Finanzen 30.08.2022
Kostenentlastung für die Praxis: So bleibt sie trotz Inflation rentabel
Wie hoch die aktuelle Teuerungsrate für Zahnarztpraxen genau ausfällt, lässt sich nur schwer konkret erfassen. Die Finanzexpert:innen von solvi gehen für eine realistische Schätzung davon aus, dass Zahnarztpraxen mit einer Preissteigerungsrate rechnen müssen, die zwischen dem Anstieg der allgemeinen Verbraucherpreise und demjenigen der Großhandelspreise liegt.¹
Anhand der Daten des Statistischen Bundesamts für Juni 2022 würde das einer Inflationsrate von zwischen 7,6² und 21,2 %³ entsprechen.
Anders gesagt: Um dieselben Detalprodukte oder Dienstleistungen wie im Juni 2021 zu beziehen, müssten Zahnarztpraxen nur ein Jahr später bereits einen Aufpreis bezahlen, der mindestens im hohen einstelligen Prozentbereich liegt – und für einige Posten sogar deutlich darüber.
Miete, Nebenkosten, Material: Das sollte man jetzt beachten
Eine genaue Ermittlung seiner Einsparpotenziale ist wichtiger denn je, weil:
- die Inflation uns voraussichtlich noch eine Weile begleiten wird,
- und sich die Preise dann auf einem höheren Niveau als bisher einpendeln werden.
Mietsteigerung? Prüfung der Konditionen seines Mietvertrags
Zahlt man Miete für die Praxis, wird man früher oder später mit einer Mietanpassung rechnen müssen. Hier kommt es aber auf die Einzelheiten des Mietvertrages an, wie die Vertragslaufzeit, die vereinbarte Form der Miete und etwaige weitere Klauseln. Die Auswirkungen der Inflation hängen stark von diesen individuellen Konditionen des Mietvertrages ab. Man sollte daher im Zweifelsfall genau prüfen, was schriftlich festgehalten wurde. Bestehen fest vereinbarte Regelungen zur zeitlichen Staffelung und/oder Höhe von Mietanpassungen? Wenn ja, hat man eher nicht mit unerwarteten Erhöhungen zu rechnen. Wurde eine Indexmiete mit Bindung an den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung vereinbart? Dann steht einem jetzt höchstwahrscheinlich eine Mieterhöhung bevor – wobei auch hier die vereinbarten Einzelheiten festlegen, wann genau eine Mieterhöhung vorgenommen werden darf.
So spart man langfristig Nebenkosten
Bei einer Befragung des Marktforschungsinstituts Exevia im Juni 2022 gaben über die Hälfte der befragten Zahnärzt:innen an, dass steigende Nebenkosten eine Herausforderung für sie darstellen.⁴
Um langfristig bei den Energiekosten zu sparen, sollte man sich mit möglichen Modernisierungsmaßnahmen auseinandersetzen. Abhängig von seinen finanziellen Reserven sowie der Größe und Lage seiner Praxis kommen dafür verschiedene Maßnahmen infrage, wie z. B.:
- die Teilsanierung oder der Austausch der Heizungsanlage,
- der Einbau energieeffizienter Fenster,
- die Wärmedämmung der Außenwände,
- die Installation einer Photovoltaik-Anlage zur eigenen Stromerzeugung,
- die Anbringung von Perlatoren an den Wasserhähnen,
- der Einbau einer Solaranlage für die Warmwasserbereitung.
Wenn man bereits seit Längerem ein konkretes Vorhaben dieser Art plant, bisher aber von den hohen Preisen für Bauarbeiten und Sanierungsmaßnahmen abgeschreckt war, sollte man lieber bald handeln. Denn die hohen Rohstoffkosten sowie die anhaltenden Supply-Chain-Probleme werden auch hier vorerst für weiter steigende Preise sorgen.
Wie hoch ist die Inflationsrate bei Dentalprodukten?
Eine große direkte Auswirkung der Inflation kann man als Zahnärzt:in im Bereich der Materialkosten und des sonstigen Praxisbedarfs wahrnehmen. Dabei handelt es sich um eine messbare Entwicklung, die nicht erst seit der aktuellen Preisexplosion zu beobachten ist. Besonders bedenklich: Die tatsächlichen Konsequenzen der gegenwärtigen Situation werden erst zeitverzögert in 6 bis 12 Monaten vollends zu sehen sein.⁵
Aufgrund der extrem zunehmenden Preise für Rohstoffe und Energie wird, insbesondere bei dentalen Instrumenten und Geräten, in naher Zukunft mit erheblichen Preissteigerungen zu rechnen sein. Gerade bei größeren benötigten Anschaffungen sollte man also besser nicht allzu lange warten, sonst zahlt man am Ende noch mehr.
Grundsätzlich können die entstehenden Mehrkosten beim Material an die Krankenkassen und Patient:innen weitergeben werden. Daher sollte man darauf achten, dass seine Abrechnungen regelmäßig aktualisiert werden, damit teurer eingekaufte Materialien nicht noch mit alten, günstigeren Preisen gelistet werden.
Man sollte aber bachten, dass teurere Behandlungen seine Patient:innen möglicherweise abschrecken, immerhin betrifft sie die Inflation genauso wie einen selbst. Besser wäre es also, die Materialkosten zu senken, um eventuelle Preiserhöhungen für seine Patient:innen so gering wie möglich zu halten.
Wie kann man die Materialausgaben senken?
Die gute Nachricht in all dem Trubel: Gerade beim Praxismaterial bestehen zum Teil immense Preisdifferenzen auf dem Markt. Wenn man beim Einkauf Preise vergleicht, kann selbst sowohl Geld sparen, als auch die Ersparnisse an seine Patient:innen weitergeben. Dadurch minimiert man seine Materialausgaben und verbesserst gleichzeitig seine Wettbewerbsfähigkeit.
Warum man jetzt in sein Personal investieren sollte
Personalausgaben bilden in der Regel den größten Kostenblock einer Zahnarztpraxis. Laut KZBV machten sie 2019 im Schnitt 40,7 % der Betriebsausgaben aus.⁶ Es klingt im ersten Moment paradox, aber das Sinnvollste, was man in der momentanen Situation tun kann, ist, das Gehalt seiner Angestellten zu erhöhen. Am besten geht man dabei weitsichtig und proaktiv vor und wartest nicht, bis sich Unzufriedenheit im Team verbreitet und die ersten Mitarbeiter:innen kündigen. Denn das sollte man beim anhaltenden Fachkräftemangel tunlichst vermeiden zumal sich dieser in absehbarer Zeit noch weiter zuspitzen wird.⁷
Wenn man von sich aus Gehaltserhöhungen vornimmt, stellt man Verständnis und Fürsorge für seine Angestellten unter Beweis und investiert gleichzeitig in die Zukunft seiner Zahnarztpraxis
Nehmen Sie sich also etwas Zeit für eine gründliche Gehaltsanalyse des Teams, um eine für beide Seiten faire Vergütung zu ermitteln. Bedenke sollte man in seiner Recherche auch lokale Abweichungen vom Gehaltsdurchschnitt und die Konkurrenzsituation im näheren Umkreis. Denn wenn man selbst nicht genug bezahlt, tun es vielleicht andere Zahnärzt:innen.
So nimmt man seinen Patient:innen die Verunsicherung
Schon vor der aktuellen Krise hatten die Inflation und die sinkende Kaufkraft negative Auswirkungen auf die Kaufbereitschaft der Patient:innen.⁸ Künftig dürften noch mehr Menschen vor gänzlich privat zu leistenden oder mit hohen Zuzahlungen verbundenen Versorgungen zurückschrecken.
Je nach Patientenstamm und Praxisspezialisierung hat das unterschiedlich große Auswirkungen auf seine Einnahmen. Bei den Patient:innen ist momentan eine generelle finanzielle Verunsicherung und Zurückhaltung zu spüren – gerade bei zahnärtzlichen Behandlungen, die als weniger dringlich empfunden werden oder primär ästhetischer Natur sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass bereits die normal hohe Inflation vor der gegenwärtigen Krise negative Auswirkungen auf den erwirtschafteten reellen Gewinn von Zahnarztpraxen hatte.⁹ Daher gewinnen privat abgerechnete Leistungen schon seit Langem an Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg einer jeden Zahnarztpraxis – und werden künftig nur noch wichtiger werden.
Um seinen Patient:innen die Scheu vor kostenintensiven Behandlungen zu nehmen, sollte man auf Transparenz in der Kommunikation setzen und ihnen Spielraum bei den Finanzierungsmöglichkeiten bieten: Zeigen Sie Verständnis für die finanzielle Situation der Patient:innen und bieten Sie ihnen z. B. Ratenzahlungen an.
Ruhe bewahren: Umgang mit Inflation in seiner Zahnarztpraxis
Viele Zahnärzt:innen schöpfen noch nicht ihr volles Potenzial aus, um Kosten zu senken. Eine Kostenoptimierung ist einerseits durch Steigern der Umsätze und andererseits durch Reduzieren der Ausgaben möglich.
Abschließende Tipps:
- nicht die Augen vor der Situation verschließen, sondern sich rechtzeitig Gedanken, damit proaktiv gehandelt werden kann.
- Beratungsstellen aufsuchen, bspw. bei der Landeszahnärztekammer.
- individuelles Optimierungspotenzial ausfindig machen
- Ein regelmäßiges Kosten-Screening vornehmen:
- Gibt es Ausgaben, die unnötig sind?
- Wo schlummern unentdeckte Einsparpotenziale?
- Was sagt das Team dazu?
- Andere Perspektiven eröffnen ganz neue Lösungsansätze und Sparmöglichkeiten.
Quellen
¹ https://www.solvi.de/podcast Podcast 062: Was bedeutet die hohe Inflation für meine Zahnarztpraxis?
² https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_296_611.html
³ https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_300_61281.html
⁴ https://www.dentalmarketing-magazin.de/news/detail.php?rubric=News&nr=9806#9806
⁵ https://www.solvi.de/podcast Podcast 062: Was bedeutet die hohe Inflation für meine Zahnarztpraxis?
⁶ https://www.kzbv.de/kzbv2021-jahrbuch-ohne-goz.media.f1b1223cf58b71cee7fc89ec746f8bf9.pdf
⁷ https://www.fvdz.de/files/DATEIANHAENGE/DFZ/DFZ_0321_Fachkraefte.pdf
⁸ https://epaper.zwp-online.info/epaper/9552/export-article/32
⁹ https://www.wir-in-der-praxis.de/news/das-privathonorar-wird-fuer-zahnaerzte-immer-wichtiger-2694860.html
Quelle: Wawibox