Praxismanagement 14.03.2011
Parodontologie: Ein Konzept mit Zukunft
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An Gesundheit knüpft sich Erfolg im Privat-, Freizeit- wie
auch im Arbeitsleben. In diesem entstandenen Gesundheitsmarkt verschmelzen
neben der Gesundheit auch Lebensqualität, Schönheit und Lifestyle
miteinander. Im Dienste der eigenen Gesundheit kümmern sich die Menschen zunehmend
um ihr attraktives Aussehen. Denn: Wer an seinem Aussehen arbeitet und damit
sein persönliches Wohlgefühl steigert, tut gleichzeitig auch etwas für
seine Gesundheit.
Ein jugendlich attraktives Aussehen gilt heutzutage als
Symbol für sozialen Erfolg. Weshalb ein perfektes Aussehen scheinbar
immer wichtiger wird, liegt Soziologen zufolge an der
Individualisierung unserer Gesellschaft. Das Konzept der langjährigen und
traditionellen Bindung löst sich zusehends auf – nur selten halten Partnerschaften
ein Leben lang; mit der Konsequenz, dass Partnersuche für viele
Menschen im mittleren und höheren Alter noch eine Rolle spielt. Männer und
Frauen rechnen sich bessere Chancen aus, wenn sie der Natur da ein wenig nachhelfen.
So zeigen Studien aus den USA, dass die Partnersuche etwa zur
Entscheidung, eine Schönheits-OP durchzuführen, beitragen kann. Der wahrscheinlich
wichtigste Faktor bleiben die Medien. Schöne Menschen strahlen uns
mit makellosem Lächeln von den Titelseiten großer Zeitschriften und
aus der bunten Werbevielfalt an. Die dargestellte ästhetische Fiktion wird zum
realen Wunsch.
Auf dem Vormarsch
Gesunde und schöne Zähne also wohin man schaut? Die IV. Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV) zeigt auf, dass Karies bei Kindern und Erwachsenen unter 65 Jahren auf dem Rückzug ist. Und Parodontalerkrankungen auf dem Vormarsch sind. „Unter den Erwachsenen (35–44 Jahren) leiden 52,7 Prozent unter mittelschweren und 20,5 Prozent unter schweren Formen der Parodontitis. Bei den Senioren sind 48,0 Prozent von einer mittelschweren und 39,8 Prozent von einer schweren Erkrankung betroffen.“ Die DMS IV belegt weiter „mittelschwere und schwere Parodontalerkrankungen haben bei Erwachsenen und Senioren seit der letzten Erhebung 1997 um 26,9 Prozentpunkte bzw. 23,7 Prozentpunkte zugenommen.“ Gut zu wissen ist auch: – In unserer älter werdenden Gesellschaft behalten die Menschen ihre eigenen Zähne immer länger. – Die „Zielgruppe“ für Parodontitis ist groß. Rund 23 Millionen Menschen zwischen 35 und 74 weisen eine behandlungsbedürftige Parodontitis auf. – Nach dem 45. Lebensjahr ist Parodontitis die Hauptursache für Zahnverlust! – Schwere Formen der Parodontitis kommen bei Männern häufiger vor als bei Frauen. – Parodontitis ist ansteckend, deshalb sollten Partner ebenfalls angesprochen werden.
Überlegungen
Eine Praxis holt sich mit der Parodontologie ein zukunftsorientiertes Konzept mit Wachstumspotenzial ins Haus. Für die Umsetzung in der Praxis und die Aufklärung bzw. Sensibilisierung von Stammpatienten und potenziellen Patienten gibt es verschiedene marketingtechnische Ansätze.
1. Zielgruppen und
Motive
Für ein strategisch aufgerichtetes Marketing gilt der erste Blick den potenziellen Zielgruppen. Diese lassen sich in primäre und sekundäre Zielgruppen aufteilen. Unter primären Zielgruppen sind alle Patienten gemeint, die unmittelbar für die PA-Therapie infrage kommen: Menschen zwischen 35 und 44 Jahren sind gewissermaßen der Kern einer Zielgruppe für Parodontitis. Raucher haben es auch hier schwerer als ihre rauchfreien Mitmenschen. Das Risiko an Parodontitis zu erkranken, liegt bei Rauchern oftmals bis zu 15- mal höher als bei Nichtrauchern. Menschen, die an Diabetes erkrankt sind oder Herzkrankheiten haben, sind ebenfalls anzusprechen. Neuste wissenschaftliche Studien zeigen, dass das Risiko hier deutlich reduziert werden kann. Für Frauen, die einen Kinderwunsch hegen, sollte der Besuch beim Zahnarzt genauso selbstverständlich werden. Aktuelle Erkenntnisse belegen einen Zusammenhang zwischen den Risiken untergewichtiger Frühgeburten und Parodontitis. Schwangere Frauen neigen wegen der stärkeren Durchblutung des Gewebes eher zu einer Gingivitis. Eine vorbeugende Beratung und Behandlung schafft hier Sicherheit, das Beste für sich zu tun und reduziert das Risiko einer Fehlgeburt um den Faktor sieben. Zur sekundären Zielgruppe zählen Krankenhäuser, Verbände, Journalisten, Redaktionen, Online-Portale, Fachärzte z.B. für Innere Medizin, Frauenheilkunde, Diabetologie, Kardiologen, über denen Kontakt zur primären Zielgruppe geknüpft werden oder Informationen gelangen sollen. Ein punktgenaues Vorgehen in der Ansprache von ermittelten Zielgruppen begünstigt ein effizientes Marketing und Patientengewinnung.
Motive
Hinter jedem Ziel steht immer ein Grund,
dieses auch erreichen zu wollen. Dieses Motiv dient als Grundlage für
die Motivation. Aus dem Motiv erwächst die eigentliche Motivation:
der Antrieb ein Ziel zu erreichen. Für einen PA-Patienten sind je
nach Erkrankungsgrad, persönlicher Ausprägung der Antriebe und
Grundmotive: Angst, gute Ästhetik, Sparmotivation und/oder Verstehen
der medizinischen Notwendigkeit ausschlaggebend (s. Grafik). Jede
Ausprägung eines Motivs ist ein ganz persönlicher Leistungsmotivator, denn
was man kann, prägt sich tief ein durch das eigene Wollen und den Wohlfühleffekt.
Getreu dem Motto: „Erkenne den Sinn“ kann der Patient unterstützt
werden, indem ihm klar vor Augen geführt wird, was erreicht werden
soll. Der Patientennutzen heißt hier nicht nur zahnmedizinische Gesundung, sondern
je nach Prägung beispielsweise Ästhetik. Um etwa die Compliance für
die regelmäßige PA-Prophylaxe zu erhöhen, ist die Ansprache dieser
Motive hilfreich.
2. Umsetzung in der Praxis
Damit das Konzept
von Erfolg gekrönt wird, muss das gesamte Team das Konzept kennen und
jeder sich daran halten. Jede Abteilung muss hier ineinander greifen,
vom Behandler über die Prophylaxehelferin hin zur Praxismanagerin für
die Terminvergabe. Dabei hilft ein Team-Workshop, in dem alle Abläufe besprochen,
festgelegt und verabschiedet werden. Checklisten und regelmäßige Teambesprechungen
unterstützen zusätzlich die reibungslose Umsetzung. Grundsätzlich
sollte bei allen Patienten zunächst die Ursache behandelt werden und
nicht die Symptome. Um die Ursache zu klären, empfehlen sich
mikrobiologische Tests. Mit diesen Ergebnissen sind Patienten viel
schneller zu überzeugen, dass sie sich um ihre Gesundheit kümmern
müssen. Die Ursache sind immer Bakterien. Durch die Testergebnisse
können die Erreger genauer differenziert und eine gezielte Therapie
eingeleitet werden. In diesem Zusammenhang reicht es häufig nicht aus,
nur den betroffenen Patienten zu behandeln, sondern die Partner müssen ebenfalls
in das Konzept eingebunden werden, da ansonsten die Bakterien stets
aufs Neue übertragen werden. Aus diesem Grund sollte der Test bei allen
Patienten, die eine Parodontitis aufweisen, an erster Stelle stehen. Es
ist wissenschaftlich bewiesen, dass diese aggressiven Keime
Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit haben. Wenn Patienten
informiert und beraten werden, ist es hilfreich, unterschiedliche Medien
zu verwenden, um das Verständnis und die Merkfähigkeit zu erhöhen. Bei
einem Beratungsgespräch sollten Filme auf dem Laptop, Modelle, Broschüren, Schaubilder
verwendet werden. Des Weiteren sollte der Patient nach der Beratung
eine Mappe mitbekommen, in denen alle wichtigen Informationen zur
Verfügung gestellt werden. So kann der Patient in Ruhe daheim alles
nachlesen. Eine persönlich überreichte Visitenkarte sichert den kurzen Draht
zwischen Zahnarzt und Patient, um eventuelle Fragen nachträglich zu klären. Der
Patient kann beispielsweise folgende Informationen erhalten: Unterlagen zu
seinem Therapieablauf, seinen PA-Prophylaxe-Pass, einen persönlichen Zahnpflegeplan
für zu Hause, Tipps, Pröbchen, Tests mit Auswertungen.
3. Aufklärung und Bekanntheit
Parodontitis ist eine „schleichende“
Erkrankung. Damit sie wahrgenommen wird vom Patienten muss er
entsprechend sensibilisiert werden. Wenn er schon zur regelmäßigen
Kontrolle oder Prophylaxe kommt, ist das durch den Behandler oder die
versierte Prophylaxehelferin rechtzeitig zu erkennen und darauf
hinzuweisen. Mit einer Zahnfleisch- Analyse für zu Hause kann der Patient
sich intensiver mit seinen Zähnen und Zahnfleisch auseinandersetzen. In
dem handlichen Fragebogen wird der Patient Schritt für Schritt durch die unterschiedlichen
kritischen Punkte geführt. Beispielsweise wird gefragt: Hat Ihr Zahnfleisch eine dunkelrote Farbe, statt blassrosa, und ist es geschwollen? Oder: Blutet Ihr Zahnfleisch bei der Zahnreinigung?
Die Praxis sollte auch
außerhalb aufklären und patientenfreundlich geschriebene Informationen
verbreiten. Die eigene Homepage, Online-Portale, Foren, Veranstaltungen
(auch mit Kooperationspartnern), Pressemitteilungen, Vorträge, Infoaktionen,
Zeitungsbeilagen können hier als Medien genutzt werden.
Fazit
Das Wachstumspotenzial für eine Praxis, die Parodontologie integriert, ist unbestritten. „Die Zahnärzte sollten Parodontologie auch aus wirtschaftlichen Gründen mehr in ihren Fokus nehmen“, so Professor Dr. Ulrich Schlagenhauf von dem Universitätsklinikum Würzburg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie e.V. Demografischer Wandel, neuste Erkenntnisse aus der Forschung und die definierten Mund - gesundheitsziele geben dem Zahnarzt vielerlei Gründe und Motivation, ein professionelles Konzept für seine Praxis zu entwickeln sowie sich und sein Team hochkarätig fortzubilden. Mit einem begleitenden Marketing kann der dentale IQ der Patienten erhöht werden. Sie können über das Thema informiert werden, ihr Bewusstsein für die gesundheitlichen Vorteile geschärft und für die Veränderungen ihres Zahnfleisches sensibilisiert werden.