Qualitätsmanagement 14.05.2025
Sicher durch den Praxisalltag – Brandschutz in Zahnarztpraxen
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Ein Beispiel: 2022 zerstörte ein Feuer den Dachstuhl einer Zahnarztpraxis in Baden-Württemberg (Schaden rund 500.000 EUR). 2023 führte ein technischer Defekt in einer hessischen Zahnklinik zu einem Brand, der teure Laboreinrichtungen vernichtete. Selbst kleine Unachtsamkeiten können einen Brand auslösen – etwa ein versehentlich eingeschalteter Wasserkocher im Personalraum, der unbemerkt überhitzt und das Zimmer in Flammen setzt. Da zwischen Entstehungsbrand und Vollbrand oft nur wenige Minuten liegen, zählt im Ernstfall jede Sekunde. Ein Brandereignis ist oft das Ende einer Praxis: Nur 23 % der Firmen waren nach einem Brandereignis wieder voll betriebsfähig, für 71 % war es das Ende. Nur 33 % aller Unternehmen überleben einen Brand auf lange Sicht, hatte die IHK Trier erhoben.
Merke: Vorbeugender Brandschutz muss vorher organisiert werden – wenn es brennt, ist es zu spät.
Gesetzliche Grundlagen und Vorschriften
In Deutschland unterliegt der Brandschutz in Arztpraxen einer Reihe von Gesetzen und technischen Regeln. Bauordnungsrechtlich gelten die Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer. Sie verlangen i. d. R. zwei unabhängige, bauliche Rettungswege aus jeder Nutzungseinheit (§ 33 MBO) – zumindest einen ersten baulichen Fluchtweg (z. B. Treppenhaus) und einen zweiten Rettungsweg, der ersatzweise auch durch Anleiterung der Feuerwehr (über Fenster / Balkon) erfolgen kann. Diese Anforderungen werden bereits in der Baugenehmigung bzw. im Nutzungsänderungsbescheid für die Praxis festgelegt. Auflagen betreffen typischerweise Rettungswege, Notausgänge und deren Beschilderung, Feuerlöscher sowie feuerbeständige Türen. Fehlt z. B. ein vorgeschriebener zweiter Notausgang, kann dies nicht nur behördliche Auflagen nach sich ziehen – im Brandfall könnte sogar die Versicherung wegen Verletzung von Sicherheitsvorgaben Leistungen verweigern. Strafrechtliche Folgen und zivilrechtliche Forderungen sind die logische Folge. In einer Begehung eines Dentallabors 2019 (25 Beschäftigte) stellte die Aufsichtsbehörde „Gefahr im Verzug“ fest, weil der zweite Rettungsweg unzureichend war (nur eine Wendeltreppe in den Keller, alle Fenster vergittert); eine sofortige Betriebsstilllegung stand im Raum. Praxisgründer sollten daher frühzeitig mit Architekten, Sachverständigen und Behörden klären, wie die bauordnungsrechtlichen Brandschutz-Anforderungen (insb. Rettungswege) erfüllt werden können. Auch Arbeitsstättenrecht ist relevant: Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) schreibt allgemeine Schutzmaßnahmen vor, die in technischen Regeln konkretisiert werden. Gemäß ArbStättV/ASR müssen Arbeitgeber – also auch Praxisinhaber – jederzeit mit der Möglichkeit eines Brandes rechnen und entsprechend vorsorgen. Konkret fordert die Technische Regel ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ eine angemessene Ausstattung und Organisation des Brandschutzes. Dazu zählen z. B. ausreichende Anzahl und Art von Feuerlöschern, die Einrichtung von Rettungswegen und Notausgängen, Alarmierungseinrichtungen, sowie die Bestellung und Ausbildung von Brandschutzhelfern. Hält sich der Arbeitgeber an diese technischen Regeln, kann er davon ausgehen, die ArbStättV-Anforderungen zu erfüllen. Andernfalls muss er durch andere Lösungen das gleiche Schutzniveau nachweisen. Was i. d. R. von den Aufsichtsbehörden (§ 3a ArbStättV) kaum anerkannt wird. Viele Freiberufler sind der Meinung, dass für diese die Arbeitsstättenregeln nicht gelten würden. Dies ist aber eine Fehldeutung.
Für den Umgang mit gefährlichen oder brennbaren Stoffen greifen das Gefahrstoffrecht und entsprechende Unfallverhütungsvorschriften. TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“ (Technische Regel für Gefahrstoffe) richtet sich an alle Betriebe, die mit brennbaren Gefahrstoffen umgehen. Sie gilt auch in Arztpraxen, in denen z. B. entzündliche Flüssigkeiten (Alkohol-basierte Desinfektionsmittel, Lösungsmittel etc.) verwendet oder gelagert werden. Bei normaler Brandgefährdung (wie im Büro) fordert TRGS 800 keine über die allgemeinen Maßnahmen hinausgehenden Schritte. Liegen jedoch erhöhte Brandgefahren vor, sind zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich. In Zahnarztpraxen können solche Gefahren z. B. durch die Menge entflammbarer Flüssigkeiten, den Einsatz von Sauerstoff (brandfördernd) oder vielen elektrischen Geräten gegeben sein. Hier sollte im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sorgfältig bewertet und dokumentiert werden, ob die Brandgefahr über „üblich“ hinausgeht. Gegebenenfalls sind dann weitergehende Vorkehrungen (zusätzliche Löschausrüstung, mehr Brandschutzhelfer, automatischer Melder, Gefahrstoffkataster, etc.) zu treffen. Die Ergebnisse dieser Beurteilung müssen schriftlich vorliegen und regelmäßig überprüft werden. Ergänzend sind diverse DIN-Normen einschlägig. Beispiele: DIN 14096 regelt Aufbau und Inhalte einer Brandschutzordnung (Teile A, B, C) für Betriebe – vor allem bei erhöhter Gefährdung verlangt, aber auch sonst eine sinnvolle Orientierung. DIN 4102 (und Eurocode EN 13501) klassifizieren Baustoffe und Bauteile nach ihrem Feuerwiderstand (wichtig für Türen, Decken, Wände). DIN EN 3 normiert tragbare Feuerlöscher (Kennfarben, Brandklassen etc.), DIN 14676 gibt Hinweise zur Rauchwarnmeldung. Zwar muss ein Praxisbetreiber diese Normen nicht auswendig kennen, aber Fachplaner und Ausstatter orientieren sich daran.
Merke: Praxisinhaber sollten zumindest die wichtigsten Rechtsgrundlagen kennen und bei Planung / Übernahme einer Praxis Brandschutzexpertise (Architekt, Sachverständiger, Feuerwehrberatung) hinzuziehen, um alle Vorgaben einzuhalten.
Häufige Brandgefahren in Zahnarztpraxen
Praxisinhaber unterschätzen leicht die Brandrisiken im Alltag. Tatsächlich gehören Arzt- und Zahnarztpraxen durch die spezifischen Arbeitsmittel und Materialien zu den Bereichen mit potenziell erhöhter Brandgefährdung. Das gesamte Praxisteam sollte für typische Gefahren sensibilisiert sein. Zu den häufigsten Brandursachen bzw. Gefahrenquellen in (Zahn-)Arztpraxen zählen:
- Defekte oder überlastete Elektrogeräte und -anlagen: Elektrizität ist die Brandursache Nr. 1. Über die Hälfte aller untersuchten Brandschäden geht auf elektrische Defekte oder unsachgemäße Nutzung elektrischer Geräte zurück. In Praxen summt und brummt es an jeder Ecke – Behandlungseinheiten, Sterilisatoren, EDV, Röntgengeräte, Kompressoren usw. Mangelnde Wartung (z. B. veraltete Kabel, fehlende Prüfung) und Überlastung (klassischer „Mehrfachstecker am Mehrfachstecker“) führen leicht zu Überhitzung. Beispiel: Ein überhitztes Laborgerät oder ein kurzschlussanfälliger Autoklav kann unbemerkt einen Schwelbrand auslösen.
- Brennbare Chemikalien und Materialien: In Zahnarztpraxen werden etliche entzündliche Flüssigkeiten eingesetzt – allen voran alkoholische Desinfektionsmittel (Flächendesinfektion, Händedesinfektion), aber auch z. B. Lösemittel im Labor oder chemische Reinigungsmittel. Diese Mittel sind leicht entflammbar und können bei falscher Handhabung oder Leckagen Brandherde sein. Auch Sauerstoff oder Lachgas, die in Notfällen oder bei Sedierungen zum Einsatz kommen, wirken brandfördernd (sie beschleunigen die Verbrennung). Papier, Kartonagen, Textilien und Kunststoffabfälle (z. B. Einweginstrumente, Verpackungen) können in größerer Menge ebenfalls ein erhebliches Brennmaterial darstellen – insbesondere, wenn sie unsachgemäß in Nähe von Zündquellen gelagert werden. TRGS 800 weist darauf hin, dass selbst solche „gewöhnlichen“ Stoffe im betrieblichen Kontext als Gefahrstoff zu betrachten sind, wenn von ihnen aufgrund Menge / Umgebung eine erhöhte Brandgefahr ausgeht.
- Offenes Feuer und heiße Oberflächen: Offenes Licht ist in Praxen selten nötig – umso fataler, wenn es doch verwendet wird. Kerzen (z. B. im Wartezimmer zur Adventszeit) oder Bunsenbrenner / Spirituslampen im Praxislabor stellen eine klare Brandgefahr dar und sollten vermieden bzw. nie unbeaufsichtigt betrieben werden. Ebenso sind Raucher (Personal und Patienten) in und vor Praxisräumen oder Wärmequellen wie Heizdecken, Kaffeemaschinen, Heizlüfter im Auge zu behalten. Gerade Adventsgestecke haben schon so manche Praxis in Brand gesetzt – hier gilt ein striktes Nein zu offenem Feuer in öffentlich zugänglichen Räumen.
- Unachtsamkeit und organisatorische Mängel: Ein häufiger Faktor ist menschliches Fehlverhalten – z. B. Geräte nicht ausschalten, trotz Warnung weiter nutzen („das wacklige Kabel geht schon noch“), in Hektik Speiseöl auf dem Herd vergessen (in Praxisküchen), oder fehlendes Gefahrenbewusstsein allgemein. Brennbare Materialien in Rettungswegen sind ein weiteres Problem: Abgestellte Kartons, Dekoration oder leicht entflammbare Wandverkleidungen im Flur können im Brandfall schnell Feuer fangen und Fluchtwege unpassierbar machen. Auch verstellte oder verschlossene Notausgänge (dazu später mehr) sind ein gefährliches Organisationsdefizit.
Besondere Risikobereiche in Zahnarzt- und KFO-Praxen sind vor allem der Technik- / Elektrobereich und der Hygiene- / Sterilisationsbereich. Im Steri laufen Autoklaven bei hohen Temperaturen, Ultraschallbäder mit Alkohollösungen, Thermodesinfektoren etc. – hier treffen Hitze und entzündliche Flüssigkeiten zusammen. Wichtig ist, diese Geräte gemäß Herstellerangaben zu betreiben, ausreichend zu lüften und z. B. Desinfektionsmittel vor Anwendung von Hitze oder Strom trocknen zu lassen (Verpuffungsgefahr). So sollten etwa alkoholische Hautdesinfektionsmittel vollständig verdunsten, bevor ein elektrischer Kauter oder Laser im Mund eingesetzt wird. Im Laborbereich wiederum können brennbare Dentalmaterialien (z. B. Alkohol in Polierpasten, Kunststoffmonomere) und Geräte wie Brennöfen oder Schleifmaschinen eine Rolle spielen. Insgesamt gilt es, in allen Bereichen potenzielle Zündquellen und Brennstoffe zu erkennen und durch technische oder organisatorische Maßnahmen zu entschärfen.
Merke: Brandschutzordnung erstellen, ständig aktuell halten und beachten! Verstöße gegen die Brandschutzordnung (Betriebsanweisung) können mit einer fristlosen Kündigung geahndet werden.
Baulicher Brandschutz: Gebäude, Fluchtwege und Technik
Bauliche (vorbeugende) Brandschutzmaßnahmen bilden das Grundgerüst der Sicherheit – sie sollen Brände verhindern und im Ernstfall die Ausbreitung begrenzen sowie die Flucht ermöglichen. Für Praxisbetreiber (insbesondere bei Neugründung oder Übernahme) lohnt sich ein Blick in das Brandschutzkonzept des Gebäudes, sofern vorhanden. Viele moderne Ärztehäuser haben ein Brandschutzkonzept, das Vorgaben zu Bauart, Rettungswegen, technischen Anlagen etc. enthält. Ist kein formelles Konzept vorhanden, greifen die Mindestanforderungen der Landesbauordnung und ArbStättV. Rettungswege und Notausgänge: Sie sind das A&O. Jede Praxis muss einen ausreichend breiten, jederzeit freien Hauptfluchtweg ins Freie oder in einen sicheren Bereich haben – i. d. R. ist das der Flur zum Gebäudeausgang oder Treppenhaus. Zusätzlich ist – außer im Erdgeschoss mit Tür direkt nach draußen – ein zweiter Rettungsweg notwendig (z. B. ein weiteres Treppenhaus, eine Außentreppe oder ein Fenster / Balkon, der von der Feuerwehr mit Leitern erreicht werden kann). Prüfen Sie bereits bei der Auswahl der Räumlichkeiten, ob ein zweiter Rettungsweg vorhanden ist oder ob ggf. bauliche Anpassungen nötig sind. Notausstiege über Fenster müssen groß genug und erreichbar sein; falls sie in Innenhöfe führen, ist eine Feuerwehrzufahrt dorthin erforderlich. Türen auf Fluchtwegen dürfen nicht verschlossen sein, müssen in Fluchtrichtung aufschlagen und dürfen den dahinterliegenden Fluchtweg nicht einschränken, damit im Gedränge niemand dahinter blockiert wird. Typische Fehler, die es zu vermeiden gilt, sind z. B. zugestellte Flure (durch Rollstühle, Kinderwagen, Möbel) oder Notausgangstüren, die abgeschlossen sind oder durch Vorhänge verdeckt werden. Denken Sie daran: Im Alarmfall zählt jede Sekunde – kein Patient darf erst ein Hindernis wegräumen oder nach einem Schlüssel suchen müssen, um ins Freie zu gelangen! Kennzeichnung und Beleuchtung: Alle Rettungswege und Notausgänge sind gemäß ArbStättV/ASR mit Sicherheitszeichen zu markieren (grüne Hinweisschilder „Ausgang“ / „Notausgang“ mit Richtungspfeilen). In vielen Praxisräumen genügt die allgemein bekannte Beschilderung zum Gebäudeausgang. Befindet sich Ihre Praxis jedoch in einem größeren Komplex oder oberhalb des Erdgeschosses, sollte ein Flucht- und Rettungsplan aushängen (am besten im Eingangs- oder Wartebereich). Dieser Plan zeigt Gebäudegrundriss, Ihren Standort, Fluchtwege, Notausgänge, Feuerlöscher und den Sammelplatz. Patienten und Besucher können sich so im Vorfeld orientieren. Zudem ist in fensterlosen Fluren oder bei Praxisräumen im Kellergeschoss eine Notbeleuchtung sinnvoll oder vorgeschrieben, damit im Falle eines Stromausfalls die Fluchtwege beleuchtet bleiben. Fehlende Beschilderung oder Notbeleuchtung zählen zu den häufigen Mängeln in Praxen – sorgen Sie also für deutliche Kennzeichnung. Feuerabschnitte und bauliche Trennung: Arztpraxen befinden sich oft in Mischgebäuden (z. B. Wohn- und Geschäftshäuser). Hier ist darauf zu achten, dass die Praxisräume ggf. feuerbeständig von angrenzenden Nutzungseinheiten getrennt sind – z. B. durch Wände und Decken in entsprechender Feuerwiderstandsklasse (F30, F90 etc., je nach Anforderung). So soll verhindert werden, dass ein Feuer aus der Praxis auf Wohnungen übergreift (und umgekehrt). Türen in feuerbeständigen Wänden müssen in der Regel selbstschließend und dichtschließend sein (Rauchschutztüren). Ein klassisches Beispiel: Die Tür vom Praxisflur ins Treppenhaus – oft muss diese als T30-RS Tür (30 Minuten feuerhemmend, Rauchschutz) ausgeführt sein, damit Feuer und Rauch nicht sofort ins Treppenhaus gelangen, dem wichtigen ersten Rettungsweg. Durchbrüche (etwa für Leitungen, Rohre, Kabelschächte) müssen brandsicher abgedichtet sein. Bei Übernahme einer bestehenden Praxis lohnt es, solche baulichen Punkte mit einem Sachverständigen oder dem Vermieter zu klären – insbesondere in Altbauten entspricht die Substanz nicht immer modernen Brandschutzstandards. Technische Anlagen und elektrische Sicherheit: Eine häufige Brandursache – wie erwähnt – sind elektrische Anlagen. Baulich kann hier viel vorbeugend getan werden: Lassen Sie die Elektroinstallation regelmäßig prüfen (Stichwort E-Check, DGUV V3-Prüfung der ortsfesten Anlage). In medizinischen Betrieben gelten erhöhte Anforderungen an den Fehlerschutz; achten Sie z. B. auf funktionierende FI-Schutzschalter (RCDs), die Fehlerströme ableiten und Brände durch Kurzschluss oder Erdschluss verhindern. Mehrfachsteckdosen sollten fachgerecht installiert sein – Kaskadierungen („Steckerleiste in Steckerleiste“) sind wegen Überlastungsgefahr tabu. Elektrische Betriebsräume (Serverräume, Verteilungen) sollten keine unnötigen Brennstoffe (Papierlager etc.) enthalten und im Idealfall mit Rauchwarnmeldern ausgestattet sein. Gerade nach Praxisschluss kann ein Schwelbrand in einem Technikraum unbemerkt großen Schaden anrichten – ein Rauchmelder mit Funkalarm oder Aufschaltung kann frühzeitig warnen. Lüftungsanlagen und Klimageräte sind ebenfalls brandtechnisch relevant: Filter in Klima- / Absauganlagen müssen regelmäßig gewechselt werden, damit sich kein brandfördernder Staub / Flusen ansammelt, und Durchführungen in andere Brandabschnitte brauchen Brandschutzklappen. Automatische Brandmelde- und Löschanlagen: Für gewöhnliche Zahnarztpraxen sind Brandmeldeanlagen (BMA) oder Sprinkleranlagen meist nicht gesetzlich vorgeschrieben – die Personenbelegung ist relativ gering und die Räume vergleichsweise klein. Allerdings können solche Anlagen freiwillig installiert werden oder im Einzelfall durch Behörden / Versicherer gefordert sein (etwa in Kliniken oder großen Medizinzentren). Rauchmelder sind in Privaträumen (Schlafzimmer, Flure in Wohnungen) in fast allen Bundesländern Pflicht, in gewerblichen Praxen bisher aber nicht flächendeckend vorgeschrieben. Trotzdem ist es empfehlenswert, zumindest in kritischen Bereichen der Praxis Rauchwarnmelder anzubringen (z. B. im Technikraum, Archiv, Labor, Aufenthaltsraum). Diese können auch ohne Voll-BMA kostengünstig nachgerüstet werden. Löschanlagen wie automatische Sprinkler sind in normalen Praxen unüblich; sie kommen eher in Krankenhäusern oder Sonderbauten zum Einsatz. Was jedoch sinnvoll sein kann: Fest installierte Löschmittel in Spezialbereichen – etwa eine CO₂-Löschanlage in einem servergesicherten EDV-Schrank, sofern dort sehr empfindliche Geräte stehen. Solche Entscheidungen trifft man am besten in Absprache mit einem Brandschutzfachplaner unter Berücksichtigung von Kosten/Nutzen.
Vorbildlicher Einsatz für Sicherheit in der Zahnarztpraxis. Zahnarzt Matthias Pott aus Herne stellt sicher, dass seine Mitarbeitenden jederzeit wissen, wie sie sich im Notfall verhalten müssen, mit praxisgerechten Plänen und einem gelebten Brandschutzkonzept. © Autor
Feuerlöscher und Löschmittel in der Praxis
Tragbare Feuerlöscher sind Grundausstattung jeder Arbeitsstätte. Die Auswahl der richtigen Löschgeräte und -mittel in einer Zahnarztpraxis richtet sich nach den vorhandenen Brandklassen und dem Brandrisiko. In den meisten Fällen werden ABC-Pulverlöscher oder Schaumfeuerlöscher eingesetzt, da in Praxisräumen hauptsächlich feste Stoffe (Papier, Möbel – Brandklasse A) und eventuell Flüssigkeiten (Alkohol, Lösungsmittel – Brandklasse B) brennen können. Pulverlöscher decken zwar viele Brandklassen ab, haben aber den Nachteil erheblicher „Nebenwirkungen“ (Pulver ruiniert elektronische Geräte und Einrichtung). Daher werden im Innenbereich Schaumlöscher oft bevorzugt, da Löschschaum gezielt aufgebracht werden kann und sich anschließend einfach entfernen lässt. Ein 6-Liter-Schaumlöscher kann z. B. im Empfangs- / Wartebereich ideal sein. Für Behandlungsräume mit empfindlichen Geräten (Computersysteme, Behandlungseinheiten, Röntgen) kommen auch Kohlendioxid-(CO₂)-Feuerlöscher in Betracht. CO₂ löscht rückstandsfrei und ist elektrisch nichtleitend – somit wird weder das Gerät beschädigt noch besteht Stromschlaggefahr. Allerdings ist bei CO₂ in kleinen Räumen Vorsicht geboten: Das Gas verdrängt den Sauerstoff, es droht Erstickungsgefahr für Anwesende. Als Faustregel gilt max. 1 kg CO₂ pro 5,5 m² Raumfläche einzusetzen, und Warnhinweise müssen auf diese Gefahr hinweisen. In der Praxis bedeutet das: Ein Standard-2-kg-CO₂-Löscher ist für Räume um ca. 11 m² geeignet – kleiner sollten Räume bei CO₂-Einsatz nicht sein. Wo CO₂ nicht ratsam ist (winzige Behandlungszimmer), greift man besser zu Schaumlöschern mit Dielektrikum-Zusatz (für Eignung an Elektroanlagen). Spezialfälle: In Röntgenräumen mit Röhre oder Entwicklungschemikalien können CO₂ oder Metallbrandlöscher relevant sein. Falls Ihre Praxis ein eigenes kleines Labor betreibt (z. B. für Kieferorthopädie mit Kunststoffen oder ein zahntechnisches Labor für Prothesen), denken Sie auch an einen Feuerlöscher für Metall- / Glutbrände (Brandklasse D), wenn z. B. mit Heißgutanlageschmelzen oder Lithium-Akkus hantiert wird. Im Zweifel berät hier die Feuerwehr oder ein Brandschutzfachbetrieb zur geeigneten Löschtechnik. Anzahl und Platzierung: Wie viele Feuerlöscher notwendig sind, hängt von der Praxisgröße und der Gefährdungsbeurteilung ab. Die ASR A2.2 gibt Anhaltspunkte in Löschmitteleinheiten (LE) pro Quadratmeter. Orientierungswert: Ein 6-kg-ABC-Löscher (oder 6-Liter Schaumlöscher) entspricht etwa 6 LE und deckt ca. 200 m² normaler Brandgefährdung ab. Bei erhöhter Gefährdung wird mehr Löschmittelmenge gefordert. Als Mindeststandard sieht man oft zwei Feuerlöscher in einer kleineren Praxis: Einen nahe dem Ausgang / Wartebereich und einen im hinteren Bereich (z. B. beim Steri oder Labor). Wichtig ist, dass Löscher schnell erreichbar und für alle sichtbar gekennzeichnet sind. Jeder im Team sollte auf Anhieb wissen, wo der nächste Löscher hängt. In größeren Praxen: verteilen Sie Löscher so, dass von jedem Punkt aus maximal 20 m Laufweg zu einem Gerät sind. Montage: Löscher gehören an gut zugängige Stellen, ideal Höhe Unterkante 0,30 m über Boden (damit auch kleinere Mitarbeiter ihn abnehmen können). Achten Sie darauf, dass kein Mobiliar den Zugriff versperrt. Wartung von Löschgeräten: Ein ungewarteter Feuerlöscher kann im Ernstfall versagen. Alle 2 Jahre ist daher eine Sachkundigen-Prüfung der Feuerlöscher vorgeschrieben. Ein Prüfer (z. B. von einem Brandschutzunternehmen) kontrolliert Füllmenge, Druck, Dichtungen und Funktion und versieht den Löscher mit einer Plakette. Außerdem schreiben Hersteller meist alle 6 – 8 Jahre einen Austausch des Löschmittels (Pulver / Schaum) vor. Diese Intervalle gelten auch für kleinste Praxen. Führen Sie ein Prüfbuch, in dem Wartungen dokumentiert werden – bei Begehungen durch die Berufsgenossenschaft oder das Gewerbeaufsichtsamt wird danach gefragt.
Organisatorischer Brandschutz: Vorbereitung und Training
Neben der baulichen und technischen Ausstattung ist die Organisation des Brandschutzes in der Praxis entscheidend. Alle technischen Vorkehrungen nützen wenig, wenn im Ernstfall niemand weiß, was zu tun ist. Deshalb müssen Praxisinhaber für klare Verantwortlichkeiten, Unterweisungen und Notfallpläne sorgen. Gefährdungsbeurteilung & Brandschutzordnung: Am Anfang steht eine systematische Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes Praxis, die auch Brandgefahren berücksichtigen muss. Dabei werden alle oben genannten Risiken (Elektro, Chemikalien, Fluchtwege etc.) erfasst und bewertet. Aus der Beurteilung leitet der Arbeitgeber geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ab und dokumentiert diese. Wenn sich dabei herausstellt, dass eine erhöhte Brandgefährdung vorliegt (z. B. große Mengen entzündbarer Flüssigkeiten, viele ortsveränderliche Geräte, Patienten mit eingeschränkter Mobilität, etc.), sind besondere Maßnahmen nötig. In diesem Fall schreibt die ASR A2.2 und die DGUV vor, eine Brandschutzordnung zu erstellen. Die Brandschutzordnung nach DIN 14096 besteht aus drei Teilen: Teil A (kurze Verhaltensregeln im Brandfall für alle Personen, als Aushang in der Praxis), Teil B (detaillierte Anweisungen zur Brandverhütung und -bekämpfung für alle Mitarbeiter) und Teil C (spezielle Anweisungen für Mitarbeiter mit Brandschutz-Funktion, z. B. Brandschutzhelfer). Diese Dokumente sollten individuell für Ihre Praxis erstellt und allen Beschäftigten bekannt gemacht sein. In kleineren Praxen ohne erhöhte Risiken mag eine förmliche Brandschutzordnung nicht zwingend sein – dennoch ist es sinnvoll, wenigstens kurze Notfallanweisungen auszuhängen („Im Brandfall: Ruhe bewahren – Notruf 112 absetzen – Patienten über gekennzeichnete Wege nach draußen führen – ggf. Entstehungsbrand löschen – am Sammelplatz zählen“). Solche Aushänge gehören gut sichtbar in den Flur oder Wartebereich. Mitarbeiterunterweisung und Notfallübungen: Alle Beschäftigten müssen über die Brandgefahren in der Praxis und das Verhalten im Notfall informiert und geschult sein. Neue Mitarbeiter erhalten idealerweise am ersten Arbeitstag eine Brandschutz-Unterweisung, da sie die Örtlichkeiten noch nicht kennen. Zudem ist mindestens einmal jährlich eine Auffrischung für das gesamte Team Pflicht. In dieser Unterweisung sollten praxisrelevante Themen behandelt werden, z. B.: Wie melde ich einen Brand? Wo sind Feuerlöscher und wie bediene ich sie? Wie funktioniert die Evakuierung (Wer hilft wem)? Wo ist der Sammelpunkt?. Ergänzend sind praktische Löschübungen vorgeschrieben: Das Löschen mit einem Feuerlöscher will geübt sein. Viele Feuerwehren oder Brandschutzdienste bieten Mitarbeiter-Trainings an, teils mit einem Brandsimulator. Nutzen Sie solche Angebote, damit im Ernstfall die Hemmschwelle sinkt, einen Feuerlöscher tatsächlich einzusetzen. Auch eine Evakuierungsübung einmal pro Jahr kann sinnvoll sein – vor allem in größeren Einrichtungen. So etwas lässt sich z. B. im Rahmen eines Probealarms üben, möglichst ohne Patienten zu gefährden (z. B. nach Sprechstunde mit dem Team durchspielen). Das Wichtigste: Im Alarmfall muss jeder wissen, was zu tun ist – Unsicherheit oder Panik entstehen meist durch mangelnde Vorbereitung. Brandschutzhelfer und -beauftragte: Nach ASR A2.2 ist in jeder Praxis mindestens ein Teil der Beschäftigten als Brandschutzhelfer auszubilden. Als Faustformel gilt 5 % der Mitarbeiter – in kleinen Teams heißt das mindestens eine Person. Diese Helfer müssen in einer speziellen Schulung (oft halbtägig) die Handhabung von Löschmitteln, die Organisation der Evakuierung und die Abläufe im Brandfall lernen. Wichtig: Es muss ständig mindestens ein Brandschutzhelfer anwesend sein. Bei Urlaub, Krankheit oder Schichtbetrieb reicht eine Person schnell nicht aus. Praxisinhaber sollten deshalb lieber zwei oder mehr Mitarbeiter schulen lassen, selbst wenn das über 5 % liegt. Auch sie selbst können diese Schulung absolvieren. Die Ernennung der Brandschutzhelfer erfolgt schriftlich und sollte im Teil C der Brandschutzordnung dokumentiert werden. Brandschutzbeauftragter: Dieser deutlich umfangreicher ausgebildete Experte (mind. 64 Std. Lehrgang) ist in normalen Arztpraxen nicht gesetzlich vorgeschrieben – er wird eher in größeren Betrieben oder auf behördliche Auflage bestellt. Bei sehr großen MVZ oder Kliniken kann es sinnvoll sein, einen Mitarbeiter mit dieser Fortbildung zu haben, der das gesamte Brandschutzmanagement koordiniert. In der Regel wird ein Praxisinhaber aber seiner Verantwortung gerecht, indem er genügend Brandschutzhelfer stellt und ggf. externen Rat einholt. Organisatorische Maßnahmen im Alltag: Viele Brandschutzaspekte lassen sich durch einfache organisatorische Regeln abdecken. Einige praxisnahe Empfehlungen:
- „Ordnung halten“: Vermeiden Sie brennbare Materialansammlungen. Lagerung von großen Papierkartons, Spraydosen, Spiritus etc. nur in dafür vorgesehenen Schränken oder Abstellräumen. Im Steri und Labor nur die benötigten Mengen an entzündlichen Flüssigkeiten bereithalten; Reserven (Kanister, Vorratsflaschen) möglichst in einem Sicherheitsschrank (feuerhemmend) lagern. Schmutzwäsche und Müllbehälter täglich entsorgen, damit sich darin nichts entzünden kann.
- Elektrogeräte abschalten: Am Tagesende sollten nicht benötigte Geräte vom Netz getrennt werden. Ein Nachtmodus bei EDV oder Stand-by bei Geräten spart kaum Zeit, birgt aber Brandrisiken. Planen Sie eine „Shutdown“-Routine: Wer geht, prüft zuletzt Steri, Kaffeemaschine, Klimaanlagen etc. auf Abschaltung. Tipp: Nutzen Sie Steckerleisten mit Schalter, um mehrere Geräte zentral vom Strom zu trennen. Wärmeentwickelnde Geräte (Wasserkocher, Heizdecken) nach Gebrauch stets ausstöpseln.
- Regelmäßige Prüfungen: Neben den genannten Feuerlöscher-Wartungen sind Elektroprüfungen wichtig. Alle 1 – 2 Jahre sollten ortsveränderliche elektrische Geräte (Bohrer, Lampen, PC, Steri-Geräte) von einer Elektrofachkraft geprüft werden (DGUV Vorschrift 3 Prüfsiegel). Auch die Heizung und Klimaanlage profitieren von Wartung – ein sauber eingestellter Brenner und staubfreie Lüfter mindern Brandgefahr. Feueralarm-Probe: Testen Sie vorhandene Rauchmelder oder Alarmanlagen regelmäßig (z. B. Batteriewechsel bei Rauchwarnmeldern 1x jährlich).
- Notfallorganisation: Legen Sie einen Sammelplatz fest, an dem sich im Evakuierungsfall alle Mitarbeiter und ggf. Patienten einfinden (z. B. Parkplatz gegenüber). Ernennen Sie jemanden, der bei Alarm die Patiententoiletten kontrolliert, damit niemand zurückbleibt. Denken Sie an hilfsbedürftige Patienten: Wer im Rollstuhl oder unter Sedierung behandelt wird, braucht im Notfall sofort Unterstützung – besprechen Sie im Team, wer primär solchen Personen hilft. Patientendaten retten steht nicht an erster Stelle – Personenschutz geht immer vor Datenträgern oder Akten. Sorgen Sie aber dafür, dass eine tägliche Datensicherung extern oder in der Cloud vorhanden ist – ein Brand kann sonst existenzbedrohende Datenverluste bedeuten.
- Externe Hilfe & Beratung: Sprechen Sie im Zweifel Ihre örtliche Feuerwehr an – viele Feuerwehren bieten Beratungen für Gewerbetreibende an (oft kostenlos). Diese können Tipps zur Aufstellung der Löschgeräte oder zur Alarmierung geben. Auch die Berufsgenossenschaft (BGW) stellt Infos zum Brandschutz bereit, ebenso die Landeszahnärztekammern (manche haben Leitfäden). Nutzen Sie Checklisten – z. B. gibt es von Brandschutzexperten entwickelte Listen speziell für Arztpraxen, die helfen, nichts zu übersehen.
Resümee
Für Betreiber von Zahnarzt- und Kieferorthopädiepraxen gehört der Brandschutz zu den zentralen Pflichten bei Praxisgründung und -betrieb. Bauliche Sicherheit (ausreichende Rettungswege, feuerhemmende Bauteile, sichere Elektroinstallation) und organisatorische Vorkehrungen (geschultes Personal, Wartung der Geräte, Notfallpläne) greifen ineinander. Nur wenn beide Aspekte erfüllt sind, lässt sich das Risiko minimieren. Im Ernstfall muss eine Praxis innerhalb von Minuten geräumt sein – das erfordert Planung im Voraus. Halten Sie sich an die gesetzlichen Vorgaben und aktuelle technische Regeln, dann sind Sie auf der sicheren Seite. Darüber hinaus gilt: Im Zweifel lieber mehr für den Brandschutz tun als das Minimum. Ein kleiner zusätzlicher Aufwand (z. B. extra Feuerlöscher, eine Schulung mehr, ein Rauchmelder im Archiv) kann im Ernstfall Leben retten oder Ihre Existenz bewahren. Investieren Sie also proaktiv in den Brandschutz – Ihre Mitarbeiter und Patienten vertrauen darauf, dass sie bei Ihnen in sicheren Händen sind. Dringend zu empfehlen ist es bei jeder Praxisübernahme oder Raumanmietung diese zuvor durch einen Sachverständigen begehen zu lassen. Ergänzend durch diesen eine sog. Technische Due Diligence durchführen zu lassen, um eine umfassende Bewertung der Praxis zu erhalten. Dies schützt vor versteckten Kosten und späteren Diskussionen mit dem Eigentümer / Verkäufer wer die Kosten z. B. für brandschutztechnische Ertüchtigungen trägt.