Branchenmeldungen 04.04.2014

Nachbericht DGBT-Fachtagung: Jünger fühlen, jünger aussehen

Seit Gründung 2006 bringt die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie (DGBT) interessierten Ärzten aller Fachgruppen, neben der „Basisausbildung“ in standardisierten Kursen, die neuesten Entwicklungen zu den „Kernthemen“ Botulinum und Filler näher. Mit derzeit 880 Mitgliedern verzeichnet die DGBT einen immer noch stetigen Zuwachs. An der diesjährigen Fachtagung der Gesellschaft am 21. und 22. Februar im Lufthansa Trainingszentrum in Seeheim an der Bergstraße nahmen 300 Ärzte teil.

Einen Meilenstein in der Arbeit der DGBT stellt die im Jahr 2013 in Kooperation mit der Deutschen Geselllschaft für Dermatochirurgie (DGDC) und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) auf den Weg gebrachte S1 Richtlinien zur Ästhetischen Botulinumtoxin-Therapie mit einem Überblick der derzeitig empfohlenen On- und Off-Label-Indikationen dar. Diese von den Herausgebern Dr. Matthias Imhoff, Priv.-Doz. Dr. Maurizio Podda sowie Dr. Boris Sommer vorgestelllten Leitlinien ergänzen und komplettieren die bestehenden Konsensus-Empfehlungen, die bei der Erstellung mit einflossen. Sie dienen dabei nicht nur als Richtschnur für die Behandler, sondern stellen auch einen weiteren wichtigen Schritt bei der wissenschaftlichen Untermauerung der Methode dar. Noch nicht mit in diese Leitlinien aufgenommen werden konnte die neue Zulassung eines Botulinumpräparats in der Ästhetik, über die Dr. Marion Runnebaum referierte: Vistabel® der Firma Allergan ist auch zur Behandlung der Kanthalfalten („Krähenfüße“) zugelassen. Dies ist in der Ästhetik neben der Behandlung der Glabella (Zornesfalte) die zweite Indikation, bei der Botulinum im „One-Label-Use“ eingesetzt werden kann. In den Zulassungsstudien wurde neben der geforderten Sicherheit auch gezeigt, dass das ästhetische Outcome und die Patientenzufriedenheit bei einer kombinierten Behandlung von Glabella- und Kanthalfalten verbessert ist, Resultate die den bereits bestehenden langjährigen klinischen Erfahrungen entsprechen. Das „Dropping down“ der lateralen Augenbraue bei isolierter Glabelle-Behandlung wird bei der Kombibehandlung verhindert. Im Hinblick auf die neuen Zulassungsstudien zu Botulinum bei Krähenfüßen wurde nochmals betont, dass die in den Packungsbeilagen angegebenen Dosierungen als Empfehlungen zu verstehen sind. Eine individuelle Anpassung und ein eher unterdosiertes Vorgehen wird empfohlen.

Erfahrungsaustausch

In den folgenden Vorträgen wurden verschiedene Indikationen und Vorgehensweisen bei Injektion von Fillern und Botulinum gezeigt. Während geringgradig vernetzte Hyaluronsäuren im Sinne des Skin-Boostering flächenhaft in der Dermis verteilt werden können (Priv.-Doz. Dr. Maurizio Podda), sollten höhergradig vernetzte Filler üblicherweise eher tiefer platziert werden. Insbesondere bei hochgradig vernetzten Hyaluronsäuren in der Volumentherapie ist man dabei oft submuskulär und periostal, wie Dr. Boris Müller auch anhand von Ultraschallbildern zeigen konnte. Mittels Ultraschall gelingt dabei teilweise eine Identifizierung verwendeter Filler. Auf die Notwendigkeit des „build on solid ground“ (= Knochen) machte Dr. Wolfgang Philipp-Dormston in seinem Referat zum Thema Lifting mit Fillern und Botulinum aufmerksam. Beim Lifting mit diesen Methoden spricht man im Gegensatz zum chirurgischen Facelift mit direktem Zug von indirektem Lifting. Chemical Lifting mit Botulinum (durch gezielte Schwächung der Depressoren überwiegen die Elevatoren) funktioniert sehr gut bei Augenbrauen und bei starkem „nach unten Ziehen“ der Mundwinkel (M.depressor angulioris). Zum Anheben des Gewebes durch Filler (Liquid lifting) „baut“ man auf ein knöchernes Fundament/Widerlager. Hier ist die Domäne der Towertechnik, während im Wangenbereich bei fehlendem „Bony support“ Filler sehr gut mit Kanülen in der Subkutis verteilt werden können, allerdings darf man hier kein Lifting erwarten. In seinem Gastvortrag zum Thema „Treatment oft the upper face“ berichtete Dr. Koenraad de Boulle von den neuesten Trends bei Fillern: diese finden in der Behandlung an der Stirn parallel zum Botulinum zunehmend Anwendung. Wurde bisher die zu Stirnfalten führende Muskelaktivität durch Botulinum allein geblockt, kann man zur Senkung vermehrter Muskelaktivität diese auch mechanisch durch Unterspritzung mit Fillern dämpfen, insbesondere wenn eine Brauenptosis bei zu starker Dämpfung des M. frontalis zu befürchten ist. Der Filler wird dabei unter den Muskel supraperiostal gespritzt. Eine lohnende Indikation ist auch das Füllen einer eingesunkenen Supraorbital hollow sowie das Anheben der lateralen Augenbraue durch Filler.

Im Periorbitalbereich sieht Dr. Wolfgang Philipp-Dormston die Augenbrauenpositionierung als Kombibehandlung von Botulinum und Fillern im Fokus. Mit Dr. Andreas Britz und Dr. Domik von Lukowicz war er sich einig, dass die Trännenrinne immer noch äußerst vorsichtig zu behandeln ist, aber ein Behandlungsversuch mit kleinsten Mengen Hyaluronsäure unternommen werden kann. Trotz potenzieller Schwellneigung durch deren hygroskopische Fähigkeiten eignet sie sich besser als andere Filler, da sie durch Hylase bei Unverträglichkeit aufgelöst werden können.

„Roof Filling“

Spannend ist vor allem nach Brauenhebung die Idee des „Roof Fillings“ (oberer Anteil der Orbitahöhle) bei eingesunkenen Augen, die auch in der folgenden Session von Dr. Gerhard Sattler im Zusammenhang mit der Behandlung von Stirn und Schläfen dargestellt wurde. Er war sich mit den Kollegen Dr. Robert Birk sowie Dr. Alex Rothaar darin einig, dass die Schläfe/Temporalregion eine sehr lohnende Behandlungsindikation darstellt. Die Fossa temporalis sinkt im Alter ein und kann sowohl mit tiefer Fillerinjektion nahe dem Periost als auch mit Kanülentechnik zur Schonung der Gefäße gefüllt werden. Immer besser werden die Techniken, um Lippen harmonisch und nicht übertrieben zu verschönern. Ob mit „Standardtechnik“ in linearer Injektion (Dr. Said Hilton) oder in segmentaler Injektionstechnik, wie sie Dr. Boris Sommer durchführt, wichtig ist immer auf ein ausgewogenes und individuell passendes Verhältnis Ober- und Unterlippe zu achten. Zur Optimierung zählen auch das Lippenweiß und die Gesamtumgebung der Mundregion, vor allem bei altersatrophischen Prozessen, wie Prof. Uwe Wollina betonte. Als sehr störend empfinden viele Patienten sogenannte „Hamsterbäckchen“ (prejowl sulcus). Das Auffüllen des entstehenden Sulcus führt nicht immer zu guten Ergebnissen, wie Dr. Alexandra Ogilvie berichtete, da es die eigentliche Ursache (Absacken der Gewebe) nicht beseitigt und bei zu viel Volumengabe an dieser Stelle ein Square face entstehen kann. Dass man eher das Zuviel beseitigen soll als noch mehr aufzufüllen, bestätigte auch Dr. Said Hilton.

Während der Aufbau des Kinns mit Fillern sich recht unkompliziert darstellt und beeindruckende Ergebnisse liefert, ist die Modellierung der Nase eher eine Expertenindikation. Wahl des Materials und der Injektionstechnik sind therapeutenabhängig: Während Dr. Welf Prager Calciumhydroxylapatit und Kanülentechnik bevorzugt, baut Dr. Boris Sommer Nasen mit Nadel und Hyaluronsäure wieder auf. Auch eine Begradigung kann bis zu einem gewissen Grad gelingen. Bei Händen, Hals und Dekolleté sollten neben Fillern auch andere Verfahren zum Einsatz kommen. Störend sind hier vor allem Pigmentstörungen, die Dr. Thorsten Walker mit Peeling angeht. Dr. Michael Weidmann hat zur Straffung des Dekolletés gute Erfahrungen mit hochverdünnter Polymilchsäure gemacht. Hyaluronsäurefiller oder Calciumhydroxylappatit eignen sich zum Volumenaufbau der Hände. Botulinum wird nur noch bei störenden Platysmasträngen angewendet.

Über 300 Ärzte konnten zur Tagung der DGBT begrüßt werden.

 

Dosis venenum facit

Da jährlich eine nahezu unüberblickbare Anzahl von Studien zu den ästhetischen Indikationen erscheint, fassten Dr. Marion Runnebaum und Dr. Wolfgang Philipp-Dormston mit ihren Top 5 Papers sowohl Grundsatzarbeiten als auch neueste Erkenntnisse zusammen: Zur Veranschaulichung der Tatsache, dass die gefürchtete Toxizität des Botulinums eine reine Frage der Dosis/Menge ist, stellte Kollege Dr. Wolfgang Philipp-Dormston folgende Berechnung an: Um die berühmte „Vergiftung des Bodensees“ zu erreichen, müsste man Material im Wert von 10 Trillionen Euro versenken. Tatsache ist, dass Botulinum im Vergleich zu den meisten anderen Medikamenten eine enorm hohe therapeutische Breite aufweist. Interessant für Botulinum-Behandler: Um die Behandlungsintervalle auf Dauer im Interesse der Patienten auf sechs Monate anzuheben, scheint es günstig zu sein, anfangs eher in kürzeren Intervallen von drei bis vier Monaten zu behandeln. Erwähnt wurden auch die spannenden Studienergebnisse des positiven Einflusses bei Depressionen.

Von der Theorie zur Praxis

Der Samstagnachmittag bildet mit der Möglichkeit für Teilnehmer, an drei aufeinanderfolgenden Workshops teilzunehmen, immer ein weiteres Highlight der DGBT-Tagungen. Dabei werden Workshops sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Anwender angeboten, zum Beispiel „Fillers for beginners“ und „Fillers for advanced users“. Die besprochenen Behandlungsstrategien werden in Livebehandlungen demonstriert. In den Workshops findet sich auch Gelegenheit, die Behandlung mit additiven Verfahren wie Laser oder Radiofrequenz kennenzulernen. Auch Seminare zu Marketing und Internetauftritt wurden angeboten.

Eine während der Plenumsveranstaltung am Samstag durchgeführte TED-Umfrage (Teilnehmer können per Knopfdruck Fragen beantworten, Tele-Dialog) ergab, dass die meisten Teilnehmer in der Anwendung von Botulinum in der Ästhetik bereits erfahren sind, die Mehrzahl sogar sehr erfahren: 20 % der Teilnehmer führen mehr als 50, 37 % der Teilnehmer sogar mehr als 100 ästhetische Botulinumbehandlungen pro Jahr durch und zählen so zu den „Vielanwendern“, die Rate von Anfängern ist beim Kongress mit 7 % gering. Die Teilnehmer behandeln alle Indikationen des oberen Gesichtsdrittels regelmäßig, sowohl die On-Label-Indikationen Glabella- und Kanthalfalten als auch die Stirn. Wie bereits bei der Befragung 2012 zeigt sich: Je häufiger der Behandler Botulinum anwendet, umso regelmäßiger führt er auch eine Kombinationsbehandlung mit Fillern durch (70 % der Vielanwender). Mehr als zwei Drittel (72 %) der Anwender setzen Botulinum auch zur Behandlung von Kopfschmerzen oder Migräne ein. Leider beobachten nach wie vor 75 % der Anwender bezüglich Botulinum diffuse Ängste bei ihren Patienten; hier ist also immer noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten.

Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie e.V.
Goethestraße 26–28
60313 Frankfurt am Main
Tel.: 069 94942882
Fax: 069 94942827
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Autorin: Dr. Dorothee Bergfeld

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