Praxismanagement 28.02.2011

Praxis-Frühwarnsysteme: Hören, reagieren und handeln



Praxis-Frühwarnsysteme: Hören, reagieren und handeln

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Chancen und Risiken frühzeitig zu erkennen, erfordert von Zahnärzten nicht nur, den Mund der Patienten, sondern selbst Augen und Ohren weit offen zu halten. Nur wer Warnzeichen in der Praxis möglichst bald wahrnimmt, kann die Zukunft gestalten, kann selbst agieren, anstatt immer nur auf Anforderungen aus dem Umfeld zu reagieren.

Der Einsatz von Frühwarnsys­temen gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Instrumenten der strategischen Praxisführung. Risiken können so frühzeitig identifiziert und Schwachstellen behoben werden. Erfolgreiche Zahnärzte nutzen diese Früherkennung, um bereits vor Eintritt eines Ereignisses anhand wichtiger Informationen entsprechende Entscheidungen treffen zu können. Hilfestellung bieten Hinweise aus den unterschiedlichsten Kanälen: wirtschaftliches/gesundheitspolitisches Umfeld, Praxisstrategie, Personalwirtschaft, Finanzsektor u.a. Um im wahrsten Sinne des Wortes „das Gras wachsen zu hören“ genügt es nicht, nur Zahlen zu betrachten, viel wichtiger ist es, in die Praxis hineinzuhören. Dann können Zahnärzte und das Praxisteam kreativ und innovativ vorgehen.

In die Praxis hineinhören

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht galten und gelten immer noch möglichst viele Zahlen – oder inzwischen zumindest möglichst viele wichtige Zahlen – als am aussagefähigsten, was Risiken und Chancen für die Steuerung einer Zahnarztpraxis anbelangt. Also Augen auf. Lange bevor diese Zahlen allerdings belegen, dass etwas im Argen liegt, deuten zahlreiche Indikatoren darauf hin. Allerdings sind diese nur durch gutes Beobachten und eine kooperative Kommunikation erkennbar. Also gilt schon lange vorher: auch die Ohren aufzu­stellen.

Machen Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift, bleiben Besprechungen fern, weichen auf Nebensächlichkeiten aus oder vermeiden Verantwortung, werden die Zahlen dies früher oder später aufzeigen. Es gibt aber auch das andere Extrem: Versuchen Mitarbeiter uneingeschränkt Macht auszuüben, verkörpern Dominanz (statt Kompetenz) und beziehen sozusagen eine Monopol­stellung, gilt es, derartige Warnzeichen rechtzeitig wahrzunehmen. Mitar­beiter verraten so viel – vorausgesetzt, Chefs hören ihnen zu und sind nicht nur damit beschäftigt, Planzahlen einzufordern. Unterscheiden Sie ganz bewusst die verschiedenen Phasen des Hörens? Allzu oft kommt es zu Miss­verständnissen, weil wir dazu neigen, „nur“ zu hören. Dabei gibt es doch so viele verschiedene Stufen des Hörens:

1. Zuhören: Es kommt keine Information bei uns an, weil wir zum Beispiel geistig abwesend oder unaufmerksam sind. Wir sind gedanklich schon beim nächsten Termin oder überlegen uns in einem Gespräch vielleicht die nächste Frage, ohne die Antwort unseres Gesprächspartners bewusst aufzunehmen.

2. Hinhören: Die Information kommt bei uns an. Wir nehmen die Worte auf, mehr aber auch nicht.

3. Hineinhören: Zusätzlich zu den Worten, die wir hören, sehen wir Signale aus der Körpersprache, erkennen die übermittelte Botschaft, „lesen zwischen den Zeilen“ und werden durch Nachfragen Klarheit bekommen. Hier ist Einfühlungsvermögen gefragt.

Es liegt also an Ihnen, ob Sie einen Filter vorschalten, unnütze Informationen von sich fernhalten, Kommunikationsmüll, „Berieselung“ von außen auf sich einströmen lassen, oder … von Ihren Mitarbeitern wichtige Informationen aufnehmen und auf der anderen Seite auch Informationen suchen, welche Ihre Praxis weiterbringen.

Aber Vorsicht: Hineinhören heißt auch, sich als Zahnarzt und zugleich Unternehmer/Führungskraft aus der eigenen Komfortzone herauszubewegen, aufrichtiges Interesse für andere zu zeigen.

Den Blick mehr nach vorne richten

Wie oft sind wir Gefangene unserer eigenen Gedanken und haben „ein Brett“ vor dem Kopf? Wir neigen dazu, zurückzublicken, anstatt nach vorne zu schauen. Als guter Fahrer werfen Sie im Auto immer ein wachsames Auge weit nach vorne. Ist der Weg frei? Welche Hindernisse könnten auftauchen? Nehmen mich die anderen Verkehrsteilnehmer wahr? Halte ich genügend Abstand zu meinem Vordermann? Welche Verkehrszeichen muss ich berücksichtigen? Welchen Verlauf nimmt die Straßenführung? Ein kurzer Kontrollblick auf die Instrumente. Alles O.K.? Natürlich sehen wir ab und zu auch mal in den Rückspiegel, um zu checken, was hinter uns passiert.

Doch wie ist das im täglichen Umgang mit Frühwarnindikatoren? Wie verhalten wir uns da? Wir neigen dazu, mehr Zeit und damit Aufmerksamkeit dem Blick zurück zu schenken. Wir werten, warum etwas so und nicht anders gelaufen ist. Warum hat diese Strategie nicht funktioniert? Warum war diese Innovation nicht umsetzbar? Eine kurze Rückschau, gerade in Situationen, in denen etwas nicht wunschgemäß gelaufen ist, lohnt. Aber die Betonung liegt auf kurz. Wer immer nur in den Rückspiegel schaut, wird nicht souverän agieren. Ein Mittel, das in diesem Zusammenhang viele Möglichkeiten bietet, sind Mitarbeitergespräche. Diese erlauben nicht nur einen kurzen Blick zurück sowie im Gespräch selbst Frühwarnindikatoren (wie und was denkt er) zu erkennen, sondern vor allem die Chance, vorausschauend und strategisch Ziele mit dem einzelnen Mitar­beiter zu vereinbaren.

Gezieltes Steuern (von Anfang an)

Das Wort Controlling stammt aus dem Englischen: „to controll“ bedeutet „steuern“ oder „regeln“, und schon hier wird deutlich, dass nicht, wie in vielen Zahnarztpraxen praktiziert, Controlling ganz am Ende des Prozesses steht und gleichbedeutend mit Kontrolle ist. Im Gegenteil: Controlling ist gerade ganz am Anfang wichtig, um etwas im Prozess tatsächlich steuern und regeln zu können. Vergleichen wir den Vorgang mit einer Heizungsanlage: Hier regeln wir die gewünschte Innentemperatur ein, damit die Heizung eigenständig steuern kann, wann Wärme benötigt wird oder nicht. Dadurch kann darauf verzichtet werden, später – wenn die Heizung einfach immer auf Volldampf laufen würde – die Temperatur im Raum z.B. durch Öffnen des Fensters zu steuern. Controlling muss auch in der Pra­xis rechtzeitig dafür sorgen, dass bestimmte Abläufe intern oder in der Zusammenarbeit mit Partnern, wie z.B. Dentallaboren, so geregelt werden, dass man, weicht der aktuelle Stand einmal von den Zielen ab, rechtzeitig etwas (Strategien, Strukturen, Zuständigkeiten u.a.) ändern kann. Das Controlling sollte zwei zentrale Bereiche umfassen – Begleitung beim Prozess der Ziel­findung – Planung und Steuerung der Prozesse und trägt damit Mitverantwortung für die Zielerreichung. Allerdings wäre es falsch, dadurch dem Controlling die volle Verantwortung aufzubürden. Bewusst wurde hier das Wörtchen „Mit“ vor die Verantwortung gesetzt, denn erst, wenn alle eine entsprechende Haltung gegenüber der Controlling-Idee entwickeln, kann ein gezieltes Steuern von Anfang an ge­lingen.

Setzt Controlling erst dann ein, wenn die angestrebten Ergebnisse nicht mehr passen, ist es zu spät. Dann werden meist nur noch Fehler analysiert und Schuldige gesucht. Souveränes Controlling in der Zahnarztpraxis setzt voraus, dass alle im Unternehmen die Chance erkennen: Nur ein gezieltes Steuern der Abläufe von Anfang an und während des kompletten Prozes­ses sorgt für den notwendigen Durchblick aller Beteiligter – und nicht zuletzt für die Möglichkeit, rechtzeitig gegenzusteuern, wenn etwas „aus dem Ruder läuft“.

Ins Handeln kommen

Frühwarnindikatoren sind etwas Wunderbares, sofern sie auch dazu führen, dass etwas anders oder neu gemacht wird. Ansonsten verkommen sie zur Routine, die nur noch gemacht wird, weil es schon immer so gemacht wurde … Wer einen Plan hat, weiß, was er tut – zumindest sollte er. Aus dem Kopf, aufs Papier, in die Realität. Pläne weisen uns nicht nur selbst den Weg, sondern geben auch anderen Menschen die Möglichkeit, an der Realisierung eines Vorhabens erfolgreich beteiligt zu sein. Kein noch so schöner Plan zeigt allerdings eine Wirkung, wenn wir nicht ins Handeln kommen. Erst das Tun entscheidet über die Ergebnisse. Und damit entscheidet jeder Zahnarzt selbst, inwieweit Frühwarnindikatoren sich tatsächlich erfolgreich auf die Praxis auswirken oder nicht. Ein Datum, ein Termin, eine Uhrzeit nehmen uns in die Pflicht. Je eher und konsequenter wir unsere aus den Früh­warnindikatoren abgeleiteten Aufgaben angehen, umso besser das Ergebnis, umso größer der Erfolg und auch der persönliche Spaß am Tun. Vereinbaren Sie also starke Verpflichtungen mit sich selbst und Ihren Praxismitarbeitern und Sie werden staunen, welch positive Dinge sich plötzlich in Bewegung setzen. Je klarer Ihre Gedanken sind, umso besser können Sie diese Ihren Mitarbeitern vermitteln. Nur ein präziser Gedanke führt zu einer klaren Sprache und einem strukturierten Handeln. Und genau das ist es schließlich, was wir uns von Frühwarnindikatoren erhoffen.

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