Recht 11.05.2023
Arbeitsrechtliche Aufgaben digitalisieren und revisionssicher dokumentieren
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Die Digitalisierung mag in aller Munde sein, die deutsche Bürokratie ist jedoch nach wie vor geprägt von der analogen Schriftform. Dabei ist das Faxgerät in der Kommunikation mit den Behörden der Goldstandard. Und auch das Arbeitsrecht fußt auf dem schriftlichen Papierverkehr. So sieht das Gesetz in § 623 BGB beispielsweise vor, dass eine Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit die Schriftform benötigt. Konkret bedeutet dies, dass das Dokument im Original unterzeichnet wird und dem anderen im Original übergeben (rechtlich: zugegangen) sein muss. Was bedeutet dies für die Zusammenarbeit zwischen Praxis und Labor?
Nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Diese Vorschrift ist vielen Arbeitgebern nicht bekannt, was auch daran liegt, dass im NachwG selbst keine Folgen für einen Verstoß geregelt sind. Wenn der Arbeitnehmer dann allerdings – beispielsweise vor Gericht – behauptet, dass ihm noch x Urlaubstage und/oder x Gehälter zustehen, ist der Arbeitgeber in der Pflicht, diese Behauptungen zu widerlegen. Das wird ihm ohne einen schriftlichen Arbeitsvertrag kaum gelingen.
Nach geltender Rechtslage müssen Arbeitgeber insbesondere folgende Nachweispflichten erfüllen beziehungsweise schriftlich festhalten:
- Befristungen: Es muss die vorhersehbare Dauer oder (neu!) die genaue Angabe des Enddatums angeben werden.
- Homeoffice-Regelungen: Es muss der konkrete Hinweis erfolgen, dass der Arbeitsort frei gewählt werden kann
- Probezeit: Es muss, sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit angegeben werden.
- Vergütung/Sonderzahlungen/Überstunden
- Es müssen die genaue Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgelts getrennt angegeben werden. Weiterhin muss die jeweilige Fälligkeit und Art der Auszahlung festgehalten werden.
- Arbeitszeit: Es müssen die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen festgehalten werden.
- Bei Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG: Es müssen die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu leisten hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, der durch Referenztage und Referenzstunden festgelegte Zeitrahmen, die Mitteilungsfrist des Arbeitgebers so-wie die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen schriftlich festgehalten werden.
- Fortbildungen: Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen muss ebenfalls fixiert werden.
- Betriebliche Altersvorsorge: Hier müssen der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers schriftlich vereinbart werden.
- Kündigungen: Außerdem müssen das Schriftformerfordernis, die Kündigungsfristen sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG schriftlich festgehalten werden.
Achtung Minijobber
Minijobber dürfen maximal 520 EUR im Monat verdienen. Vereinbart der Arbeitgeber mit dem geringfügig Beschäftigten einen schriftlichen Arbeitsvertrag, ist nach der Gesetzeslage für 2022 darauf zu achten, dass der Mindestlohn von 12 EUR eingehalten wird. Problematisch wird es dann, wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert. Denn: Ist der Arbeitsvertrag nur in mündlicher Form geschlossen, wird eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden fingiert. Dies führt dann dazu, dass die 520-Euro-Grenze überschritten wird. Das bedeutet, dass einerseits die Rentenversicherung den Arbeitgeber zum finanziellen Ausgleich der nicht gezahlten Sozialversicherungsabgaben verpflichten kann. Zu beachten ist, dass gesetzlich hierfür eine Nachforderung von bis zu vier Jahren möglich ist.
Andererseits kann der Arbeitnehmer selbstverständlich den entsprechenden höheren Lohn fordern und/oder z. B. eine höhere Abfindungszahlung. Empfindliche Strafen sieht daneben auch das Mindestlohngesetz (MiLoG) in § 21 vor. Wird gegen die Regelungen dieses Gesetzes verstoßen, eröffnet der Zoll ein Bußgeldverfahren. Insgesamt drohen Geldstrafen von bis 30.000 EUR und sogar bis zu 500.000 EUR.
Haftung des Zahnarztes für sein Labor
Nicht bewusst ist vielen Zahnärzten, dass sie nicht nur für die Einhaltung des Mindestlohns bei eigenen Arbeitnehmern haften, sondern möglicherweise auch bei Arbeitnehmern von ihnen beauftragter Unternehmen. In der Praxis betrifft dies regelmäßig die Arbeitnehmer von gewerblich tätigen Dentallaboren.
Über § 13 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) und § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes wird geregelt, dass ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers zur Zahlung des Mindestentgelts an dessen Arbeitnehmer haftet. Ziel der Regelung ist es, dass sich ein Unternehmer nicht dadurch seinen eigenen Verpflichtungen aus dem MiLoG entziehen können soll, dass er eine Werk- oder Dienstleistung nicht mit eigenen Angestellten erbringt, sondern Nachunternehmer einsetzt. Hieraus folgt wiederum, dass die Regelung nur dann gelten soll, wenn sich der Unternehmer zur Erfüllung eigener Pflichten, die er gegenüber Dritten hat, an Nachunternehmen wendet. Für Werk- oder Dienstleistungen, die dem Eigenbedarf des Unternehmers dienen, ist dies nicht der Fall.
Für Zahnärzte bedeutet dies, dass sie nicht für die Einhaltung des Mindestlohns bei der Reinigungsfirma, die für die eigene Praxis engagiert ist, haftbar gemacht werden können, wohl aber für die Zahlung des Mindestlohns durch ein beauftragtes Fremdlabor. Bei der Beauftragung eines gewerblichen Dentallabors werden regelmäßig werkvertragliche Pflichten weitergegeben, die der Zahnarzt gegenüber den Patienten übernommen hat.
Fazit
Indem Sie als Praxis- oder Laborinhaber die arbeitsrechtlichen Gestaltungsmittel einsetzen, klare und verbindliche Handlungsabläufe aufstellen sowie Ihr arbeitsrechtliches Direktionsrecht nutzen, können Sie Ihr Unternehmen effektiv führen und sind damit den Herausforderungen des modernen Praxisalltags bestens gewachsen.
Dieser Beitrag ist im IJ Implantologie Journal erschienen.