Branchenmeldungen 23.09.2024
Vergütung medizinischer Leistungen: Qualität vor Menge
Ein neues Modell der Universität Luzern mit Daten aus einem Pilotprojekt der Groupe Mutuel und dem Universitätsspital Basel zeigt, wie medizinische Leistungen nach deren Qualität vergütet werden können. Die kostenneutrale Tarifierung basiert auf einem Bonus, der durch Einsparungen von CHF 1.7-8.5 Mio. pro Jahr (hochgerechnet auf die Schweiz), finanziert wird. Das kollaborative Projekt, basierend auf den Prinzipien von Value-based Healthcare, integriert in seiner zweiten Phase mit dem Luzerner Kantonsspital neue Partner.
Value-based Healthcare (VBHC), also ein nutzenbasiertes Gesundheitswesen, stellt Patienten und ihre Wünsche, Vorstellungen und Präferenzen ins Zentrum von Gesundheitsleistungen. Seit 2021 führen das Universitätsspital Basel und das Hôpital de La Tour mit der Groupe Mutuel ein Pilotprojekt durch, in dem nachgewiesen wird, wie VBHC im Schweizer Gesundheitswesen eingeführt und in der Tarifierung abgebildet werden kann.
Im Rahmen des Projekts «Pay for Patient Value» wurde nun ein Vergütungsmodell entsprechend des VBHCAnsatzes für medizinische Leistungen entwickelt, das auf die Qualität der Leistungen anstatt auf deren Menge fusst. Forscher des Kompetenzzentrums für Health Data Science der Universität Luzern haben mit den anonymisierten Daten aus dem Projekt zu Hüft- und Kniegelenksersatzoperationen ein entsprechendes Modell erstellt.
Qualität in der Vergütung belohnen
Das neue Vergütungsmodell basiert auf einer Bonus-Zahlung bei guter Qualität, die an der Zahl Rehospitalisationen (Wiederaufnahmerate), an Revisionsoperationen und an PROMs (Patient reported outcome measures - von Patient/innen berichtete Ergebnisse) gemessen wird. Das kostenneutrale Modell finanziert den Bonus durch die Einsparungen, die über die Verringerung von Komplikationen und die Verbesserung der Gesundheitsergebnisse der Patient/innen erzielt werden. Ein Hüftgelenkersatz kostet in der Schweiz im Durchschnitt CHF 18'000. Bei Komplikationen steigt der Betrag im Mittel auf CHF 37'500 Spitalkosten pro Fall. Hochgerechnet auf die ganze Schweiz könnten durch die Steigerung der Qualität zwischen CHF 1.7-8.5 Mio. pro Jahr eingespart werden.
Die Bonus-Zahlung gliedert sich in zwei Komponenten. Die erste Komponente des Modells belohnt rückwirkend die Spitäler mit einer tiefen Revisions- und ungeplante Wiederaufnahmerate. Die zweite, innovativere Komponente des Modells belohnt Spitäler, die in einem ersten Schritt PROM-Daten sammeln und bereitstellen und in einem zweiten Schritt überdurchschnittliche PROM-Ergebnisse erzielen.
«Das Tarifierungsmodell zeigt, dass das Schweizer Gesundheitssystem nach den Prinzipen von VBHC funktionieren kann. Es braucht nun ein Umdenken, weg von der Menge, hin zur Qualität mit dem Ziel, den Patienten vermehrt ins Zentrum zu stellen», sagt Daniel Volken, Leiter Generalsekretariat der Groupe Mutuel.
«Wir legen Wert auf Innovation und sind stolz darauf, Teil eines Projekts zu sein, das sich zum Ziel gesetzt hat, Vergütungssysteme in der Schweiz neu zu denken, indem die patientenzentrierte Behandlungsqualität durch die Nutzung von PROMS berücksichtigt wird», erklärt Florian Rüter, Leiter Qualitätsmanagement und VBHC am USB.
Projekt wird ausgebaut
Das erfolgreiche Pilotprojekt tritt nun in eine zweite Phase. Mit dem Luzerner Kantonsspital (LUKS) beteiligen sich weitere Partner am Projekt. Diese bringen ihre Expertise für eine wertbasierte Medizin durch Nutzung von PROMs in das gemeinsame Projekt ein und erlauben eine qualitativ hochstehende Weiterführung der bereits geleisteten Arbeit.
«Der Patientennutzen steht bei uns an erster Stelle. Damit wir unsere Leistungen von hoher Qualität erbringen können, ist eine unserer strategischen Zielsetzungen, Qualitätsindikatoren auf Basis der Patientenerfahrungen (PROMs/PREMs) zu etablieren. Das Projekt unterstützt diese Bemühungen und ist ein innovativer Ansatz zur besseren Vergütung von Qualität anstelle von Quantität», sagt Professor Dr. med. Katrin Hoffmann, Chief Medical Officer Luzerner Kantonsspital Gruppe.
«In der Orthopädie und Unfallchirurgie ist es unser Ziel, die Lebensqualität unserer Patienten nachhaltig zu verbessern. Dafür setzen wir verstärkt auf Patientenrückmeldungen durch PROMs. Dieses Projekt wird einen wichtigen Beitrag leisten, diese Haltung noch stärker zu vertreten und umzusetzen», ergänzt PD Dr.med. BjörnChristian Link, Chefarzt Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Standort Luzern.
In der zweiten Phase sollen die Grundzüge und ein Preis des gesamten Versorgungspfads für Hüft- und Kniegelenkersatz (einschliesslich prä- und postoperativer Leistungen) festgelegt werden und das Modell für die Einführung im Schweizer Gesundheitswesen operationalisiert werden.
Quelle: Groupe Mutuel