Branchenmeldungen 17.05.2024
Recruiting-Kampagne: Wie ist der Stand in Ehrenfriedersdorf?
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Im vergangenen Jahr berichteten wir euphorisch von einer engagierten Recruiting-Kampagne im sächsischen Ehrenfriedersdorf. Sogar die BZÄK verwies in ihrer Außenkommunikation löblich auf die Aktion. Doch unterm Strich steht leider nach wie vor eine Null. Bisher hat sich kein Nachfolger für die Praxis gefunden. Quartiersmanager der Bergstadt, Matthias Haase, steht dazu Rede und Antwort.
Herr Haase, wie steht es um die Nachfolger suchende Praxis in Ehrenfriedersdorf?
Leider konnten wir die Vakanz in Ehrenfriedersdorf bis heute noch nicht erfolgreich nachbesetzen. Die Kampagne wurde hoch gelobt und das dazugehörige Video tausendfach geteilt und geschaut. Aber die Praxis ist weiterhin verwaist. Die Versorgungssituation hat sich leider nicht gebessert. Mit Blick auf die nähere Umgebung hat sie sich leider sogar weiter verschärft. Denn in einer Nachbarkommune sucht ein Zahnarzt einen temporären Ersatz für eine seiner angestellten Zahnärztinnen.
Gab es Interessenten im Zuge der Kampagne und woran sind die Übernahmen gescheitert?
Insgesamt haben sich zehn Interessenten gemeldet, wobei mit einem Kandidaten über einen längeren Zeitraum ein intensiver Austausch stattfand. Bedauerlicherweise hat sich dieser Kandidat letztendlich für eine Vakanz in der räumlichen Nähe seines Wohnortes in Nordrhein-Westfahlen entschieden. Wir hatten sogar versucht, den Zahnarzt aus der Nachbarkommune mit unserem Interessenten zu verknüpfen, um ihm eine Möglichkeit zu geben, aus einer Anstellung heraus seine eigene Praxis in Ehrenfriedersdorf aufzubauen und später dann in Selbstständigkeit zu entwickeln.
Woran scheitert es?
Leider können wir den Interessenten keine ausgestatteten Praxisräume und kein Personal mehr anbieten. Durch den Eintritt in den Ruhestand wurde das Personal freigesetzt und ist unverzüglich in anderen Praxen wieder in Beschäftigung gekommen. Die Praxisräume sind vollständig aufgelöst worden. Was bleibt, sind die wartenden Patienten. Das allein genügt den Interessenten aber nicht. Sie wünschen sich, selbstständig zu sein, aber Personal zur Verfügung gestellt zu bekommen. Sie möchten eine voll ausgestattete Praxis gestellt bekommen und diese abbezahlen oder sich lediglich einmieten. Es ist ein Spagat, den eine Kommune (dieser Größe) nicht stemmen kann und teilweise auch nicht stemmen darf. Wie wir es verstanden haben, suchen die Interessenten nach Lösungen, die sich irgendwo zwischen ZMVZ und Selbstständigkeit bewegen. Auf der einen Seite selbstständig sein und auf der anderen Seite aber Praxisräume und Personal gestellt bekommen und die Abrechnung ebenfalls extern durchführen lassen. Vielleicht zeigt das auch ein generelles Problem auf: Die Zahnärzte möchten sich um die Patienten kümmern und sich nicht mit Bürokratie und Personalbeschaffung beschäftigen.
Welches Fazit ziehen Sie aus Ihrem Engagement heute?
Wir alle, auch die Macher der Kampagne, haben unheimlich viel gelernt. Es gab unzählige Gespräche mit unterschiedlichsten Akteuren, auch aus der Politik. Unsere Bürgermeisterin hat sich unermüdlich eingesetzt, und in der Konsequenz können wir zumindest hoffen (behaupten), dass ein Weckruf durch das große Engagement erfolgt ist. Großes Aber: Der Wecker klingelt zu spät! Es wird keine schnelle Lösung für eine flächendeckende zahnmedizinische Betreuung im ländlichen Raum geben. Für Ehrenfriedersdorf ist und bleibt das Ziel aber klar: Wir setzen weiterhin alles daran, die Versorgung vor Ort zu sichern.
Dieser Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.