Wissenschaft und Forschung 07.04.2011
Keimträger: Elektronische Wasserhahnsysteme
Sensorgesteuerte Wasserhähne können in ihrem Leitungssystem mehr potenziell krankmachende Bakterien beherbergen als herkömmliche Wasserhähne. Das haben US-amerikanische Wissenschaftler jetzt entdeckt, als sie Wasserproben aus einer großen Universitätsklinik untersuchten. Eigentlich werden elektronische Wasserhähne eingesetzt, um Infektionen zu vermeiden, weil die automatische Steuerung ein Anfassen überflüssig macht und damit die Übertragung von Keimen über die Hände reduziert.
Die Studienergebnisse,
die Emily Sydnor von der Johns Hopkins University in Baltimore auf dem Jahrestreffen der Society for Healthcare
Epidemiology of America (SHEA) kürzlich präsentierte, stellen den Vorteil
solcher Wasserhähne jedoch infrage. Die Wissenschaftler halten die
Wasserverunreinigung sogar für so problematisch, dass sie trotz des
Vorteils der freihändigen Bedienung die Entfernung der Hähne empfehlen.
Das Klinikum, in dem die Studie durchgeführt wurde, ist inzwischen
dabei, alle elektronisch gesteuerten Wasserhähne durch manuelle
austauschen zu lassen.
Eigentlich wollten Sydnor und ihre Kollegen nur untersuchen, wie oft und
für wie lange die Leitungen des Johns Hopkins Hospitals, die mit den
neuen sensorgesteuerten Wasserhähnen ausgestattet wurden, gereinigt
werden müssen. Eine solche Reinigung ist in Krankenhäusern üblich, um
die Verbreitung von gefährlichen Wasserkeimen wie Legionellen zu
verhindern, den Erregern der Legionärskrankheit, die vor allem die Lunge
befallen. Für gesunde Menschen sind Legionellen zwar nicht gefährlich,
Personen mit einem geschwächten Immunsystem können bei einer Infektion
damit allerdings schwer erkranken und sogar sterben. In Kliniken
herrschen daher diesbezüglich besondere Hygienevorschriften.
Die Wissenschaftler testeten die Wasserhähne auf zwei Stationen der
Klinik über sieben Wochen. Darunter waren zwanzig automatische
Wasserhähne mit optischem Sensor, die sich einschalten, wenn man die
Hände unter den Hahn hält, und zwanzig herkömmliche, manuell zu
bedienende Wasserhähne. Die Forscher entnahmen Wasserproben und
kultivierten diese. Dabei stellte sich heraus, dass fünfzig Prozent der
Proben aus den elektronisch gesteuerten Wasserhähnen mit Legionellen
kontaminiert waren - bei den manuellen Armaturen waren es hingegen 15
Prozent. Auch insgesamt schien die Anzahl an Keimen in den Proben aus
den elektronischen Wasserhähnen erhöht, wenn auch nicht signifikant.
Den Grund für diese Diskrepanz kennen die Wissenschaftler bisher noch
nicht. Sie vermuten jedoch, dass die stärkere Besiedelung der
sensorgesteuerten Hähne mit deren Aufbau zusammenhängt: Sie enthalten
sehr viel mehr Schalter, Ventile und Regelkomponenten als herkömmliche
Armaturen. Dadurch haben sie eine deutlich vergrößerte innere
Oberfläche, die das Bakterienwachstum möglicherweise fördert.
Der komplexe Aufbau ist auch ein Problem bei der Reinigung der Hähne,
entdeckten die Forscher, als sie vier der elektronischen Wasserhähne in
ihre Einzelkomponenten zerlegten - zwei davon vor einer Behandlung gegen
Keime, zwei danach. Der Vergleich zeigte: Zwar sank die Keimbelastung
durch die Desinfektion leicht ab, es fanden sich jedoch auch nach der
Behandlung noch fast überall Legionellen und andere Bakterien.
Die Keime besiedeln offenbar vor allem die Komponenten der
elektronischen Wasserhähne, die in herkömmlichen Versionen nicht
vorkommen. Die Ergebnisse zeigten, dass die in Krankenhäusern verwendete
Standarddesinfektion von Wasserleitungen die komplexer gebauten Hähne
mit optischen Sensoren nicht effektiv von Legionellen und anderen
potenziell gefährlichen Bakterien befreien könne, resümiert Mitautor Gregory Bova, Ingenieur am Johns Hopkins Hospital.
Quelle: Yahoo.com