Psychologie 16.12.2013
Körpersprache in der Zahnarztpraxis
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Anfrage: In einem Ihrer vorigen Artikel weisen Sie darauf hin, dass Körpersprache besonders bei der zahnärztlichen Tätigkeit wichtig ist. Ich hätte gern nähere Informationen darüber, wieso das so ist und auf was ich achten sollte, wenn ich mit den Patienten rede oder sie behandle.
Körpersprache ist in der Zahnarztpraxis aus mehreren Gründen wichtig. Der Beruf beinhaltet zwangsläufig, dass Zahnärzte mit den Patienten zumindest während der Behandlung recht wenig reden können und der Patient sich deshalb auf körperliche Signale konzentriert. Zusätzlich sind die meisten Menschen innerhalb der Zahnarztpraxis angespannt, was eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sensibilität mit sich bringt. Erschwert wird die Interpretation der Körpersprache noch dadurch, dass der Patient meist nur das Gesicht des Zahnarztes sieht, der mit Lupenbrille und Mundschutz nicht gerade vertrauenserweckender wird.
Vorgespräch
Sie können schon vor Beginn der Behandlung auf einige Dinge achten. Auch wenn es trivial erscheint, kann ein erster Händedruck zur Begrüßung schon über Sympathie, Vertrauen und ausgestrahlte Kompetenz entscheiden. Der Druck sollte kurz und fest sein, ohne die Finger des Gegenübers einzuquetschen. Sie sollten die ganze Hand ergreifen, da ein halbhändiger Druck Unsicherheit vermittelt. Halten Sie die Hand gerade, ohne sie zu drehen. Besonders das Drehen der eigenen Hand nach oben erweckt einen sehr dominanten Eindruck. Zusätzlich kann es für den Patienten unangenehm sein, seinen Unterarm zu verdrehen. Sie sollten dabei nicht zu nah an den Patienten herantreten, da die persönliche Zone von 50 Zentimetern zu diesem Zeitpunkt noch freigehalten werden sollte. Später während der Behandlung müssen sie sowieso näherkommen. Gerade am Anfang, wenn alle Gesprächspartner noch sitzend oder stehend kommunizieren, können Sie zusätzlich auf Ihre Beinstellung achten. Stellen Sie gleichverteilt beide Beine auf den Boden, da dies Bodenständigkeit und Selbstvertrauen ausstrahlt. Vermeiden sollten Sie, dass Ihre Füße weg vom Patienten zeigen. Das könnte unbewusst so aufgefasst werden, dass Sie lieber den Raum verlassen würden als sich dem Patienten zuzuwenden. Schauen Sie beim Blickkontakt Ihrem Gesprächspartner direkt in die Augen, wobei ein unbewegliches Starren länger als drei Sekunden als unangenehm empfunden werden kann. Ihre Körperhaltung insgesamt sollte dem Patienten zugewandt sein.
Viele Menschen fühlen sich wohler, wenn der Zahnarzt nicht frontal vor ihnen steht oder sitzt, sondern einen leichten Winkel einhält. Arme und Hände sollten dabei nicht ineinander verschränkt sein, da dies ablehnend wirkt. Handflächen nach oben gerichtet deuten Offenheit an, wohingegen nach unten gerichtete Handflächen beruhigend wirken können. Mit Ihrer Gestik sollten Sie insgesamt eher sparsam umgehen. Es heißt, je größer die Zuschauermenge, desto ausladender die Gestik. Bei einem Patienten darf es also demnach ruhig etwas weniger sein. Beachten Sie dabei auch, mit Ihren Händen nicht im Gesicht oder an den Haaren herumzuspielen. Damit vermitteln Sie Unsicherheit oder aber den Eindruck, nicht die Wahrheit zu sagen. Wenn Sie an die Gestik von kleinen Kindern denken, die eine Lüge erzählt haben, wissen Sie, dass diese sich oft im Nachhinein den Mund zuhalten. Beobachten Sie auch die Körpersprache Ihres Patienten. Ein alter Verkäufertrick ist es, sich anfangs dem Gesprächspartner anzupassen – ohne dabei die eigenen Authentizität zu verlieren. Redet der Patient schnell und hektisch, wirkt es merkwürdig, wenn Sie ganz langsam sprechen. Beugt sich der Patient beim Reden zu Ihnen, können Sie das auch bei ihm tun. Fasst er sich ständig nervös an die Hemdknöpfe, dürfen Sie auch einmal Ihren eigenen Kragen zurechtrücken. Die Kunst liegt hier im Detail. Es fällt Ihrem Patienten leichter, sich bei Ihnen wohlzufühlen, wenn Sie sich ähnlich sind.
Behandlung
Spätestens während der Behandlung wird es wichtig, auf Mimik und Schulterpartie zu achten. Wie schon eingangs erwähnt, hat der Patient dann nur noch diesen Ausschnitt als Kommunikationsmöglichkeit zur Verfügung. Während der Zahnarzt voll konzentriert die Augenbrauen zusammenzieht, um besser fokussieren zu können, kommt beim Patienten eventuell an, dass er verärgert ist oder etwas Schlimmes an den Zähnen zu sehen bekommt. Eine entspannte Stirn des Zahnarztes führt also zu einem entspannten Patienten. Hochgezogene Schultern wirken ebenfalls angespannt. Tun Sie dem Patienten und Ihrer eigenen Nackenpartie etwas Gutes und lockern Sie die Schultern. Sollten Sie mit Lupenbrille und Mundschutz arbeiten, so klappen Sie diese bitte nach oben beziehungsweise unten, sobald Sie mit dem Patienten reden. Was an sich selbstverständlich ist, kann im Eifer des Arbeitsgefechtes schon einmal vergessen werden. Ein Plus an Körpersprache und ein Minus an verbaler Sprache ist übrigens mitten in der Behandlung durchaus angebracht. Immer wieder zu beobachten ist die Angewohnheit, mit dem Patienten zu reden, während der Bohrer am Zahn seine Runden dreht. Der Patient versteht nichts, er kann nicht antworten und gerät zugleich in die Situation, sich hilflos zu fühlen. Sollte der Patient dann die Augen erschrocken aufreißen, wissen Sie, dass er Angst hat. Bei der Körpersprache kommt es meist auf kleine Nuancen an. Der Mensch versteht sie lange vor der verbalen Sprache, sodass er gut darauf trainiert ist, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wir können uns diese Tatsache in der Zahnarztpraxis zunutze machen, indem wir sowohl bei uns selbst als auch beim Patienten auf die wichtigen Signale achten. Eine authentische Körpersprache mit Blick aufs Detail wird dazu führen, dass sich die Patienten wohlfühlen und dadurch gar nicht allzu viele Worte nötig sind.