Branchenmeldungen 15.03.2022
Stadt Praxis Land – Die zahnärztliche Versorgung in Randregionen
Vorgestellt: Landzahnärzte Sibbesse, Niedersachsen
20 Minuten Autofahrt von Hildesheim entfernt, liegt die Ortschaft Sibbesse mit fast 6.000 Einwohnern – hier suchte der aufs Rentenalter zugehende Zahnarzt Reinhard Pauls mehrere Jahre vergeblich nach einem Nachfolger für seine Zahnarztpraxis – die einzige im Ort. Doch dann entschieden sich, einem Tipp folgend, zwei Zahnärztinnen für den Sprung in die Idylle und zum Kauf des Grundstücks mit Zahnarztpraxis, Garten und Vorhof. Eine Win-win-Situation für wirklich alle Seiten: Reinhard Pauls freute sich über die Fortführung seiner Praxis, die neuen Inhaberinnen blickten gespannt in ihre entschleunigte Zukunft und die Patienten wie das Praxisteam waren froh, weiterhin eine zahnärztliche Versorgung und einen Arbeitsplatz vor Ort in Sibbesse zu haben. Ein Gespräch mit Zahnärztin Jana C. Tönnies über ihr tolles Praxisteam, Kaffeepausen im Grünen und Therapiehündin Elisabeth.
Frau Tönnies, wie haben Sie Ihre Praxis gefunden und wann haben Sie den Betrieb eröffnet?
Meine Kollegin Frau Dr. Harder und ich erhielten den Hinweis von der apoBank, dass ein Zahnarzt seine Praxis hier in Sibbesse schon seit Längerem abgeben wollte. Wir schauten uns alles vor Ort an und waren sofort eingenommen von der grünen Fassade des Hauses, dem Garten, überhaupt dem Ortsumfeld. Bis Februar 2021 arbeitete Herr Pauls noch in der Praxis, dann bauten wir sechs kurze Wochen um – auf die Entrümpelung folgte die Renovierung – und öffneten im April 2021 unsere neue Praxis.
Wie war das Ankommen am Standort? Brauchten Sie beide lange, um hier warm zu werden?
Nein, das ging recht schnell. Wir wohnen zwar beide in der Stadt und pendeln jeden Tag nach Sibbesse, aber unsere Mitarbeiterinnen, die wir aus der alten Praxis komplett übernommen haben, leben hier vor Ort und waren für uns eine tolle „Brücke“ zu den Patienten und der Ortschaft. Über sie und den eingespielten Umgang untereinander und den Patienten gegenüber fühlte sich unser Neuanfang gar nicht so neu an und wir waren schnell Teil des Teams. Wir sind den Mitarbeiterinnen wirklich sehr dankbar für ihre Arbeit und Unterstützung, gerade in der ersten Zeit – ohne ihre großartige Hilfe wären wir nie so schnell so weit gekommen.
Was sind die Vorteile einer Landpraxis für Sie?
Zum einen gefällt uns das familiäre Miteinander im Team und auch zu den Patienten hin. Man kennt sich und vertraut sich. Das Hinterfragen und Vergleichen von zahnärztlichen Angeboten, wie es in der Stadt dazugehört, erleben wir hier nicht. Zum anderen leisten wir uns eine große Flexibilität, können Termine, vor allem mit unseren älteren Patienten, bestmöglich planen und decken durch unser Schichtsystem auch spätere Öffnungszeiten ab, die wiederum von jüngeren Patienten genutzt werden. Wir verbinden durch unseren Standort und unseren Qualitätsanspruch, der sich in keinster Weise von einer Stadtpraxis unterscheidet, Modernität mit Entschleunigung. Auch das ließe sich in einem städtischen Kontext kaum umsetzen. Wenn ich morgens mit dem Team meinen Kaffee im Garten trinke, weiß ich, dass die Entscheidung für eine Landpraxis die richtige war.
Sehen Sie auch Nachteile im Standort?
Vielleicht könnte man hier zwei Punkte anführen, die letztlich auch zusammengehören: der Altersdurchschnitt der Patienten ist relativ hoch. Daraus ergibt sich eine Zahnheilkunde, die besonders auf die Bedarfe der Älteren eingehen muss, mit Geduld und entsprechenden Versorgungsangeboten. Spezialisierungen lassen sich kaum umsetzen. Wir arbeiten im gesamten Behandlungsspektrum und immer mit Blick auf die besonderen Umstände und Möglichkeiten der Patienten.
„Größer, höher und weiter“ scheint eine gängige Perspektive in der Stadt zu sein. Denken auch Sie expansorisch in Bezug auf Ihre Praxis auf dem Land?
Ja, auf jeden Fall. Auch wir wollen uns weiterentwickeln, von drei auf vier Behandlungszimmer vergrößern und sehr wahrscheinlich einen weiteren Zahnarzt einstellen. Land heißt ja nicht Provinz; unsere Ziele und unser Niveau orientieren sich an einer bestmöglichen Zahnheilkunde. Das schließt auch die konsequente Digitalisierung von Praxisabläufen und Versorgungsschritten, wie zum Beispiel das digitale Scannen, mit ein.
Sie haben einen Therapiehund in der Praxis, wie funktioniert das?
Es war ein großer Wunsch von mir, mit einem Therapiehund zusammenzuarbeiten, und auch das lässt sich wunderbar in Sibbesse umsetzen. Unsere Hündin Elisabeth soll perspektivisch fester Bestandteil des Praxisteams werden, derzeit gewöhnen wir sie, mit einem durchdachten Hygienekonzept, ein.
Dieser Beitrag ist in der aktuellen ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.