Praxishygiene 24.06.2013

Leistungsvalidierung von Dampfkleinsterilisatoren



Leistungsvalidierung von Dampfkleinsterilisatoren

Foto: © Dr. Bernhard Drüen

Zur Sicherstellung ordnungsgemäß ablaufender Sterilisationsprozesse ist es erforderlich den Prozessablauf von Sterilisatoren physikalisch zu kontrollieren. Jährliche biologische Ergebniskontrollen mit Sporen sind nur dann zusätzlich notwendig, wenn in kritischen Medizinprodukten z.B. aus baulichen Gründen physikalisch nicht gemessen werden kann. Andernfalls bringen sie keinen weiteren Sicherheitsgewinn, solange ein Sterilisator gemäß seiner Validierungsvorgaben die geforderten Leistungsdaten erbringt.

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich rein auf die Leistungsqualifizierung von Dampfkleinsterilisatoren insbesondere in Arzt- und Zahnarztpraxen, die nach Inbetriebnahme eines Gerätes in regelmäßigen Zeitabständen durchzuführen ist. Dies erfolgt nach Absolvierung von Installationsqualifizierung und Organisationsqualifizierung. Wegen der Vielfalt der benutzen Vokabeln mit teils doppelter Benennung eines Vorganges seien zunächst die wesentlichen Begriffe aufgeführt.

Validieren

Gemäß MPBetreibV1, aber auch nach der RKI-Richtlinie2, DIN-Normen und Herstellervorgaben sind die Prozesse der Sterilisatoren regelmäßig, in der Regel jährlich oder alle 4.000 Chargen, zu validieren (Vornorm DIN V 58929) und damit auf einen ordnungsgemäßen Betriebs­ablauf zu überprüfen. Gemäß Definition der DIN V 58929, analog definiert in der DIN 17665, ist „Validieren ein dokumentiertes Verfahren zum Erbringen, Aufzeichnen und Interpretieren der Ereignisse, die benötigt werden, um zu zeigen, dass ein Verfahren beständig Produkte liefert, die den vorgegebenen Spezifikationen entsprechen“ (ISO/TS111 39:2006, 2.56). Die vorgegebenen Spezifikationen sind die der Prozessabläufe der Sterilisation. Klare Vorgaben zur Durchführung der Validierung fehlen jedoch in der DIN 17665. Allerdings wurde mit der DIN V 58929 bereits ein wesentlicher Schritt zu einer klärenden Vorgabe für Praxisinhaber wie auch für kontrollierende Behörden geschaffen, die physikalische Messungen zur Überwachung des Verfahrens und dessen Spezifikationen eindeutig vorgibt. Die Validierung besteht aus drei Abschnitten.

1. IQ = Installationsqualifizierung
Nach der Herstellung eines Gerätes wird durch die Herstellerfirma eine Abnahmebeurteilung vorgenommen. Es wird dokumentiert, dass die Prozessabläufe des Gerätes den u.a. in der DIN 17665 für Sterilität vorgegebenen Werten (Temperatur, Druck, Zeitablauf, Wasserqualität, Restfeuchte usw.) entsprechen.

2. OQ = Organisationsqualifizierung
Nach Aufstellung am Ort des Nutzers, hier einer Arzt- oder Zahnarztpraxis, wird nochmals geprüft, ob die Werte der IQ fortführend eingehalten werden. Für Geräte, die werksseitig vollständig zusammengebaut wurden, kann die OQ vereinfacht durchgeführt werden.

3. PQ = Leistungsqualifizierung
Nach Inbetriebnahme eines Sterilisators ist in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die in der IQ und OQ festgelegten Spezifikationen des Herstellers fortführend vorhanden sind. Abnutzung, Abweichung der Messfühler vom Soll oder andere Gerätefehler können zu einer unzureichenden Sterilisation führen. Dabei sind redundant aufgebaute Geräte, also solche mit doppelt ausgeführten Messfühlern, die sich gegenseitig überwachen, deutlich sicherer als nicht redundante. Während sich Praxisinhaber in aller Regel um die IQ und OQ nicht kümmern müssen, da diese als Dienstleistung mit einem neuen Gerät verkauft werden, haben sie die PQ in regelmäßigen Abständen zu beauftragen oder bei fachlicher Eignung und unter Voraussetzung der notwendigen Gerätetechnik selbst durchzuführen. Problematisch sind Altgeräte ohne durchgeführte IQ und OQ, für die es keine Bezugswerte gibt, auf die sich die PQ beziehen kann. Eventuell muss man sich an vergleichbaren Geräten und definierten Beladungen orientieren. Um Altgeräte weiter betreiben zu können, sind für die PQ Verfahrensanweisungen mit den Herstellern zu erarbeiten.


Das Ziel der Dampfsterilisation ist ein steriles Medizinprodukt.

Leistungsqualifizierung (PQ)

Für die PQ werden derzeit Datenlogger benutzt,3 mit denen die im Gerät eingebauten Messfühler für die physikalischen Parameter Druck und Temperatur kontrolliert werden und der Prozessablauf in einem Testlauf überwacht wird. Der Test ist bestanden und das Gerät arbeitet gemäß seiner vorgegebenen Spezifikation, wenn die Messfühler im vorgegebenen Toleranzbereich arbeiten, der zeitliche Ablauf für Druck und Temperatur stimmt und auch weitere Bedingungen, wie z.B. Wasserqualität, Restfeuchte und Beladungsmuster, erfüllt sind. Soweit zu sterilisierende Medizinprodukte nicht ausreichend durch Erfassen von Druck und Temperatur abgebildet werden, sind zusätzlich zu den physikalischen Messungen biologische Tests vorzunehmen. Das ist z.B. dort der Fall, wo Messfühler nicht in enge Lumina (u.a. Hand- und Winkelstücke in Zahnarztpraxen) eingebracht werden können. Biologische Tests sind dabei kein Ersatz für die physikalische Erfassung der Prozessdaten.

Prozessüberwachung (physikalische Messung)

Die Spezifikationen eines Sterilisators beziehen sich neben dem Beladungsmuster laut Herstellervorgaben insbesondere auf dessen Druck- und Temperaturverlauf, nicht aber auf das Ergebnis „steriles Medizinprodukt“. Dieses Ziel wird erreicht, wenn die Spezifikationen des Herstellers eingehalten werden. Prozessvalidierung bedeutet also eine Überwachung des Weges zum sterilen Medizinprodukt mittels physikalischer Messung von Druck und Temperatur über der Zeit sowie weiterer Parameter wie Restfeuchte und Wasserqualität.

Ergebniskontrolle (biologischer Test)

Solange physikalische Messungen sicherstellen, dass Dampf auf alle zu sterilisierenden Flächen gelangt, erübrigt sich eine Ergebniskontrolle. Ist dies nicht sicher gewährleistet, was z.B. bei engen Lumina der Fall sein kann, und existieren keine vergleichbaren Modelle mit bestückten Messfühlern, bietet sich zusätzlich zu physikalischen Messungen eine biologische Ergebniskontrolle der ordnungsgemäßen Funktion des Sterilisators an. Biologische Tests erübrigen sich, wenn seitens des Herstellers eines Sterilisators oder eines zu sterilisierenden Gerätes nachgewiesen wur­de, dass bei Einsatz eines Sterilisationsprogramms, z.B. Typ B-Sterilisator mit 134°C bei 10 Minuten Haltezeit, eine ausreichende Dampfeinwirkung gegeben ist.

Steriles Medizinprodukt

In der Norm EN 556 wird Sterilität mit dem Begriff SAL 10-6 (sterility assurance level) definiert. Er bedeutet: „Ein Gegenstand kann dann als steril angesehen werden, wenn der theoretische Wert von nicht mehr als einem lebenden Mikroorganismus in 106 (1 Million) sterilisierten Einheiten des Endproduktes vorhanden ist.“ Um dieses Ziel zu erreichen, gehören zur Sterilisation der gesamte Aufbereitungsprozess einschließlich Reinigung und Desinfektion sowie das gesamte organisatorische Umfeld, welches für die vorliegende Fragestellung je­doch nicht weiter abzuhandeln ist.

Dampfsterilisation

Zum Verständnis der Dampfsterilisation, auf die sich diese Ausführungen beziehen, sei der Vorgang der Dampfwirkung kurz dargestellt: Erhitzt man Dampf bis zum Siedepunkt, nimmt ein Gramm Wasser Energie von einer Kalorie je °C auf (exakt müsste es heißen °Kelvin). Erhitzt man Wasser ab Siedepunkt (100°C) weiter, wird der entstehende Dampf überhitzt und der Energieinhalt je Gramm Wasser steigt bei zunächst gleichbleibender Temperatur von 100°C um 638 Kalorien. Anschließend wird zur Sicherstellung des vollen Energieinhaltes des Dampfes je nach Sterilisationsprogramm weiter auf 121°C oder 134°C überhitzt, sodass dann eine zusätzliche Energie von weiteren einer Kalorie je °C vorliegt. Bestimmend für die Sterilisationswirkung des Dampfes sind die auf den zu sterilisierenden Flächen frei werdenden 638 Kalorien, durch die Proteinstrukturen zerstört und damit Keime abgetötet werden. Deshalb ist es wesentlich, dass alle Flächen vom Dampf erreicht werden. Würden diese nur heiß, hätte man die Wirkung eines Heißluftsterilisators, für den völlig andere Bedingungen gelten. Die sterilisierende Wirkung des heißen Dampfes tritt sehr schnell innerhalb weniger Minuten oder, je nach Temperatur, sogar in weniger als einer Minute ein. Damit aber alle Keime sicher gemäß SAL-Definition abgetötet werden, lässt man den heißen Dampf länger als erforderlich einwirken, woraus sich die Haltezeit ergibt. Es wurde in vielen Studien mit vielen Ergebniskontrollen belegt, dass bei der Einhaltung von vorgegebenen Spezifikationen für Druck, Temperatur und Zeit eine Sterilisation eintritt, was in einer Norm festgeschrieben wurde (DIN EN ISO 17665-1). Zu prüfen ist also der Prozess als solcher, nicht das Ergebnis.


Wirkungsweise der Dampfsterilisation (zur Vollansicht).

Diskussion

Die Forderung nach Validierung von Prozessen der Sterilisatoren im laufenden Betrieb (PQ) besteht seit Jahren. Sie ist notwendig, da durch mögliche Fehler im Gerät ein auf Dauer sicherer Betrieb nicht gewährleistet ist. Daher ist in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob ein Sterilisator noch gemäß seiner Vorgaben arbeitet, also Druck und Temperatur wie vorgegeben aufgebaut werden. In jüngster Zeit wird diskutiert, ob es zum Nachweis eines ordnungsgemäßen Betriebes eines Sterilisators nicht genügt, auf physikalische Messungen zu verzichten und stattdessen eine reine Ergebnisprüfung mittels biologischer Proben vorzunehmen.4,5 Dass diese allein zur Sicherstellung ausreichender Sterilisation jedoch nicht genügt, sei nachfolgend aufgezeigt.

1. Nach DIN EN 17665 und der DIN V 58929 für Kleinsterilisatoren wird die physikalische Messung zur Validierung vorgegeben, was auch logisch ist, da die Sterilisation durch Dampf erfolgt. Also muss die Dampfqualität entsprechend geprüft werden, was nur physikalisch möglich ist. Es gibt weder genormte anderweitige Prüfverfahren, die physika­lische Messungen ersetzen könnten, noch ist ersichtlich, dass diese notwendig sind, da die bisherige Validierungspraxis einen sicheren Betrieb garantiert.

2. Man kann nur dann von einem ordnungsgemäßen Betrieb eines Sterilisators aus­gehen, wenn dessen Funktion auch bestimmungsgemäß abläuft und dessen Spezifi­kationen eingehalten werden. Beliebigkeit des Prozessablaufes bewirkt letztlich auch Beliebigkeit des Ergebnisses. Deshalb kommt man um die regelmäßige Überprüfung der physikalischen Parameter Druck und Temperatur nicht umhin.

3. Es gibt nahezu keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Einwirkung von Dampf zur Sterilisation. Läuft ein Prozess bestimmungsgemäß ab, ergeben sich gemäß DIN sterile Medizinprodukte. Folglich kann auf eine zusätzliche Validierung durch Ergebniskontrolle mittels biologischer Sporen bei Kleinsterilisatoren verzichtet werden, solange der Dampf alle Flächen erreicht. Biologische Tests bleiben Sonderfällen vorbehalten, die es zu definieren gilt.

4. Auch der Plazierungsort der Messfühler, sowohl der biologischen als auch der phy­sikalischen, spielt eine Rolle. Miorini führt dazu aus: „Bioindikatoren können jedoch nur am Plazierungsort einen Rückschluss auf die Einhaltung aller Prozessbedingungen geben. Somit haben Bioindikatoren nur dann Beweiskraft, wenn sie nicht abgetötet werden. Der Umkehrschluss, dass bei abgetöteten Bioindikatoren der Sterilisationsprozess an allen Stellen der Kammer erfolgreich war, ist lediglich eine Vermutung. Sie trifft nur dann zu, wenn die definierten Prozessbedingungen, z.B. eine Sterilisiertemperatur von mindestens 121°C bei einer Haltezeit von 15 Minuten oder eine Temperatur von 134°C bei einer Haltezeit von 3 Minuten, jeweils bei Vorhandensein von gesättigtem Wasserdampf, eingehalten werden.“6

5. Wird nur biologisch gemessen, bleiben Wasserqualität und Trocknung unberücksichtigt. Beide sind aber entscheidend für eine qualitativ ausreichende Sterilisation. Biologische Messsysteme sind zudem variabler als physikalische. Auch Anzucht- und Laborbedingungen stellen Probleme der Variabilität dar.

6. Leistungsbeurteilung (PQ) bedeutet Vergleich der Ergebnisse eines Verfahrens mit vorgegebenen Spezifikationen. Diese wurden für Dampfsterilisatoren in der IQ und OQ u.a. physikalisch festgelegt. Ein Validierungsverfahren mit rein biologischen Tests hingegen prüft nicht die Spezifikation eines Gerätes. Ein positives steriles Ergebnis mit Sporen bleibt damit ein Zufallsprodukt, je nachdem, ob der Prozess ordnungsgemäß ablief oder nicht.

7. Sterilität ist kein Bezugswert. Sie ist das Ziel, nicht der Weg dahin. Wie wollte man das Ziel SAL 10-6 im praktischen Betrieb mit nur einem Prozessdurchlauf nachweisen? Nur der Weg dahin kann mit entsprechenden Grenzwertabweichungen für Druck- und Temperatur validiert werden.

8. Um sterile Ergebnisse sicher zu erhalten, ist zu den Mindestbedingungen der Keimabtötung ein Sicherheitszuschlag zu geben. Sterile Produkte werden schon nach kurzer Zeit, oft schon nach wenigen Minuten, erreicht. Damit aber alle Keime sicher abgetötet werden, muss der Dampf länger als die Mindestzeit einwirken. Der bloße Nachweis abgetöteter Sporen berücksichtigt keinen Sicherheitszuschlag. Keime könnten auch gerade soeben abgetötet worden sein.

Die physikalische Leistungsbeurteilung von Kleinsterilisatoren ist ausreichend exakt über Jahrzehnte erprobt, einfach, praktikabel und normgerecht. Die Vorteile einer nicht genormten biologischen Ergebnisvalidierung, u.a. auch finanzielle, sind hingegen nicht zweifelsfrei ersichtlich. Ist das System Dampfsterilisation suffizient, ist bei einem ordnungsgemäß ablaufenden Prozess eines Sterilisators das Ergebnis korrekt und das Medizinprodukt steril. Zweifelt man jedoch die Richtigkeit dieses jahrzehntelang durchgeführten Sterilisationsverfahrens an, muss es unter Zugrundelegung neuer Erkenntnisse wissenschaftlich neu überprüft werden.

Verwendete Literatur finden Sie hier.

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