Wissenschaft und Forschung 28.12.2023

Superorganismus aus Pilzen und Bakterien schädigt Zähne massiv



Superorganismus aus Pilzen und Bakterien schädigt Zähne massiv

Foto: Rasi – stock.adobe.com

Das Forscherteam um Hyun Michel Koo, Professor für Zahnmedizin der University of Pennsylvania, hat herausgefunden, dass sich Pilze und Bakterien im Mund zu einem Superorganismus zusammensetzen können. Dieser neue multizelluläre, körperexterne Organismus ist klebriger und widerstandsfähiger gegen antimikrobielle Mittel sowie deren Entfernung als seine artgleichen Gegenstücke. Gleichzeitig verursacht er mehr Karies.

Entdeckt wurde der Superorganismus im Speichel von Kindern, die bereits fortgeschrittenen Karies hatten. Neben seiner hohen Resistenz gegen antimikrobielle Mittel wies der neue Organismus eine weitere Besonderheit auf: „Unter dem Mikroskop haben wir festgestellt, dass die Bakterien und Pilze diese Verbände bilden und Bewegungen entwickeln, die wir ihnen nie zugetraut hätten: eine gehende und springende Beweglichkeit. Sie verfügen über viele unerwartete Funktionen, die dieser Ansammlung neue Vorteile bringen, die sie allein nicht erreichen könnten. Es ist fast wie ein neuer Organismus – ein Superorganismus – mit neuen Funktionen“, erklärt Koo.

Vor der Entdeckung hatte sich Koos Labor auf den zahnmedizinischen Biofilm oder Plaque konzentriert, der bei Kindern mit schwerer Karies auftritt. Dabei fand man heraus, dass sowohl Bakterien – Streptococcus mutans – als auch Pilze – Candida albicans – zu der Krankheit beitragen. Der Postdoktorand in Koos Team, Zhi Ren, setzte bei den Untersuchungen die Mikroskopie ein und entdeckte so die neue Kombination aus Pilzen und Bakterien.

Um den Superorganismus genauer zu analysieren, wurde ein Laborsystem eingerichtet, mit dem die Bildung dieser Ansammlungen nachgestellt werden konnte. Es wurden Bakterien, Pilze und ein zahnähnliches Material verwendet und in menschlichem Speichel inkubiert. So entwickelte sich eine hoch organisierte Struktur mit Bakterienclustern, die in einem komplexen Netzwerk aus Pilzhefen und fadenförmigen Ausstülpungen, den Hyphen, verankert war. Die Cluster waren darüber hinaus in ein extrazelluläres Polymer, ein klebstoffähnliches Material, eingebettet, wodurch sie schwer abzutöten sind.

Doch das vielleicht faszinierendste Merkmal der Assemblagen war ihre Mobilität. „Sie zeigten hüpfende und gehende Bewegungen, während sie kontinuierlich wuchsen“, sagt Ren. In den ersten Stunden des Wachstums verbreitete sich der Organismus auf der zahnähnlichen Oberfläche rasant. Die Wissenschaftler konnten erkennen, dass die Ansammlungen mehr als 100 Mikrometer über die Oberfläche sprangen. „Das ist mehr als das 200-Fache ihrer eigenen Körperlänge. Laubfrösche und Heuschrecken können beispielsweise etwa das 50-Fache bzw. das 20-Fache ihrer eigenen Körperlänge nach vorne springen“, so Ren.

Um Karies bei Kindern zukünftig zu verhindern, ist es nötig, diese Verbindung frühzeitig zu bekämpfen. „Wenn man diese Bindung blockiert oder die Ansammlung unterbricht, bevor sie auf dem Zahn ankommt und Schaden anrichtet, könnte das eine präventive Strategie sein“, erklärt Koo.

Zur Studie

Quelle: University of Pennsylvania

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