Personalmanagement 15.06.2018

Weil Vor-Gesetzte keinen Sinn machen



Weil Vor-Gesetzte keinen Sinn machen

Foto: GaudiLab - Shutterstock.com

Führungskräfte. Über sie wird viel geschrieben. Aber was muss eine Führungskraft in einem Dentallabor eigentlich wirklich leisten können? Eine gute Führungskraft muss sich in erster Linie selber führen können. Sie muss also wissen, wohin das führt, was sie tut, und warum sie es überhaupt tut. Sie muss auch wissen, wer sie wirklich ist. Das heißt also, eine gute Führungskraft ist immer selbstreflektiert. Ich gehe sogar einen Schritt weiter und sage: „Unreflektierte Führungskräfte sind der Tod jedes Dentallabors.“

Wenn ich selbst nicht weiß, wer ich wirklich bin, was ich will und was mein Sinn dahinter ist, kann ich keine anderen Menschen führen. Wohin auch? Ohne das bleibt eine Führungskraft einfach ein Vorgesetzter. Jemand, der anderen Menschen vorgesetzt wird, aber nicht führt, geschweige denn inspiriert. Eine Führungskraft (oder etwas cooler: ein Leader) hat den Fokus auf Menschen, inspiriert, motiviert und macht vor, was er von anderen erwartet. Er muss nicht alles besser machen können als seine Mitarbeiter. Aber er muss das Ziel und die nächsten Schritte kennen.

Kommunikation ist mehr als ein Monolog

Ein zweiter wichtiger Punkt für Führungskräfte in der Zahntechnik ist es, dass sie präsentieren und kommunizieren können. Leider denkt man bei diesem Punkt oft, dass eine Führungskraft das „automatisch“ kann. Das große Problem ist allerdings, dass die Ansprachen und  Vorträge die Zuhörer meist sofort ins Wachkoma katapultieren und die Kommunikation sich oft auf Monologe beschränkt. Kommunikation heißt nicht nur sprechen, sondern auch einfühlsam zuhören können. Besonders wichtig ist das beispielsweise bei Änderungen. Wird in einem Dentallabor z. B. ein neuer Keramikbrennofen eingeführt, führt das bei einigen Zahntechnikern zu Ansätzen von Freudentaumel. Bei anderen produziert diese Nachricht einfach nur Angst – weil sie unsicher sind, ob sie da noch mithalten können. Dass solche menschlichen Unterschiede erkannt werden, wird von einer guten Führungskraft verlangt. Ebenso natürlich, dass sie bereits im Vorfeld Neuerungen so gut vermitteln kann, dass diese auch möglichst alle Mitarbeiter mittragen.

Arbeits- und Lebenszeit nicht länger absitzen

Ein Dentallabor ist kein abstraktes „Gebilde“, vielmehr besteht es aus Menschen, die eine „Interessengemeinschaft“ bilden.  Alle haben das Ziel, für den Patienten etwas herzustellen, dem Zahnarzt etwas anzubieten sowie ihr Wissen und ihre Erfahrung bestmöglich weiterzugeben. Und die meisten möchten dabei Freude verspüren oder zumindest etwas Spaß haben. Klingt irgendwie logisch. Doch leider hat man das Gefühl, dass sich in gewissen zahntechnischen Labors Menschen ansammeln, die mit Frust, Unlust, Ärger und Sorgen ihre Lebenszeit „absitzen“ wollen. Warum fragt man sich nicht öfter, wie wir unsere Arbeitszeit mit möglichst viel Spaß und Befriedigung erleben können? Vielleicht ja, weil das nicht ins Bild der heutigen Führungskultur beziehungsweise in unsere Erfahrung von „Arbeit“ passt. Manche Labors wollen nach außen „cool“ erscheinen. Wenn möglich mindestens so cool wie Google. Doch nur weil man sich einen Pingpongtisch, eine Rutschbahn und eine Kühltonne mit Energydrinks ins Labor stellt, wird aus einem trägen Labor noch lange nicht Google. Es ergibt nur ein träges Labor mit Rutschbahn, Pingpongtisch und Energydrinks.

Verändern? Das sollen sich mal lieber alle anderen!

Führungskräfte lancieren gerne Change-Projekte, bei denen Abläufe und Verhaltensweisen geändert werden sollen. Was aber die Mitarbeiter ganz genau beobachten, ist, inwieweit Führungskräfte dazu bereit sind, sich selber zu verändern. Eigentlich ist ja der Unterschied zwischen Mitarbeitern und Führungskräften gar nicht so groß. Denn alle Menschen in einem Dentallabor wünschen sich meistens das Gleiche: Sicherheit, Fairness, Wertschätzung, Klarheit, Orientierung und Sinn. Natürlich kommen hier noch individuelle Wünsche dazu, aber die Grundbausteine sind erfahrungsgemäß identisch. Auch das scheint logisch. Und ist es doch wieder nicht!

Jeder trägt für sich selbst Verantwortung

Denn oft wissen die Mitarbeiter nicht, wohin das Labor wirklich will (und schon gar nicht, warum man dorthin will). Ist also die Führungskraft „schuld“, wenn der Mitarbeiter nicht motiviert ist? Er trägt vielleicht eine Mitschuld. Die Hauptschuld (wenn man überhaupt von Schuld sprechen darf) trägt jeder Mitarbeiter selber. Jeder, der unglücklich mit seiner Arbeit ist, trägt die volle Verantwortung dafür! Und Mitarbeiter, die eigentlich keinen Spaß haben an dem, was sie tun, schaden dem Labor. Man darf also sagen, dass es höchste Zeit wird, dass jeder – ob Inhaber, Führungskraft oder Mitarbeiter – mehr darüber nachdenken sollte, ob einem das, was man da täglich acht bis 14 Stunden tut, wirklich Spaß macht. Und wenn nicht, was man an diesem Umstand sehr schnell ändern kann. Und ja: Man kann immer etwas ändern!

Mut zur Veränderung stärkt alle Beteiligten

Inhaber können gemeinsam mit ihren Führungskräften im Dentallabor in kürzester Zeit sogar sehr viel verändern. Auch wenn dann die Mitarbeiter in den verschiedenen Bereichen im ersten Moment oft komisch schauen … Chefs und Führungskräfte können sofort beginnen, anders zu kommunizieren, anders zu führen. Und Mitarbeiter im Dentallabor können bewusster wahrnehmen, was ihnen an ihrer Arbeit Spaß macht und was eben nicht. Und daran arbeiten, alles ins Positive zu verändern. Sollte das – durch Widerstände – nicht funktionieren, bleibt immer noch die Möglichkeit, das Labor zu verlassen. Genau diese Option wird von vielen Menschen aber als „mühsam“ empfunden. Doch Hand aufs Herz (und Hirn): Ist es nicht unglaublich (viel) mühsam(er), die beschränkte Lebenszeit mit etwas zu verbringen, das einem absolut keinen Spaß macht oder das in einem Umfeld passiert, welches absolut nicht inspirierend, aufbauend und wertschätzend ist? Dabei sollte man nicht vergessen: Wir haben auf dieser Erde nur rund 30.000   Tage zu leben. Statistisch gesehen. Davon sind wir ungefähr 13.000 Tage am Arbeiten. Und, wenn wir die Sonntage hinzuzählen, an denen viele Menschen denken: „Mist, morgen ist wieder Montag“, kommen nochmals etwa 1.750 Tage dazu, an denen wir uns (wegen der Arbeit) nicht gut fühlen.

Mit Entwicklungen richtig umgehen lernen

Ja, wir brauchen ein Change-Projekt. „Coole“ Firmen wie Google haben das schon länger erkannt. Diese bieten ihren Mitarbeitern ein internes Programm an, das sich u. a. mit Achtsamkeit, emotionaler Intelligenz, Selbstwahrnehmung und Selbst- vertrauen befasst. Für unsere heutige Zeit und deren Herausforderungen das perfekte Mittel. Garantiert wirksamer als nichtssagende Leitbilder, vor sich hin staubende Pingpongtische und überzuckerte Energydrinks. Der Wandel heißt nicht Digitalisierung 4.0. Der Wandel besteht darin, dass wir uns so weit verändern, dass wir mit diesen Entwicklungen richtig umgehen können. Dies bedingt selbsreflektierte Chefs, Führungskräfte und Mitarbeiter im Dentallabor. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Dieser Beitrag ist in der ZT Zahntechnik Zeitung 6/18 erschienen.

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