Wissenschaft und Forschung 24.06.2015
Gehärtete Zahnbeläge erzählen vom Leben der Höhlenmenschen
Der uns bekannte gemütliche Kochabend ist keineswegs eine Erfindung der Neuzeit, sondern erfreute sich schon vor Jahrtausenden großer Beliebtheit. In der Qesem-Höhle, einer verschütteten Karsthöhle nahe Tel Aviv, haben Archäologen gehärtete Zahnbeläge gefunden, die durch Verkalkungen bis heute erhalten blieben. Anhand dieser konnten sie beweisen, dass unsere Vorfahren bereits vor über 300.000 Jahren gemeinsam Fleisch über offenem Feuer zubereitet haben – erstaunlicherweise nicht nur draußen, sondern auch in der Höhle.
Die Urmenschen hatten in ihren Höhlen große Feuerstellen, die von kleinen Steinmauern umrandet waren. So konnten sie das Feuer kontrollieren. Da es aber in der geschlossenen Höhle ohne einen Abzug brannte, reizte es die Lungen unserer Vorfahren. Sie atmeten den ungefilterten verschmutzen Rauch direkt ein. Dies konnten die Forscher anhand von gehärteten Zahnbelägen, die als mikroskopisch kleine, organische Reste über Jahrtausende erhalten blieben, beweisen. Die Untersuchung des Zahnbelags ist eine bewährte Methode, um einiges über die Lebensumstände unserer Vorfahren herauszufinden. So lässt sich feststellen, was sie aßen oder was über die Atmung in den Mund gelangte und sich dann im Zahnbelag festgesetzt hat.
Ursprünglich waren die Funde nicht vielversprechend, schließlich lagen sie lange verschüttet. Zudem waren sie doppelt so alt wie die ältesten gefundenen Zähne von Neandertalern. Doch die Natur meinte es gut mit uns und ließ den Zahnbelag verkalken, sodass er konserviert wurde und damit erhalten blieb. So wissen wir jetzt, dass die Urmenschen bereits ein ähnliches Essverhalten hatten wie die modernen Jäger und Sammler. Im Zahnbelag ließen sich Spuren von Kohleresten nachweisen, die durch den eingeatmeten Ruß entstanden. Durch die Pilzspuren, Pollen und mikroskopisch winzigen Kohlereste am Zahnbelag wurde zudem deutlich, dass die Höhlenmenschen bereits mit ähnlichen Allergenen, wie wir sie heute kennen, zu kämpfen hatten. Außerdem schlossen die Forscher aus den Rußpartikeln im Zahnbelag, dass die Urmenschen ihr Feuer direkt in der Höhle angebrannt haben. Auf der großen Feuerstelle inmitten der Höhle wurde nicht nur Essen zubereitet, es diente auch als Ort des Zusammenseins und verband damit – ähnlich wie bei uns heute – Essen mit sozialer Gemeinschaft.
Quelle: Dental calculus reveals potential respiratory irritants and ingestion of essential plant-based nutrients at Lower Palaeolithic Qesem Cave Israel. Hardy, et al., doi:10.1016/j.quaint.2015.04.003
Autor: Livia Schienbein