Recht 06.03.2013
Chef überwachte heimlich Computer - Beweismaterial unverwertbar
Nicht nur deutsche Arbeitgeber legen
bei der Kontrolle ihrer Mitarbeiter zuweilen eine besondere
Kreativität an den Tage, dies zeigt ein aktuelles Urteil des
Schweitzerischen Bundesgerichts vom 17.01.2013 (Az. 8C 448/2012). Ein
Arbeitgeber verdächtigte seinen Arbeitnehmer, den ihm zur Verfügung
gestellten Computer nebst Internetzugang zu betriebsfremden
privaten Zwecken zu verwenden. Um diesen Verdacht zu bestätigen,
liess der Arbeitgeber ein Überwachungs-Programm installieren,
welches über drei Monate unbemerkt alle über den Computer
getätigten Operationen (aufgerufene Webseiten, E-Mail-Verkehr)
aufzeichnen konnte. Aufgrund dieser Aufzeichnungen konnte
nachgewiesen werden, dass der Angestellte einen erheblichen Teil
seiner Arbeitszeit für private oder doch mindestens für
geschäftsfremde Zwecke verwendete. Da das Programm in regelmässigen
Abständen Bildschirmfotos (Screenshots) erstellte, erlaubte diese
Kontrolle dem Arbeitgeber auch, vom Inhalt der besuchten Webseiten
und der elektronischen Post Kenntnis zu nehmen. Diese Inhalte waren
teilweise streng vertraulich (e-Banking) oder zumindest privat. Der
Arbeitgeber nahm seine Erkenntnisse zum Anlass, den Arbeitnehmer
fristlos zu kündigen. Zu Unrecht, urteilte nunmehr das Schweizer
Bundesgericht.
Bewertung:
Das Urteil ist zutreffend und dürfte
auch auf die deutsche Rechtslage übertragbar sein. Zwar ist es einem
Arbeitgeber grundsätzlich gestattet, die private Nutzung von
Informations- und Kommunikationsanlagen (IuK) generell zu untersagen
und die Einhaltung des Verbotes auch stichprobenartig zu überprüfen;
gleichwohl ist dem Informationsinteresse des Arbeitgebers auch in
diesem Fall eine klare Grenze gesetzt. Hat sich der Arbeitgeber dazu
entschieden, die private Nutzung von Internet und E-Mail am
Arbeitsplatz zu untersagen, stellt sich eine weisungswidrige Nutzung
durch die Beschäftigten als Pflichtverletzung des Arbeitsvertrages
dar, die - ggf. nach Abmahnung - zur Kündigung des Arbeitnehmers
berechtigen kann. Für den Arbeitgeber, der die private Nutzung von
Internet und E-Mail am Arbeitsplatz nicht gestatten möchte, stellt
sich die Frage inwiefern er - ohne Verstösse gegen geltendes
Datenschutzrecht - kontrollieren kann, ob - entgegen seiner Weisung -
die betrieblichen EDV-Anlagen auch für private Zwecke genutzt
werden. Da die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen im TKG und
TMG hier keine Anwendung finden, sind im Zusammenhang mit der Nutzung
dieser Telekommunikationseinrichtungen die allgemeinen
datenschutzrechtlichen Bestimmung zu beachten (§ 1 Abs. 3 Satz 1
BDSG). Insbesondere im Rahmen der Überwachung der dienstlichen
Nutzung von Internet und E-Mail kommt es regelmäßig zu einer
Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Verbindungs-, Nutzungs-
und Inhaltsdaten im Sinne von § 3 BDSG. Die erfassten Daten der
Internetnutzung können dabei Informationen darüber enthalten,
welche Internetdienste wann und wie lange benutzt und welche Angebote
im Einzelnen aufgerufen wurden. Die in nahezu jedem Browser
aufrufbare Nutzungshistorie kann dazu genutzt werden, ein
regelrechtes Nutzungsprofil (Surfverhalten) des jeweiligen
Beschäftigten herzustellen. Auch wenn dem Arbeitgeber daran gelegen
ist, den dienstlichen E-Mail-Verkehr entweder aus rein
unternehmerischen Zwecken oder zur Überprüfung der Einhaltung des
Verbotes privater Nutzung zu überwachen, gelten auch hier die
allgemeinen Bestimmungen des BDSG. Dementsprechend ist die Erhebung,
Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch bei einem
Verbot der privaten Nutzung von Internet und E-Mail grundsätzlich
nur dann zulässig, soweit eine gesetzliche Bestimmung dies gestattet
oder eine konkrete Einwilligung des Betroffenen vorliegt.
Da die Protokollierung der
Nutzungsdaten durch den Arbeitgeber wegen des im Rahmen der
Datenerhebung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BDSG zu
beachtenden Verhältnismäßigkeitsprinzips jedoch nicht zu einer
lückenlosen Kontrolle des Verhaltens des Beschäftigten am
Arbeitsplatz führen darf, die allgemein als schwerwiegender Eingriff
in das Persönlichkeitsrecht angesehen wird und nur bei einem
konkreten Missbrauchsverdacht im Einzelfall zulässig sein soll, ist
der Arbeitgeber grundsätzlich nur dazu berechtigt, den
E-Mail-Inhalt stichprobenartig zu überprüfen. Insoweit ist auch die
Vorgabe des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zu beach-ten, der die
Datenerhebung im Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich vom
Vorliegen einer betrieblichen Erforderlichkeit abhängig macht.
Regelmäßig sollte der Arbeitgeber daher nur stichprobenartig auf
einzelne dienstliche E-Mails zugreifen, weil eine Vollprotokollierung
einer nicht mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu
vereinbarenden umfänglichen Verhaltens- und Leistungskontrolle
gleichzusetzen und damit unzulässig wäre (Elschner, in:
Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, 26.
Ergänzungslieferung 2010, Teil 22.1, Rn. 176). Der Beschäftigte
darf insoweit grundsätzlich keinem unzumutbaren Überwachungsdruck
ausgesetzt sein, dem eine Vollprotokollierung sicherlich immanent
wäre. Dementsprechend sollte ein unmittelbarer Zugriff des
Arbeitgebers auf die E-Mail-Konten seiner Beschäftigten nicht
eingerichtet werden.
Quelle: Kazemi & Lennartz Newsletter I-03-13
Autor: Dr. Robert Kazemi