Branchenmeldungen 07.10.2020
Versand aus der Zahnarztpraxis: Verpackungsgesetz und mehr
Versand aus der zahnmedizinischen Praxis: das seit Anfang 2019 bestehende Verpackungsgesetz und mehr
Im täglichen Geschäft der Zahnmedizin gibt es zwischen der Übermittlung von organischen Proben an Labore bis zum Versenden von medizinischen Materialien, Pflegemitteln, medizinischen Gerätschaften, Prothesen und Ähnlichem diverse Gründe, die eine Beschäftigung mit dem Thema Versand notwendig machen. Dabei kommt es nicht nur auf die Art des zu versendenden Gutes an, sondern es ist auch immer eine Frage der Kosten – und einem seit Anfang 2019 bestehenden Gesetz, welches zwar eine Reaktion auf den Versandhandel war, aber auch die Medizin betrifft.
Patientenproben sind das vielfältigste Modul
In der Zahnmedizin ist es oft vollkommen unerheblich, was sich in Paketen, Päckchen und anderen Versandverpackungen befindet, da der Inhalt keinen weiteren Vorgaben unterliegt. Jedoch mit einer großen Ausnahme: Potenziell kontaminierte Materialien zwischen Gewebe, Zahnmaterial und benutzten Prothesen.
Prinzipiell teilt sich hier die korrekte Vorgehensweise danach auf, ob, und wenn ja welche, Krankheitserreger vorhanden sind oder vorhanden sein können. Einen grundsätzlichen Überblick dazu liefert eine Informationsseite des Robert Koch Instituts.
- Proben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Krankheitserreger enthalten, also freigestellte medizinische Proben, dürfen regulär mit der Post oder anderen Versanddienstleistern versendet werden. Als Richtlinie wird üblicherweise die Verpackungsanweisung P650 Light (teils auch als Basis P650 bezeichnet) herangezogen:
Für Zahnarztpraxen dürfte dies die aufgrund ihrer Natur und Patientenstruktur bei Weitem überwiegende Form des Versandes potenziell kontaminierter Materialien darstellen. Allerdings muss zumindest der Vollständigkeit halber auch noch das weitere Vorgehen erwähnt werden.
Proben, die wahrscheinlich Erreger der Kategorie B (Unterklasse UN3373) enthalten, dürfen ebenfalls regulär mit der Post versendet werden. Und zwar unter Einhaltung der Verpackungsanweisung P650:
- Der Probenbehälter muss wasserdicht sein
- Er muss in einer ebenfalls wasserdichten Sekundärverpackung stecken
- Entweder die Sekundär- oder die äußere Umverpackung müssen starr sein
- Außen muss das rautenförmige Kennzeichen UN3373 und daneben BIOLOGISCHER STOFF KATEGORIE B angegeben werden
- Proben, die wahrscheinlich Erreger der Kategorie A (Unterklassen UN2814 und UN2900) enthalten, dürfen nicht auf dem regulären Postweg, sondern ausschließlich mit einem zertifizierten Gefahrguttransportdienst versendet werden. Es gilt dann die Verpackungsanweisung P620:
- Der Probenbehälter muss wasserdicht und starr sein
- Er muss in einer ebenfalls wasserdichten Sekundärverpackung stecken
- Als Umverpackung dürfen nur starre Fässer, Kisten und Kanister verwendet werden, die den Prüfkriterien der jeweils gültigen ADR entsprechen
- Probenbehälter oder Sekundärverpackungen müssen einen Innendruck, der mindestens 95kPa über dem Umgebungsdruck liegt, sowie Temperaturen zwischen -40 und +55°C standhalten.
Weitere Informationen zu diesem speziellen Thema liefert eine von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege herausgegebene Broschüre.
Wie das neue Verpackungsgesetz auch Zahnarztpraxen betrifft
Seit knapp 30 Jahren gelten in Deutschland Regeln, die die Umweltbelastung durch in Verkehr gebrachte Verpackungen mindern sollen. Doch wo die einstige Verpackungsverordnung ein aus heutiger Sicht sehr zurückhaltend anmutet, stellt das seit dem ersten Januar 2019 gültige Verpackungsgesetz VerpackG ein wesentlich umfangreicheres Regelwerk dar. Dies vor allem unter dem Eindruck eines stark gestiegenen Umweltbewusstseins in Verbindung mit einem dramatisch angestiegenen Verpackungsaufkommen – wofür der Onlinehandel die maßgebliche Verantwortung trägt.
Allerdings betrifft das Gesetz nicht nur diesen, sondern eine sehr breite Schicht von Akteuren; konkret alle, die Waren verpacken und an Endverbraucher weitergeben und/oder als Anfallstellen des privaten Endverbrauchs gelten – damit sind auch medizinische Einrichtungen im Allgemeinen sowie zahnmedizinische Praxen im Speziellen betroffen.
Es gelten die folgenden Vorgaben:
- Es gibt keine Ausnahmen für medizinische Einrichtungen. Die Regularien greifen, sobald hier (Einweg-) Verpackungen anfallen, die zum privaten Endverbraucher gelangen und durch diesen entsorgt werden müssen. Praxen selbst sind allerdings nicht dem privaten Endverbraucher gleichgestellt. Das heißt, das Gesetz greift nicht für den gewerbsmäßigen Versender an eine Praxis, sofern die Verpackungsmaterialien nicht an einen privaten Endverbraucher weitergereicht werden.
- Sogenannte systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind alle, die mangels Gefahrstoffen keinen weitergehenden Regularien unterliegen. Das gilt auch für die Umverpackungen solcher Gefahrstoffe, die nicht damit in direktem Kontakt standen; beispielsweise die Umverpackung von Flaschen mit Anästhetikum. Allerdings gelten hier natürlich alle Regularien der Medizinprodukte-Betreiberverordnung.
- Sobald Zahnarztpraxen als Versender an Endverbraucher auftreten – egal in welcher Häufigkeit – unterliegen sie der Pflicht, sich im Verpackungsregister LUCID zu registrieren. Das gilt auch, wenn Praxen nur als Zwischenstationen fungieren, die beispielsweise Dinge aus zahnmedizinischen Laboren an ihre Patienten weiterversenden.
- Durch diese Registrierung fällt eine jährliche Pauschalabgabe von 75 Euro an. Allerdings ist es bei der Registrierung nötig, die anfallenden Verpackungsmengen anzugeben, wodurch die Summen auch steigen können. Falschangaben, die zu einer geringeren Abgabe führen, können empfindliche Nachzahlungen nach sich ziehen. Wegen der Komplexität des Themas haben sich diverse privatwirtschaftliche Dienstleister etabliert, die über Art und Menge beraten können.
- Auch wenn zahnmedizinische Praxen eine bereits von Dritten verpackte Ware ohne Neupackung bzw. Aufteilung an den Endverbraucher weiterleiten, sind sie verpflichtet, die Registrierung dieses Dritten in dem (öffentlich einsehbaren) Register zu prüfen. Falls das unterlassen wird und sich herausstellt, dass diese Registrierung nicht besteht, kann auch die Praxis haftbar gemacht werden.
Hier sei unterstrichen, dass all diese Maßgaben auch dann bereits greifen, wenn eine Zahnarztpraxis nur gelegentlich kleine Versandleistungen erbringt – beispielsweise Haftcremes an Patienten versendet oder auch verpackte Informationsbroschüren.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Gesetz zwar einen wichtigen Hintergrund hat, allerdings das medizinische Tagesgeschäft erschwert und auch verteuert: Arztpraxen unterliegen damit zusätzlichem bürokratischen Aufwand und müssen je nach Häufigkeit ihres Versandes nicht unerhebliche Finanzmittel über die LUCID-Registrierung abführen. Hier wären sicherlich Erleichterungen wünschenswert; zumal die Zahnmedizin nur für einen äußerst geringen Anteil des Verpackungsabfalls bei Endverbrauchern verantwortlich ist.
Die Versandkosten können sich erheblich unterscheiden
Heute ist der Markt der Versanddienstleister nicht nur seit vielen Jahren liberalisiert, sondern auch im höchsten Maß fraktioniert. Alle Kunden sowohl aus dem privaten wie medizinischen Bereich haben die Auswahl unter diversen Versanddienstleistern – ganz gleich, ob die Lieferungen in Richtung Endverbraucher oder Geschäftskunden, etwa Labore, gehen.
Hier sollten Praxen sich dringend mit den verschiedenen Modellen der Dienstleister auseinandersetzen. Denn die Preisunterschiede sind teilweise enorm und können sich dadurch auf die Attraktivität der Praxis als Versender niederschlagen oder deren Gewinnspanne schmälern. Je nachdem, ob die Versandkosten auf den Endverbraucher umgelegt oder selbst getragen werden.
Die Grundlagen von gutem Versandservice gelten auch in Praxen
Zahnmedizinische Praxen und Versandhändler mögen in völlig unterschiedlichen Bereichen agieren. Sofern es sich allerdings um eine privatwirtschaftlich geführte Praxis handelt, die ihren Patienten den Service des Versandes anbietet, findet sich eine bedeutende Schnittmenge: Dort, wo der Wunsch nach einem Servicegedanken besteht.
Denn Menschen, egal ob in ihrer Eigenschaft als Patient einer Praxis oder Kunde eines Händlers, erwarten heute in Sachen Versand grundsätzlich ein hohes Tempo, aber nicht zulasten der Flexibilität.
Hier sollten Praxisbetreiber nicht erwarten, aus der Sicht der Patienten eine Sonderrolle einnehmen zu dürfen – diese sind von den Versandhändlern seit Jahren einen enorm schnellen und flexiblen Versand gewohnt und erwarten diesen generell. Das bedeutet, auch Praxen sollten alles daransetzen, dass Lieferungen jeglicher Art schnellstens und unter optionaler Terminierung bei den Patienten eintreffen – auch bei solchen Gütern, bei denen schnelles Tempo nur komfortabel, nicht medizinisch notwendig ist.
Ferner gilt:
- Die Umverpackungen sollten vor allem hinsichtlich ihrer Stabilität maximal hochwertig sein. Solange das Versandgut einer Praxis mit den normalen Dienstleistern versendet wird, unterliegt es in den Verteilzentren und beim Verladen den gleichen, oft recht ruppigen Beanspruchungen wie jede andere Versandware. Hochwertige Verpackungen können zwar mehr kosten, machen dies jedoch durch eine verringerte Retourenquote und zufriedenere Patienten wett.
- Umverpackungen können durch ihre Gestaltung auch für Praxen eine gute Möglichkeit sein, für sich zu werben. Im Zuge des erwähnten Umweltbewusstseins kann es sogar eine gute Möglichkeit sein, gezielt Verpackungen zu nutzen, die eine Zweitverwendung jenseits der Entsorgung ermöglichen.
- Die ausreichende Verwendung von Polsterungsmaterialien sowie Klebeband ist zentral wichtig. Nur so entsteht in Verbindung mit der Umverpackung ein wirklich ausreichender Schutz für den empfindlichen Inhalt. Und: Praxen sollten auf neutrale Polstermaterialien setzen, beispielsweise unbedrucktes Papier.
Auch sollte nicht vergessen werden, wie sehnsüchtig Patienten auf ein Paket warten können. Es sollte deshalb grundsätzlich via E-Mail bzw. Tracking-ID möglich gemacht werden, die jeweilige Lieferung verfolgen zu können.
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