Finanzen 09.04.2015

Wie lässt sich der Wert einer Zahnarztpraxis ermitteln?

Wie lässt sich der Wert einer Zahnarztpraxis ermitteln?

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Eine vergleichende Betrachtung für Deutschland, die Schweiz und Österreich.

Bei jeder Praxisveräußerung stellt sich die entscheidende Frage: „Was ist meine Zahnarztpraxis wert?“ Den „richtigen“ Praxiswert gibt es jedoch nicht. Denn Veräußerer und Erwerber haben unterschiedliche Vorstellungen. Das gilt in Deutschland ebenso wie in der Schweiz und in Österreich. Wie der Wert einer Praxis ermittelt werden sollte, wird hingegen von den Ärztekammern der drei Länder unterschiedlich empfohlen.

Praxiswertermittlung in der Schweiz

In der Schweiz gibt es – wie auch in Deutschland und Österreich – verschiedene Methoden, um den Wert einer zahnärztlichen Praxis zu ermitteln. Weitverbreitet ist die Bewertung nach den „Leitlinien für die Schätzung einer Zahnarztpraxis“ der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft (SSO). Nach der SSO-Methode ist der Praxiswert die Summe von Substanzwert und dem ideellen Wert, dem sogenannten Goodwill.

Der Substanzwert errechnet sich aus den materiellen Investitionen der Praxis. Alle Anlagen, Einrichtungen, Geräte, Instrumente und EDV werden nach einer definierten Abschreibungstabelle mit einem Zeit- bzw. einem Gebrauchswert versehen und addiert. Der Goodwill beträgt maximal drei Monatsumsätze aus dem gewichteten Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, wobei die letzten Umsätze am meisten zählen. Der auf Basis des Umsatzes der letzten Jahre ermittelte Goodwill kann durch weitere Bewertungselemente, die den Zukunftsaspekt berücksichtigen, teilweise erheblich gemindert werden. Dazu gehören die übergabe der Patienten- und Recall-Dateien, die Lage und Ausstattung der Praxis, das Arbeitspensum des Praxisübergebers, die Patientenstruktur und der Versorgungsgrad.

Praxiswertermittlung in Deutschland

Auch hier kann der Wert einer zahnärztlichen Praxis nach verschiedenen Methoden berechnet werden. Dabei setzen sich ertragswertorientierte Bewertungsmethoden immer mehr durch. Weitverbreitet und auch von der deutschen Finanzverwaltung anerkannt ist die sogenannte Ärztekammermethode, die von der Bundesärztekammer in der „Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen“ 2008 novelliert wurde. Ganz gleich, welche Methode eingesetzt wird: Der Wert einer Praxis setzt sich aus dem Substanzwert (materieller Praxiswert) und dem ideellen Wert (immaterieller Praxiswert) zusammen.

Der materielle Praxiswert lässt sich relativ einfach bestimmen. Ausgehend von den im Anlageverzeichnis der zahnärztlichen Praxis aufgeführten Wirtschaftsgütern, z.B. der Praxiseinrichtung, ggf. einschließlich des Labors, der Büroausstattung, der EDV sowie dem Praxis- und Sprechstundenbedarf, wird der aktuelle Marktwert der Wirtschaftsgüter ermittelt.

Schwieriger ist es, den ideellen Wert der Praxis zu bestimmten. Darunter versteht man die Chance, eine eingeführte Zahnarztpraxis mit ihrem Patientenstamm wirtschaftlich erfolgreich fortzuführen. Hierbei spielt z.B. der Standort, die Organisation der Praxis, die Anzahl der Patienten und die Leistungsfähigkeit der Einrichtung eine wesentliche Rolle. Von besonderer Bedeutung ist die über Jahre entstandene Vertrauensbeziehung zwischen dem Praxisinhaber und seinen Patienten, d.h. der Goodwill ist nachhaltig von der Person des Praxisinhabers geprägt. Nach der Ärztekammermethode wird der ideelle Praxiswert folgendermaßen ermittelt.

Ermittlung des ideellen Praxiswerts

Übertragbarer Umsatz
– übertragbare Kosten
= übertragbarer Gewinn
– alternatives Arztgehalt
= nachhaltig erzielbarer Gewinn
× Prognosemultiplikator

= Ideeller Wert (Goodwill)

Ausgegangen wird vom durchschnittlichen Jahresumsatz sowie den durchschnittlichen Kosten der letzten drei Kalenderjahre. Nicht übertragbare Umsatzanteile, die personengebunden dem Praxisinhaber zuzurechnen sind, wie Gutachter- oder Belegarzttätigkeiten, sind ebenso herauszurechnen wie kalkulatorische und künftig entstehende Kosten. Als alternatives Arztgehalt sind maximal 76.000 EUR abziehbar. Bei einer Einzelpraxis wird meist der Prognosemultiplikator 2 angesetzt. Die kassenzahnärztliche Zulassung hat keinen eigenen Wert. Sie wird vom ausscheidenden Zahnarzt zurückgegeben; der Praxisnachfolger erhält eine neue Zulassung.

Auch andere Bewertungsmethoden ermitteln den ideellen Wert mithilfe des Umsatzes oder Gewinns der vergangenen Jahre. Die Werte weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Unabhängig von allen Bewertungsmethoden ist nach wie vor eine Faustformel weitverbreitet, wonach der Praxiswert dem durchschnittlichen Jahresgewinn der vergangenen drei Jahre entspricht.

Praxiswertermittlung in Österreich

In Österreich existieren grundsätzlich in jedem Bundesland und der dazugehörigen Bundeszahnärztekammer unterschiedliche Rahmenbedingungen zur Arztpraxisbewertung. Die Bewertungsmethoden orientieren sich dabei vorrangig am Umsatz und nicht an der Ertragskraft der Praxis.

Für die Ermittlung des Praxiswertes ist auch in österreich die Gewinnerwartung einer Zahnarztpraxis ausschlaggebend. Man kann auch sagen, dass sich der Praxiswert aus der Ertragskraft der bestehenden Praxis und der Chance des Nachfolgers, diese Ertragskraft zu erhalten beziehungsweise zu vermehren, zusammensetzt. Der Kassenvertrag ist auch in Österreich an sich wertlos und nicht übertragbar. Für die Bewertung einer Kassenpraxis gibt es sogenannte Praktikermethoden, die sich ausschliesslich am Gesamtumsatz aus der ärztlichen Tätigkeit orientieren. Aktuell wird zur Berechnung des Praxiswertes circa ein Viertel bis ein Drittel des Jahresumsatzes zuzüglich des Inventars empfohlen. Das Inventar ist mit dem Verkehrswert anzusetzen.

Fazit

In allen drei Ländern gibt es zwar unterschiedliche Methoden der Praxisbewertung. Gemein ist ihnen jedoch, dass der Substanzwert und der Goodwill in die Bewertung einfließen. Jede Methode hat Vor- und Nachteile, und den „richtigen“ Praxiswert gibt es nicht. Ein Veräußerer wird in aller Regel einen hohen Praxiswert anstreben, er muss dann aber auch mit einer höheren steuerlichen Belastung rechnen. Ein Erwerber will zwar eine gut eingeführte und ertragreiche Praxis erwerben, sie muss aber für ihn auch finanzierbar bleiben. Es kann daher sinnvoll sein, den Praxiswert nach mehreren Methoden zu berechnen, um so das Spektrum eines realistischen Wertes besser eingrenzen zu können. 

ETL ADVIMED Köln

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Quelle: Dental Tribune D-A-CH 3/2015

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