Wissenschaft und Forschung 12.12.2011
Neue Forschungsansätze durch Nanobodies
Kleinste Antikörperfragmente, sogenannte Nanobodies, lassen sich in der Forschung erfolgversprechend einsetzen. Die Forschungsgruppe von Prof. Markus Affolter am Biozentrum der Universität Basel hat erstmals eine Methode entwickelt, mit der sich Nanobodies zur gezielten Beeinflussung und Steuerung von Proteinfunktionen im Körper einsetzen lassen. Die Forschungsergebnisse, die nun in der US-Zeitschrift Nature Structural and Molecular Biology veröffentlicht werden, können auch neue Möglichkeiten zur Behandlung schwerer Krankheiten liefern.
Während der Einsatz von Antikörpern in Forschung und Wissenschaft sowie
im Rahmen medikamentöser Therapien bereits zur Routine geworden ist,
finden sogenannte Nanobodies, kleinste Antikörperfragmente aus Kamelen,
bislang in der Wissenschaft nur wenig Anwendung. Der Forschungsgruppe
von Markus Affolter am Biozentrum der Universität Basel ist es nun
gelungen, einen Nanobody, der gegen GFP (Green Fluorecent Protein)
gerichtet ist, so zu funktionalisieren, dass er erfolgreich in der
Grundlagenforschungsarbeit eingesetzt werden kann.
Dank dessen
Eigenschaft, GFP Fusionsproteine abzubauen, konnten die Forschenden den
Einfluss des Nanobodies auf die Proteinfunktion im lebenden Organismus
verfolgen. Als Modell zur Untersuchung ihrer Methode diente die
Fruchtfliege Drosophila. Die Forschungsergebnisse sind insofern von
Bedeutung, als sich zukünftig mithilfe von Nanobodies Proteinfunktionen
im lebenden Organismus schneller und gezielter untersuchen und steuern
lassen als mit herkömmlichen Methoden.
Nanobody vs. Antikörper
Proteine
im Zellinneren künstlich durch Antikörper zu inaktivieren, ist
normalerweise nicht möglich, da Antikörper aus einer Kette von tausend
Aminosäuren bestehen und in Zellen weder eintreten noch darin
funktionieren. Nanobodies haben lediglich eine Grösse von etwa 100
Aminosäuren. Diese stark reduzierte Grösse und ihre Eigenschaft, sich im
Zellinneren zu funktionsfähigen Proteinen zu falten, machen Nanobodies
für die Grundlagenforschung so interessant.
Obwohl sie sich
ebenso wie Antikörper zur Blockierung von Proteinfunktionen einsetzen
lassen, fanden Nanobodies in der Wissenschaft bislang keine grosse
Beachtung. Durch ein genetisch gesteuertes Verfahren hat Emmanuel
Caussinus aus Affolters Forschungsgruppe nun eine Methode entwickelt,
mit deren Hilfe sich Nanobodies an andere Funktionen koppeln lassen, die
es erlauben, Proteine in lebendigen Lebewesen durch die künstlich
hergestellten GFP-Nanobodies gezielt zu steuern und zu regulieren.
Nanobodies könnten nun für die Forschung, aber auch zu Therapiezwecken
immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Therapiemöglichkeiten durch Nanobodies
Proteine
sind ein Hauptbestandteil aller Lebewesen und halten sämtliche
Lebensfunktion im Körper aufrecht. Fehlerhafte Proteine können zu
Krankheiten führen. Als Immunantwort setzt der Organismus seine im
Körper hergestellten Antiköper ein, um solch pathogene Eindringlinge zu
bekämpfen. Sie sind zentraler Bestandteil des Immunsystems und können
die fehlerhaften Proteine nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip gezielt
ausschalten.
In der Medizin werden vielfach auch synthetisch
hergestellte Antikörper eingesetzt, um so Krankheiten wie Asthma, Rheuma
oder Krebs zu behandeln. Die Herstellung solcher Antikörper ist jedoch
ein höchst aufwendiges und teures Verfahren. Nanobodies könnten den
Einsatz solch synthetisch hergestellter Antikörper zukünftig nicht nur
in der Forschung, sondern auch bei der Therapie von Krankheiten
langfristig ablösen. Ihr Einsatz könnte zudem Therapien ermöglichen, die
auf die Regulierung von zellinternen Proteinen abzielen, eine
Anwendung, die mit konventionellen Antikörpern nicht möglich ist.
Originalbeitrag
Emmanuel Caussinus, Oguz Kanca & Markus Affolter
Fluorescent fusion protein knockout mediated by anti-GFP nanobody
Nature Structural & Molecular Biology, Published online 11 December 2011 | doi: 10.1038/nsmb.2180