Praxismanagement 13.06.2023
Onboarding in der Zahnarztpraxis – ein Überblick
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Wer trotz Fachkräftemangel erfolgreich neues Personal für seine Praxis akquiriert hat, kann sich glücklich schätzen. Doch erst ein erfolgreiches Onboarding entscheidet darüber, ob sich die neuen Mitarbeiter zu wertvollen und loyalen Teammitgliedern entwickeln.
Onboarding stellt einen ganzheitlichen Prozess zur systematischen und zielgeleiteten Einarbeitung neuer Mitarbeiter dar. Neben der Praxisführung werden das Team sowie der neue Mitarbeiter eingebunden. Die Ziele von Onboarding sind vielfältig:
- Sichere und strukturierte Einarbeitung
- Motivation und Sicherheitsgefühl steigern
- Arbeitgebermarke stärken
- Langfristige Bindung, weniger Fluktuation
Der Onboarding-Prozess beginnt vor dem Start eines Mitarbeiters und besteht aus einem ganzen Bündel an Aktivitäten.
Besonderheiten in Zahnarztpraxen
Oft ähnelt die Einarbeitung in der Praxis einem Sprint, und nach ein bis zwei Monaten ist die oder der Neue dann fit und eingebunden. Oder doch nicht?
Ein erfolgreicher Onboarding-Prozess kann über mehrere Monate andauern; eine Orientierung bietet die typische Sechs-Monats-Frist der Probezeit. Überforderung und Unsicherheit bei neuen Mitarbeitern führen schnell zu Frust und innerer Kündigung. Damit die zeit- und kostenintensive Mitarbeitersuche nicht direkt von Neuem beginnt, bietet ein strukturierter Onboarding-Prozess Ansätze, es besser zu machen.
Onboarding praktisch gedacht
Zu den Kernaufgaben im Onboarding gehört das Kennenlernen von Standards und Abläufen in der Praxis. Zudem soll der Mitarbeiter das Gefühl vermittelt bekommen: Hier bin ich richtig. Dazu gehört die klare Kommunikation von Verantwortlichkeiten und Zielen, welche die anzutretende Stelle mit sich bringt. Auch die Praxiskultur spielt eine Rolle, um seinen Platz im Team zu finden. Daher müssen auch die in der Praxis gelebten Werte und Spielregeln klar kommuniziert werden.
Das Team optimal einbinden und Führungsqualität beweisen
Onboarding ist eine Führungsaufgabe. Der Praxisinhaber muss den Prozess aktiv anstoßen und begleiten. Damit aus neuen Kollegen Teammitglieder werden, gilt es, vonseiten der Praxisführung Unsicherheit oder Abwehrhaltung im Team entgegenzuwirken. Offene und zeitnahe Kommunikation über den Teamzuwachs steht im Vordergrund. Auch der Blick nach innen ist wichtig: Ist der Arbeitsplatz eingerichtet, sind die Aufgaben und Kompetenzen klar definiert? Vorhandene Ressourcen und Erfahrungen kann man nutzen, damit sich jeder im Team eingebunden und wahrgenommen fühlt. So trifft Onboarding auf Employer Branding.
Durch gemeinsame Aktivitäten sollten alle im Team profitieren und sich wertgeschätzt fühlen, z. B. bei einem gemeinsamen Pizza-Essen am ersten Tag des neuen Kollegen.
Tools für die drei Onboarding-Phasen
Onboarding-Prozesse orientieren sich an den drei Meilensteinen Vorbereitung, Start und Einarbeitung. Je nach Phase können verschiedene Maßnahmen auf der Agenda stehen.
Vor dem Start (Preboarding)
Es gilt, die Zeit zwischen Einstellung und Start zu nutzen, um in Kontakt zu bleiben. In größeren Praxisstrukturen lohnt sich die Organisation spezieller Onboarding-Events, z. B. in Form eines kleinen Empfangs in den Praxisräumen.
Auch organisatorisch gibt es in dieser Phase einiges vorzubereiten. Soweit noch nicht vorhanden, sollte in einer schriftlichen Arbeitsplatzbeschreibung genau fixiert werden, welche Aufgaben und Ziele der neue Mitarbeiter hat und wie sich die Stelle ins Organigramm der Praxis einfügt. Zuständigkeiten sind festzulegen, ebenso wie Vertretungsregelungen und Weisungsrechte. Zudem sind die Personalunterlagen auf Vollständigkeit zu prüfen (u. a. Arbeitsvertrag, Personalbogen, Mitgliedsbescheinigung, Impfnachweise und Zeugnisse). Zieht der Mitarbeiter um oder hat er einen längeren Arbeitsweg? Bieten Sie Unterstützung bei der Wohnungssuche und der Routenplanung an.
Für wichtige Informationen im Vorfeld eignet sich eine Onboarding-Mappe. Hier können (digital oder analog) kurze Informationen zum Praxisspektrum, Arbeitszeiten, Organisatorisches, regelmäßigen Terminen etc. einfließen. Auch ein Überblick über die ersten Tage mit Agenda und Stationen ist sinnvoll. Einblicke ins Team bieten Bilder der Mitarbeiter. Existiert eine WhatsApp-Gruppe oder ein Gruppenchat für die Praxis? Dann kann das neue Teammitglied schon vor dem ersten Arbeitstag eingeladen werden.
Zur Vorbereitung des Arbeitsplatzes gehört die Erstellung von Zugangsdaten und Kennwörtern (z. B. für Praxisverwaltungssoftware und Zeiterfassung) sowie die Vorbereitung eines Namensschilds. Auch passende Kasacks müssen rechtzeitig bestellt werden.
Den ersten Tag fest im Timer einplanen und alle Praxisbereiche im Vorfeld an den Start erinnern. Wenn möglich, Zeit für eine persönliche Vorstellungsrunde einplanen. Eine gemeinsame Pausenaktivität kann helfen, das Eis zu brechen. Wichtige Checklisten und Unterweisungsvorlagen sollten pünktlich und vollständig am Eintrittstag bereitliegen. Gemeinsam mit erfahrenen Teammitgliedern kann ein Einarbeitungsplan erstellt und mit den betroffenen Praxisbereichen abgestimmt werden. Dort werden auch Zuständigkeiten und Meilensteine für die einzelnen Phasen und Bereiche des Onboardings festgehalten.
Die ersten Tage (Orientierung)
Ein kleiner Willkommensgruß schafft einen guten ersten Eindruck. Feste Ansprechpartner, die den Neuzugang in der Orientierungsphase begleiten, sind idealerweise zur Begrüßung mit vor Ort. Auch der Praxisinhaber sollte sich für ein herzliches Willkommen und ein paar Worte zur Praxis Zeit nehmen. Ein vorbereiteter und startbereiter Arbeitsplatz ist selbstverständlich. Soweit nicht bereits geschehen, kann eine Infomappe oder ein Willkommensschreiben am Arbeitsplatz hinterlegt werden. Alle wichtigen Infos sollten gebündelt und übersichtlich ausgearbeitet sein. Eine Agenda über die ersten Tage inkl. Startzeiten und Treffpunkten für die Einarbeitung gibt Orientierung.
Einarbeitungsphase (Integration)
Um die Einarbeitungsphase zu strukturieren, empfiehlt sich die Vereinbarung von Zielen bezogen auf den Einarbeitungsprozess. Dies kann z. B. die selbstständige Behandlungsdokumentation nach vier Monaten sein. So ergibt sich ein Erfolgspfad mit verschiedenen Etappenzielen. Dabei klein anfangen und das Aufgabengebiet schrittweise erweitern, um Überforderung zu vermeiden. Verantwortung für einzelne Bereiche kann mit der Erreichung der gesteckten Etappenziele ebenfalls schrittweise übertragen werden.
Regelmäßige Feedbackgespräche im Abstand von ca. vier Wochen sowie vor Ende der Probezeit helfen beiden Seiten, zu resümieren: Wie war die Einarbeitung bisher, was lief gut und was schlecht? Haben sich neue Inputs ergeben? Es erfolgt ein Abgleich zwischen den Erwartungen von Praxisinhaber und neuem Mitarbeiter, bezogen auf die Arbeitsinhalte, die Integration ins Team, aber auch den Onboarding-Prozess als solchen. Schulungen können helfen, Qualifizierungsdefizite aufzuholen. Für praxisspezifische Bereiche (z. B. Software) bieten sich kurze Trainingseinheiten mit einem praxisinternen Spezialisten an.
Das Onboarding-Handbuch Endodontie
Alle Maßnahmen und Dokumente zum Onboarding bilden die Basis für ein praxisindividuelles Onboarding-Handbuch. Der Vorteil: Vorhandene QM-Inhalte wie Organigramm, Checklisten oder Verantwortungsmatrix können direkt genutzt werden. Das Onboarding-Handbuch zeigt neuen Teammitgliedern, welche Maßstäbe und Anforderungen in der Praxis an die Behandlung und Kommunikation gestellt werden und wie man sich als Gemeinschaft sieht. Die Besonderheiten der endodontischen Schwerpunktpraxis sollten sich in den Onboarding-Prozessen und im Einarbeitungsablauf widerspiegeln:
- Termingestaltung
- Spezialinstrumentarium
- Effiziente Behandlungsvor- und -nachbereitung
- Hygieneanforderungen, insbesondere Aufbereitung von semikritisch und kritisch B
- Anforderungen an die Assistenz bei Arbeiten unter Dentalmikroskop/mit Lupenbrille
Dieser Artikel ist unter dem Originaltitel: „Onboarding – ein Überblick“ in dem EJ Endodontie Journal 02/2023 erschienen.