet ein digitaler Workflow erhebliche Vorteile für alle Beteiligten einer mobilen Zahnarztpraxis. Hierzu gehören unter anderem der Einsatz von Laptops, digitalem Röntgen mit Speicherfolien oder einem Sensor, intraorale Kameras und ein Intraoralscanner zur Abbildung von Zähnen und der Herstellung von Prothesen im Druckverfahren. Die Verwendung von mehreren mobilen Behandlungseinheiten und einem entsprechend konfigurierten Containersystem entspricht der Grundausstattung. Letztlich, und das ist das Entscheidende, können wir eine vollumfängliche, digitale, präventive und interdisziplinäre Methodik für unsere Patienten bieten, bei maximalem Behandlungsportfolio mit geringstmöglicher Belastung.

Gab es besondere Herausforderungen innerhalb Ihres Teams in Bezug auf die Entwicklung und Umsetzung Ihres Konzeptes?

Mobile zahnärztliche Behandlung war immer ein Werden, nie ein Sein. Das gemeinsam entwickelte Konzept unterliegt noch immer einer steten Dynamik der Verbesserung und setzt deshalb innerhalb des Teams eine permanente Lernbereitschaft mit entsprechender Kommunikation voraus. Nach wie vor gibt es keine Lehrkonzepte oder weiterführende Leitlinien; aus diesem Grund habe ich die mobile Praxis bereits 2016 nach ISO 9001 zertifizieren lassen. Auf diese Weise kann ich ein definiertes Qualitätsniveau und damit eine prozessbasierte Sicherheit in der Leistungserbringung für meine Teams gewährleisten. Ohne mein engagiertes, kreatives, aber auch kritisches und belastungsfähiges Team wäre dieses Konzept nicht entstanden. Im Laufe der Zeit hat sich auch herausgestellt, dass nicht jedes Mitglied diese manchmal extreme menschliche Nähe aushalten und verarbeiten kann; immer war und ist es ein ergebnisoffener Lern- und Einfühlungsprozess in diese besondere Tätigkeit.

Vorbildliches Engagement gewürdigt: Ende Februar erhielt Dr. Göbel für sein Engagement in der mobilen Zahnversorgung älterer Menschen den Bayerischen Verfassungsorden.

Dieser Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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