Praxismanagement 11.08.2022
Zahnbekenntnisse: Einmal gescheitert, zweimal gegründet
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Dr. Franziska Höhne weiß, wovon sie spricht, wenn es um einen holprigen Weg in die Niederlassung geht: Nach einem dreijährigen Angestelltenverhältnis entschloss sich die junge Zahnärztin 2019 zusammen mit einer Kollegin für die Übernahme einer Gemeinschaftspraxis. Doch das Zwei-Behandlerinnen-Projekt scheiterte nach fünf Quartalen aufgrund unüberwindbarer Unstimmigkeiten im Inhaberteam. Durch das Erlebte war für Franziska Höhne klar, dass sie ab dann alleine weitermacht – ohne Rangeleien, fachliche Kompromisse oder persönliche Abstriche im nächsten Praxisteam. Seit 2021 führt sie eine Zahnarztpraxis im Süden von Leipzig, die stetig wächst und Behandlern, Assistenzteam wie Patienten ein vertrauensvolles und konstruktives Miteinander und eine entspannte Atmosphäre für eine moderne und patientenorientierte Zahnmedizin bietet.
Herausforderung
Beruflich wie persönlich zu scheitern und sich ein solches Scheitern einzugestehen, ist nicht leicht und eine Erfahrung, die erst mal wehtut und einen hohen Preis kostet. Als ich feststellen musste, dass die Gemeinschaftspraxis, in die ich im April 2019 mit einer Kollegin gestartet war, keine Perspektive hat und auch ein mediatives Coaching nicht die erhoffte Klärung und Veränderung in Team und Workflow brachte, stand ich vor dem Ende und Aus meiner (ersten) beruflichen Karriere. Ich verließ schweren Herzens und mit großen Verlusten die Gemeinschaftspraxis und orientierte mich neu.War das Ganze abzusehen? Nein, nicht wirklich! Meine damalige Kollegin und ich kannten uns aus dem Studium. Wir haben uns in guten, aber auch in stressigen Momenten erlebt. Wir wussten, wie wir uns zu nehmen haben. Unsere fachlichen Interessen und Behandlungsweisen waren verschieden, ebenso unsere Ansichten zum Thema Praxisorganisation. Trotzdem konnten wir in der Planungsphase der Praxis stets einen Konsens finden. Im Idealfall hätte unsere Verschiedenheit unsere Stärke sein können, im Praxisalltag aber haben uns die Differenzen letztlich aufgerieben. Dabei gab es vielerlei Konfliktpunkte. Das Gute war: Wir haben immer offen über die Probleme gesprochen und daran gearbeitet. Wir haben uns Hilfe von außen geholt, um einen Weg für eine bessere Zusammenarbeit zu finden. Letztendlich waren die Spannungen aber nicht nur für uns spürbar. Wenn die beiden Chefs sich uneins sind, merkt das das komplette Team. Am Ende leidet das Arbeitsklima und auch die Patientenbehandlung. Man spürt einfach, wenn das Fundament der Praxis nicht stimmt.
Lösung
Nachdem sich zeigte, dass ein Übereinkommen mit meiner Praxispartnerin nicht mehr möglich war, leiteten wir meinen Ausstieg ein. Gleichzeitig gaben wir dem Praxisteam die Möglichkeit, sich einem von uns anzuschließen. Drei Mitarbeiterinnen wollten mit mir weiterziehen, wobei eine dieser Mitarbeiterinnen sich daraufhin intensiv fortgebildet hat und jetzt als meine Praxismanagerin fungiert. Sie war es auch, auf deren Unterstützung ich für meinen Neuanfang besonders setzte, denn ich hatte Angst. Angst vor dem wiederholten Schritt in die Selbstständigkeit, Angst vor den finanziellen Herausforderungen einer neu gegründeten Einzelpraxis, einschließlich dem Aufbau eines Patientenstamms. Schließlich fand ich passende Räumlichkeiten für meinen zweiten Start und eröffnete im Juli 2020 meine neue Praxis. Schon nach einem Jahr entschloss ich mich, personell zu wachsen und eine weitere Zahnärztin anzustellen, auch um meinem Personal einen gewissen Spielraum für eine ausgewogene Work-Life-Balance bieten zu können. Ich wusste noch aus meiner Zeit des Angestelltenverhältnisses, wie frustrierend es war, Urlaubstermine und Arbeitszeiten vorgegeben zu bekommen. Mit mehreren Ärzten ist man hier einfach flexibler. Ich wollte von Anfang an gute Arbeitsbedingungen schaffen, die das tägliche Miteinander erleichtern und qualifiziertes Personal binden. Zudem wollte und will ich immer wieder auf mein Team eingehen, Stärken und Ideen der Mitarbeiter honorieren, diesen entsprechen und sie zugleich gezielt fördern. All das war mir in der Gemeinschaftspraxis so nicht möglich gewesen. Dafür gebe ich auch gerne Patienten im Behandlerteam ab, delegiere Aufgaben und konzentriere mich weniger auf meine höchste Auslastung oder die meiner Angestellten als vielmehr auf ein gesundes wie produktives Miteinander.
Lernkurve
Ich bereue die Erfahrungen der vergangenen Jahre nicht, obwohl sie sehr schmerzlich waren, viel Kraft gekostet haben und die Aufarbeitung ein langer und auch immer noch laufender Prozess ist. Doch ohne das Scheitern hätte ich den Schritt in die Einzelpraxisgründung nicht gewagt. Dafür fehlte mir nach meinem Angestelltenverhältnis das Selbstbewusstsein. Was ich wirklich gelernt habe: Man muss eine nicht mehr tragbare Situation beenden und den Absprung schaffen. Das ist leichter gesagt als getan, aber notwendig, um sich die Chance auf einen Neuanfang zu geben. In meinen Fall hätte mich das Verbleiben in der Gemeinschaftspraxis ideell und physisch weiter ausgelaugt. Durch die Notwendigkeit, einen Strich ziehen und gehen zu müssen, haben sich neue Kräfte aufgetan, und die Frage, ob ich das alleine schaffe, stellte sich nur noch ganz leise, im Hintergrund. Ich musste und wollte es schaffen, für mich und für mein Praxisteam! Es ist wichtig, über solche Erfahrungen zu sprechen. Ich hätte mir selbst jemanden gewünscht, der etwas Ähnliches erlebt hat und es teilt, um mir Mut zu machen. Manchmal muss man ein paar Schritte zurückgehen, um wieder voranzukommen.
Dieser Beitrag ist in der Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.