Recht 20.05.2016
Das Antikorruptionsgesetz tritt in Kraft
Nachdem es eine Zeit lang ruhig geworden war um das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, steht das Inkrafttreten der neuen Straftatbestände jetzt unmittelbar bevor. Die Regierungskoalition hat sich auf einen Entwurf für das Antikorruptionsgesetz geeinigt und das Gesetz am 14.4.2016 im Bundestag verabschiedet.
Mit dem Gesetz will der Gesetz- geber Einflussnahme, Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter Strafe stellen. Aus diesem Grund hat er die Einführung zweier spiegelbildlich formulierten Straftatbestände der Bestechlichkeit (§ 299 a StGB) und der Bestechung (§ 299 b StGB) im Gesundheitswesen beschlossen.Adressaten des § 299 a StGB sind alle Angehörigen von Heilberufen, die einer staatlich geregelten Ausbildung bedürfen.
Mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren wird zukünftig die Vorteilsgewährung und Vorteilsnahme für die unlautere Bevorzugung eines Anbieters im Wettbewerb im Zusammenhang mit der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten sowie dem Bezug von Arzneimitteln, Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die ohne vorherige Verordnung unmittelbar durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer angewendet werden, oder die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial bestraft.
In besonders schweren Fällen, insbesondere wenn sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, sieht § 300 StGB sogar eine Straferhöhung mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Wie es so oft der Fall ist, hat das Gesetz auf der Zielgeraden noch einige Änderungen erfahren: Zum einen hat die Regierungskoalition in der Beschlussempfehlung nun die umstrittene Bezugnahme auf die Ver letzung von berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit gestrichen. Dieser Verweis auf die Berufspflichten war kritisiert worden, da die Berufspflichten von den jeweiligen Kammern in den Bundesländern festgelegt werden, sodass diese Regelung vielfach als zu unbestimmt und damit als verfassungswidrig eingestuft worden war. Der Gesetzgeber hat in seiner Gesetzesbegründung allerdings ausdrücklich klargestellt, dass durch diese Streichung keine Strafbarkeitslücken ent- stehen sollen. Der gestrichene Berufsrechtsverweis sollte vor allem in den Fällen zum Einsatz kommen, in denen es aufgrund einer Monopolstellung an einer Wettbewerbslage fehlt und daher nicht ohne Weiteres von einer Bevor- zugung im Sinne einer Entscheidung zwischen mehreren Wettbewerbern ausgegangen werden kann. In der Begründung des Änderungsantrags wurde deshalb nochmals klargestellt, dass der Begriff des Wettbewerbs im Gesundheitswesen sehr weit zu ver- stehen sei. So könne auch bei einem vermeintlichen Monopolisten sowie im Bereich der personalisierten Medizin von einer Wettbewerbssituation aus gegangen werden.Auch der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vizevorsitzender des Rechtsausschusses Dr. Jan-Marco Luczak betonte, dass die Streichung des Berufsrechtsverweises faktisch zu keiner Abschwächung des Gesetzes führe, da in der Praxis Korruptionsfälle fast ausnahmslos bereits von der ersten Tatbestandsalter- native zum Schutz des lauteren Wettbewerbs erfasst würden. Tatsächlich hat das Gesetz sogar noch eine Verschärfung im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf erfahren. Nach der jetzt verabschiedeten Beschluss- empfehlung des Bundestages ist das Gesetz als Offizialdelikt ausgestaltet, das heißt, die Staatsanwaltschaften verfolgen diese Taten bei Vorliegen eines sogenannten Anfangsverdachts von Amts wegen.
Der ursprüngliche Entwurf sah dagegen vor, dass die Korruptionstaten
nur auf Antrag, etwa von Geschädig-
ten, Krankenkassen, Berufsverbänden, Kammern und Kassen(zahn)ärztliche Vereinigungen, verfolgt werden sollten.
Der Gesetzgeber begründet diese
Änderung damit, dass mit der Einführung der §§ 299 a und 299 b StGB ein doppelter Rechtsgüterschutz verfolgt werde. Neben der Sicherung des fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen solle das Vertrauen der Patienten in
die Integrität heilberuflicher Entscheidungen geschützt werden. Die Inte-
grität heilberuflicher Entscheidungen
sei ein überindividuelles Rechtsgut
von großer Bedeutung. Die Begehung einer Straftat der Bestechlichkeit oder Bestechung im Gesundheitswesen werde damit immer auch die Interes-
sen der Allgemeinheit in nicht unerheblicher Weise berühren. Daher sei
es sachgerecht, auf ein Strafantragserfordernis zu verzichten.Eine Erleichterung hat sich lediglich noch für Apotheker ergeben. Das folgt aus der Streichung der Bezugnahme
auf die Abgabe und den Bezug von
Arzneimitteln, die nicht zur direkten
Anwendung durch den Heilberufs-
angehörigen vorgesehen sind. Damit
ist davon auszugehen, dass Verstöße gegen Preis- und Rabattvorschriften kein korruptionsspezifisches Unrecht mehr darstellen. Diese können jedoch weiterhin als Ordnungswidrigkeiten nach dem Heilmittelwerbegesetz oder nach dem Gesetz über das Apothe-
kenwesen geahndet werden. Es bleibt aber auch nach der aktuel-
len Beschlussempfehlung dabei, dass sich Apotheker als Vorteilsgeber strafbar machen können, beispielsweise wenn sie von (Zahn-)Ärzten bestochen werden, um ihnen Patienten zuzu-
weisen, oder – umgekehrt – wenn
sie (Zahn-)Ärzten Vorteile zukommen lassen, um deren Entscheidungen
zugunsten ihrer Apotheke zu beein-
flussen. Das Gesetz wird jetzt noch im Bundes- rat beraten. Eine Zustimmung des Bundesrates ist jedoch nicht erforderlich,
sodass hier keine Änderungen mehr zu erwarten sind. Anschließend tritt das Gesetz dann am Folgetag der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Aufgrund des im Strafrecht geltenden sog. Rückwirkungsverbotes sind Verhaltensweisen, die vor diesem Stichtag liegen, zwar nach den bisherigen berufsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen unzulässig, aber noch nicht strafbar. Das ändert sich
aber ab dem Tag des Inkrafttretens
ohne eine weitere Übergangsfrist. Und auch hier gilt – Unwissenheit schützt
vor Strafe nicht!
Fazit
Es ist deshalb dringend anzuraten, dass sich Angehörige der Heilberufe mit den neuen Straftatbeständen auseinandersetzen, zumal das Gesetz durch den Gesetzgeber bewusst sehr weit ge-fasst wurde, um alle Varianten von
korrupten Verhaltensweisen im Gesundheitswesen zu erfassen. Auch die Hersteller von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten werden ihre Vertriebssysteme und Kundenbindungssysteme dahingehend überprüfen müssen, ob diese mit dem neuen Gesetz in Einklang zu bringen sind.
Das Thema Compliance im Gesundheitswesen gewinnt damit erneut an
Aktualität.
Autorin: Anne Stenger