Praxismanagement 25.11.2022

Die betriebswirtschaftliche Auswertung: Lesen und Verstehen



Die betriebswirtschaftliche Auswertung: Lesen und Verstehen

Foto: lovelyday12 – stock.adobe.com

Praxisinhaber erhalten regelmäßig betriebswirtschaftliche Auswertungen (kurz BWAs) von ihrem Steuerberater. Diese Auswertungen enthalten zahlreiche Informationen, welche ihnen helfen können, ihre Praxis zu steuern. Der nachfolgende Beitrag soll dabei unterstützen, die in der BWA enthaltenen Informationen zu nutzen. Gleichzeitig wird aufgezeigt, wo die Grenzen der Aussagekraft einer BWA liegen.

Auf Basis der Finanzbuchhaltung erstellt Ihr Steuerberater in der Regel monatlich eine BWA. Hierfür erfasst sie bzw. er die im betrachteten Zeitraum zugeflossenen Praxiseinnahmen und abgeflossenen Praxisausgaben und ermittelt somit den Gewinn für die Periode. Neben der monatlichen Betrachtung werden die Zahlen Ihrer Praxis auch kumuliert für das laufende Geschäftsjahr dargestellt. Außerdem können Einnahmen, Ausgaben und der Gewinn der aktuellen Periode mit denen der Vorjahreszeiträume verglichen werden.

Einnahmen und Ausgaben in der BWA

In der Regel wird für Zahnarztpraxen eine sogenannte Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellt. Hierbei werden nur die tatsächlich zugeflossenen Einnahmen, unabhängig vom Zeitpunkt der Leistungserbringung, erfasst. Idealerweise werden die Einnahmen der KZV, aus Privatliquidation und Zuzahlungen, des gegebenenfalls vorhandenen Eigenlabors sowie sonstige Einnahmen (Gutachten, ästhetische Leistungen, Prophylaxeshop et cetera) separat ausgewiesen. Die Erfassung der Einnahmen nach dem Zuflussprinzip kann insbesondere bei den KZV-Einnahmen zu erheblichen Differenzen zu den tatsächlich erbrachten Leistungen führen, da die KZVen nur monatliche Abschläge auszahlen und die endgültige Abrechnung erst drei bis vier Monate nach Quartalsabschluss erfolgt. Daher kann es besonders bei Übernahme/Gründung einer Praxis in der BWA zu verzerrten Ergebnissen kommen.

In den Praxisausgaben sind alle im entsprechenden Zeitraum abgeflossenen Ausgaben zu erfassen. Dies sind beispielsweise Personalkosten, der Einkauf von Praxismaterial, Fremdlabor- und Raumkosten.

Abschreibungen bilden eine Ausnahme vom Zufluss- und Abflussprinzip. Investitionen in Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten über 800 Euro netto liegen und welche über mehrere Jahre genutzt werden, dürfen nicht im Zeitpunkt der Anschaffung in voller Höhe als Ausgabe erfasst werden, sondern sind über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts zu verteilen. Dies bedeutet, dass, obwohl die Liquidität bereits abgeflossen ist, die Gewinnminderung und somit die steuerliche Auswirkung erst im Laufe der Nutzungsdauer eintritt. Die Nutzungsdauer ergibt sich aus von der Finanzverwaltung veröffentlichten Tabellen.

Die Tilgung von Darlehen ist, obwohl diese einen Liquiditätsabfluss darstellen, keine Praxisausgabe. Genauso sind Steuerzahlungen und Ausgaben, die Ihren Privatbereich betreffen, nicht in den Praxisausgaben der BWA enthalten. Trotzdem können Sie diese Informationen Ihrer BWA entnehmen. Diese Zahlungsflüsse sind als Zusatzinformationen zur BWA im Bereich der Liquiditätsentwicklung dargestellt. Behalten Sie mithilfe Ihres Beraters den Überblick über Ihren Geldfluss.

Was können Sie aus der BWA lesen?

Die BWA bietet Ihnen durch den Vergleich mit den Vorjahresperioden die Möglichkeit, die Entwicklung Ihrer Praxis zu beobachten. So können Sie beispielsweise nachvollziehen, ob sich Maßnahmen zur Steigerung des Privatanteils langfristig in der Zusammensetzung Ihrer Praxiseinnahmen niederschlagen.

Die Zusammensetzung der Ausgaben Ihrer Praxis wird in der BWA detailliert dargestellt. Die Analyse Ihrer Kostenstruktur kann Ihnen helfen, eventuelle Schwachstellen der Praxis zu identifizieren. Hierbei ist ein Vergleich mit Branchenwerten hilfreich. Spezialisierte Steuerberater stellen ihren Mandanten entsprechende Vergleichswerte zur Verfügung und helfen, diese zu interpretieren.

Die BWA dient auch dazu, die Entwicklung Ihrer Praxisausgaben im Auge zu behalten. Durch den Jahresvergleich, also der Aufstellung aller vergangenen Monate nebeneinander, fallen Kostensteigerungen in einzelnen Bereichen sofort auf und gegebenenfalls können Maßnahmen zur Gegensteuerung zeitnah ergriffen werden.

Gerade bei Praxisübernahmen, Neugründungen oder außerordentlichen Investitionen (z. B. Praxisumzug) empfiehlt sich die Erstellung eines Finanz-Businessplans. Bestandteil dieser Planung ist auch immer eine Ertrags- und Liquiditätsvorschau. Die BWA sollte in solchen Fällen immer mit den Planzahlen abgeglichen werden, um bei Abweichungen schnell reagieren zu können.

Grenzen der BWA

In der BWA werden lediglich tatsächliche Zahlungsflüsse erfasst. Es sind daher keine Aussagen über offene Forderungen, also noch zu erwartende Zahlungszuflüsse, enthalten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten, d. h. ausstehende Zahlungen. Für eine detaillierte Liquiditätsplanung sind die Informationen der BWA nicht ausreichend und müssen dahingehend um weitere Informationen, wie z. B. aus der Praxissoftware, ergänzt werden.

Die BWA ist immer eine Vergangenheitsbetrachtung. Daher sollte eine Erstellung zeitnah nach Abschluss der Periode erfolgen, um geeignete Maßnahmen rechtzeitig ergreifen zu können. Umsatzsteigerungen, aber auch plötzliche Einbrüche bei den Praxiseinnahmen, z. B. durch Ausfall eines Behandlers oder die Coronapandemie, zeigen sich nicht sofort in den Zahlen der BWA, sondern erst mit einiger zeitlicher Verzögerung.

Insbesondere für größere Gemeinschaftspraxen sind zusätzliche Auswertungen, wie z. B. eine Kapitalkontenentwicklung oder Profit-Center-Rechnungen, notwendig. Auch für diese Auswertungen ist die Finanzbuchhaltung des Steuerberaters stets die Grundlage.

Fazit

Die BWA ist ein hilfreiches Instrument, um Ihre Praxis zu steuern und auf Veränderungen rechtzeitig zu reagieren. Trotzdem ist die Aussagekraft begrenzt, weshalb es notwendig ist, andere Kennzahlen im Auge zu behalten. Auf welche Kennzahlen Sie außerhalb der BWA achten sollten, erläutern wir Ihnen in der nächsten Ausgabe der ZWP.

Question & Answer – Lernen Sie unsere Autoren kennen!

Herr Nehlsen, können Sie bitte Ihre Tätigkeits- und Arbeitsbereiche kurz vorstellen?

Mein Tätigkeitsbereich umfasst die steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Beratung von Zahnmedizinern. Angefangen bei Medizin- studierenden, rein in die Niederlassung, laufend im Berufsleben und am Ende auch bei der erfolgreichen Praxisveräußerung.

Inwieweit beraten Sie Zahnmediziner bei ihrer Arbeit und worin liegen Ihre Beratungsakzente?

Die Grundlage unserer Beratungsansätze bildet eine Finanzbuchhaltung, die auf die Bedürfnisse der Zahnmediziner angepasst ist. Unsere Zahlen werden verständlich und messbar aufbereitet, sodass wir in regelmäßigen Strategiegesprächen auf die betriebswirtschaftlichen Be- dürfnisse oder die gewünschten Entwicklungsbereiche eingehen können. Wir arbeiten mit einem breiten Netzwerk an Spezialisten für den zahnärztlichen Bereich zusammen.

Was treibt Sie in Ihrer täglichen Arbeit an?

Aufgrund unserer tiefen Spezialisierung können wir Zahnmediziner dabei unterstützen, erfolgreicher zu werden. Die Entwicklung und der Erfolg unserer Mandanten ist gleichzeitig mein Antrieb bei der täglichen Arbeit

Dieser Beitrag ist in der aktuellen ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

Mehr News aus Praxismanagement

ePaper