Branchenmeldungen 31.03.2023

Anleitung zur Organisation einer Prophylaxeabteilung



Anleitung zur Organisation einer Prophylaxeabteilung

Foto: Yakobchuk Olena – stock.adobe.com

Die über Wochen ausgebuchte Prophylaxeabteilung, deren Patienten den Mehrwert der Behandlung durch die Zahnmedizinischen Prophylaxeassistentinnen (ZMP) und Dentalhygienikerinnen (DH) schätzen, ist der Wunsch vieler Praxisinhaber. Gleichzeitig sollen sich die Mitarbeiterinnen wohlfühlen und der Patientenstamm stetig weiterwachsen. Der Weg zu diesem Ziel führt vorrangig über ein gut durchdachtes Prophylaxekonzept, jedoch niemals über „Mach mal eine PZR“.

Eine gut funktionierende Prophylaxeabteilung kann nicht nur zum Aushängeschild einer Praxis, sondern auch zu ihrem wirtschaftlichen Motor werden. Der folgende Beitrag beschreibt anhand einer fiktiven Praxis, wie eine Prophylaxeabteilung aufgebaut werden kann, welche Aufgaben dem Praxisteam zukommen und wie junge Kolleginnen angelernt werden können.

Anspruch/Einsatz

Ein junger Zahnarzt hat eine geeignete Praxis gefunden und möchte sich dort gern niederlassen. Die Praxisübernahme soll zum April stattfinden. Er hat eine klare Vision, die er verwirklichen möchte: „Prophylaxe auf höchstem Niveau“. Ziel ist es, dass jeder Patient die Praxis mit einem zufriedenen Lächeln verlässt und das Gefühl hat, eine erstklassige und überaus sanfte State of the Art-Behandlung erhalten zu haben. Der Zahnarzt ist bereit, jetzt schon zu investieren, um ab dem Tag der Praxisübernahme nach einem strukturierten Praxis- und Prophylaxekonzept zu arbeiten.

Know-how, Erfahrung, Planung

Jetzt steht der junge Zahnarzt vor einer großen Herausforderung, die ihn terminlich sehr einnimmt. Um ein hoch motiviertes Team zu finden, inseriert er schon frühzeitig Annoncen für Stellenangebote. Es ist von großem Vorteil, ein zukünftiges Team aufzustellen und es in die Planung miteinzubeziehen. Im Zuge der Teamkonzeption stellt er auch eine sehr junge ZMP ein. Sie macht einen sympathischen Eindruck und kommuniziert sehr authentisch. Allerdings hat sie noch kaum Berufserfahrung, ist jedoch hoch motiviert. Der Zahnarzt zieht daher eine ältere ZMP bzw. Prophylaxemanagerin (PM) mit viel Erfahrung hinzu, um die junge ZMP in allen Bereichen der Prophylaxe coachen zu lassen. Mit dem Know-how und dem fundierten Wissen der erfahrenen PM werden beide Mitarbeiterinnen gemeinsam ein Konzept aufstellen. Das Zeitfenster für dieses Coaching wird etwa sechs Monate betragen.

Wissensstand ermitteln

Die erfahrene PM und die anzulernende ZMP treffen sich einmal in der Woche zum Austausch und Training in der neu erworbenen Praxis. Jedes Treffen beinhaltet Themen in Theorie und Praxis sowie eine umfangreiche Kommunikation. Um den Wissensstand der jungen ZMP zu ermitteln, schaut die PM ihr im Praxisalltag über die Schulter und macht sich Notizen. Später werden sie in der Theorie alle Behandlungsschritte besprechen und viele weitere Tipps und Informationen ausarbeiten.

Beispiel

Wenn die ZMP ihren nächsten Patienten mit einem Lächeln aus dem Wartezimmer abholt, achtet sie darauf, wie der Patient aufsteht und sie anblickt. So kann sie erkennen, ob der Patient ängstlich ist oder sich mit Schmerzen im Körper bewegt. Sie bittet ihn, auf dem Behandlungsstuhl Platz zu nehmen und stellt sich kurz vor. Sie erzählt etwas von sich und wo sie ihre Ausbildung absolviert hat. So findet sie den Bezug zu ihrem Patienten und kann weiter seine Mimik beobachten. Anschließend kann die ZMP mit ihm über seine Anspannung sprechen oder eine Kissenrolle unter seine Beine legen, um Ängste oder Schmerzen zu reduzieren. Wer so aufmerksam mit seinen Patienten umgeht, hat die Sympathie des Gegenübers schnell gewonnen.

Arbeitsanweisungen und Komplexe

Für die Behandlungen erstellt und erarbeitet das Prophylaxeteam gemeinsam:

  • Arbeitsanweisungen
  • Komplexe zur Erleichterung der Dokumentation
  • Behandlungszeiten und Kosten aller Behandlungen, die festgelegt und jeweils individualisiert werden können

Alle Arbeitsanweisungen werden in gemeinsamen Sitzungen mit der Praxisleitung besprochen, optimiert und festgelegt. Eine Liste mit allen benötigten Geräten, Instrumenten (Gracy-Küretten, Scaler) und Materialien wird an den Zahnarzt übergeben, damit er sich um eine rechtzeitige Lieferung kümmern kann. Die PM macht sich eine Notiz, um die Lieferung vier Wochen vor der Eröffnung nochmals zu überprüfen.Weitere Themen der Besprechung sind die benötigten Steckdosen im Prophylaxe-Bereich (Lage), Licht und Dekoration. Werden z.B. ein mobiler Scanner oder eine Bleaching-Lampe zusätzlich im Behandlungszimmer benötigt, sind dafür Steckdosen so zu nutzen, dass Stromkabel nicht zur Stolperfalle werden.

Aufgabenbereiche in Prophylaxeabteilung

Für die ZMP

Kommunikation zum Aufbau der Prophylaxe: Wie überzeuge und motiviere ich Patienten zur regelmäßigen professionellen Zahnreinigung (PZR)?

  • Freundliche Vorstellung und Begrüßung
  • Aufnahme des PSI und Befragung des Patienten nach Auffälligkeiten (z. B. Blutung der Gingiva) sowie Frage nach Interdentalraumreinigung
  • Patienten den Befund erklären: Ursache, mögliche Therapie, Folgen bei Nichtbehandlung, Risiko für Herz- Kreislauf-Erkrankungen (möglichst mit Prophylaxe-Atlas und Bildern)
  • Mundgesundheitsbewusstsein sensibilisieren, Gewinn für den Patienten und Vorteile für Zahnerhaltung erklären (allgemeine Gesundheit, Fitness im Alter, Kosten, Zeitplanung erläutern, Terminvereinbarung, Kosten erklären [ggf. Kostenvoranschlag und Visitenkarte mitgeben])

Anamnese

Die Anamnese wird bei allen Patienten neu erhoben und jährlich aktualisiert. Der Praxisinhaber bespricht die Anamnese mit dem Patienten und entscheidet, welche Angaben in der Akte hervorgehoben werden. Bei jeder Behandlung wird der Patient gefragt, ob sich etwas in Bezug auf Medikamente, Erkrankungen oder Operationen verändert hat. Die ZMP sollte dabei wissen, welche Faktoren Einfluss auf die Behandlung nehmen und was sie zu beachten hat.

Professionelle Zahnreinigung (PZR)

Ziel der PZR ist die gründliche Entfernung aller Beläge und die nachhaltige (Re-)Motivation der Patienten für eine gute häusliche Mundhygiene. Innerhalb der Prophylaxeabteilung kommen den Mitarbeiterinnen dabei verschiedene Aufgaben zu, die sich auch nach dem Stand ihrer Ausbildung richten. Auch hier sollte die PM ein Auge auf die Arbeit der jungen Kolleginnen haben. Welche Aufgaben die verschiedenen Prophylaxefachkräfte übernehmen können und worauf zu achten ist, ist in einer Tabelle im beigefügten QR-Code aufgelistet.

Beispiel

Die ZMP fühlt sich noch nicht hundertprozentig sicher bei der Handhabung eines Air-Flow-Gerätes. Hier kann die PM als Coach die unterschiedlichsten Pulver und deren Anwendung genau erklären und den Arbeitswinkel am Patienten demonstrieren. Auch alle Besonderheiten (Vermeidung eines Emphysem) sowie Kontraindikation (COPD, Asthma) werden intensiv besprochen. Sie planen für die nächste Woche, einige Kolleginnen mit dem Air-Flow-Gerät zu behandeln, um der jungen ZMP auch in diesem Bereich deutlich mehr Sicherheit zu geben.

Parodontitisvorbehandlung (PAV)

Entscheidend ist der Befund. Bei Patienten, die einige Jahre weder eine ausreichende Mundhygiene durchgeführt noch eine intensive PZR erhalten haben, wäre es von Vorteil, mehrere Sitzungen für diese Therapiephase zu planen, um ein optimales Endergebnis nach der AIT zu erreichen. Dabei ist zu bedenken, dass eine PAV keine Vorbedingung oder Pflicht für den Patienten ist, eine Parodontitistherapie zu beantragen und durchzuführen zu lassen.

Erste Sitzung

Der Ablauf ist ähnlich wie bei der PZR. Wichtig ist hierbei, dass alle Interdentalräume mundhygienefähig sein müssen und alle klinisch erreichbaren harten und weichen Beläge entfernt werden. Ziel ist, die akute Gingivitis, hyperplastische oder geschwollene Gingiva sowie den Blutungsgrad zu reduzieren und das bestmögliche Ergebnis in dieser Sitzung zu erreichen.

Zweite Sitzung

Die Mundhygiene des Patienten wird kontrolliert und es erfolgt ggf. eine Remotivation. Wenn es notwendig ist, werden nochmals harte und weiche Beläge entfernt. Sollte bei der PA-Befundaufnahme aufgrund von umfangreichen Konkrementen kein interdentaler CAL gemessen werden können, erfolgt diese Messung erst in der dritten Sitzung. Dies ist sicher aber eher seltener der Fall.

Dritte Sitzung

In dieser Sitzung wird nun der PA-Status aufgenommen und ein Antrag für AIT gestellt (meist nur bei Patienten, die viele Jahre eine unzureichende Mundhygiene hatten und keinen Zahnarzt konsultierten).

Unterstützende Parodontitistherapie (UPT)

Nach jeder AIT erfolgt in regelmäßigen Abständen eine unterstützende Parodontitistherapie (UPT). Dabei ist Folgendes zu beachten: Durch die neuen S3-Leitlinien der Parodontitistherapie ist die Behandlung der UPT sowie jede Position mit Leistung klar definiert. Bei Patienten außerhalb der S3-Leitlinie (Altfälle) wird nach dem gleichen Prinzip gearbeitet. Der PA-Status wird in regelmäßigen Abständen alle ein oder zwei Jahre erhoben. Entscheidend ist hier der Schweregrad des Befunds, die Mundhygiene und der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten.

Umsetzung der Behandlungsschritte –Plan – Do – Check – Act

Bei der jungen ZMP geht es nun hauptsächlich darum, die Behandlungen zu optimieren und die Grundkenntnisse zu erweitern. Dieses neu erworbene Wissen kann sie bis zum nächsten Treffen mit der PM optimieren. Alle aufkommenden Fragen werden in den weiteren Sitzungen besprochen.

Beispiel

Die ZMP fühlt sich nicht sicher in der Aufnahme des Parodontalstatus (PA-Status). Ein intensives Training der Walking-Technik und der digitalen Befunddokumentation gibt Sicherheit und Selbstvertrauen. Die Notwendigkeit zur Messung der Rezessionen sowie die Handhabung der Naber-Sonde, um sanft die Furkation zu sondieren, werden intensiv trainiert. Sie planen für die nächste Woche, in die Praxis drei Patienten zur Befundaufnahme des PA-Status einzubestellen. Bei jedem Treffen hat die PM schon die nächsten Arbeitsanweisungen mit den dazugehörigen Komplexen vorbereitet. So können die Abläufe in allen Bereichen intensiv besprochen werden. Sie erklärt der ZMP, wie ein Interdentalbürstchen benutzt werden soll, ohne dass sich ein Patient dabei verletzt (Winkel) und welche Putztechnik für welchen Befund und welches Alter empfehlenswert ist, um eine Verbesserung zu erreichen. Die unterschiedlichen Schall- und Ultraschallgeräte (Air Scaler, Piezo- und magnetostriktives Ultraschallgerät) und deren Anwendungen (Schwingungsmuster und Amplitude) werden intensiv besprochen und die Handhabung geübt. Sie muss sicher in der Befundaufnahme eines PA-Status sein und die Walking-Technik optimal beherrschen.

Fazit und Ausblick

Wissen gibt Sicherheit. Sicherheit am Patienten ist eine der besten Voraussetzungen, um mit Freude zu Arbeiten. Für den Start einer erfolgreichen Prophylaxeabteilung ist eine gute Planung und Vorbereitung unumgänglich. Sie erspart eine Menge Zeit, Stress und führt im Ergebnis zu vielen Neupatienten. Durch den kontinuierlich wachsenden Patientenstamm wird der Zahnarzt auch auf der Suche nach neuem hoch qualifiziertem Prophylaxepersonal sein und die Praxis ggf. expandieren. Das Prophylaxekonzept ist dabei der Leitfaden und die Einstiegshilfe für neue Mitarbeiter.

Übersicht zu Zuständigkeiten innerhalb der PZR

Dieser Beitrag ist im PJ Prophylaxe Journal erschienen.

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