Recht 06.08.2009
Das juristische A und O des Marketings
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Ob es die Aufhebung der (Wettbewerb beschränkenden) Zulassungssperren für die Zahnärzte, die neue fallzahlbezogene Vergütung der Ärzte ab 2009 oder der Kampf um die Privatpatienten ist: Viele Aspekte sprechen für ein modernes Marketing, welches die klassischen Vorgehensweisen (zuweisende Kollegen, Mundpropaganda etc.) ergänzt. Es reicht heute – dies mag man bedauern – nicht mehr aus, allein eine gute, qualitativ hochwertige und gegebenenfalls preisgünstige Leistung anzubieten.
Dem (Zahn-)Arzt ist nach der Rechtsprechung und den berufsrechtlichen Regelungen lediglich die berufswidrige Werbung untersagt. Die Frage, wann eine berufswidrige Werbung vorliegt, ist einzelfallabhängig zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bewertung von Darstellungen unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten nicht statisch ist, sondern zeitbedingten Veränderungen unterliegt. Das (zahn-)ärztliche Werberecht ist in den letzten fünf Jahren insbesondere durch die Rechtsprechung erheblich liberalisiert worden. Ganz grundsätzlich liegt keine berufswidrige Werbung „in der wahrheitsgemäßen sachlichen Unterrichtung, die dazu dient, ein Informationsbedürfnis des Publikums zu befriedigen bzw. wenn der Schwerpunkt der werblichen Darstellung diesem Sachlichkeitsgebot genügt“.
Die sachliche Information muss also im Vordergrund stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einigen grundlegenden Entscheidungen ausgeführt, dass trotz des Werbeverbotes in den (zahn-)ärztlichen Berufsordnungen dem (Zahn-)Arzt neben der auf seiner Leistung und seinem Ruf beruhenden Werbewirkung eine Reihe von Ankündigungen mit werbendem Charakter unbenommen sind. Zusätzlich ist die Frage zu stellen, an wen sich die Werbemaßnahme richtet. Innerhalb der ärztlichen Fachkreise ist der Rahmen sehr weit zu ziehen, während gegenüber dem eigenen Patientenstamm größere Zurückhaltung zu üben ist. Am engsten ist der Spielraum bei Verlautbarungen, welche sich an die breite Öffentlichkeit richten. Oftmals kommt es zwischen dem (Zahn-)Arzt und den Kammern zu Streitigkeiten um die Auslegung des Begriffes „berufswidrige Werbung“.
Gegen ein Werbevorhaben wird häufig vorgebracht, dass eine zu weitgehende Kommerzialisierung des (zahn-)ärztlichen Berufs zu erwarten steht. Zugleich sei der Schutz der Patienten vor Verunsicherung und Irreführung zu gewährleisten. Es häufen sich jedoch Urteile, welche aufgrund des Informationsbedürfnisses der Patienten und der notwendigen Transparenz der Leistungsangebote Werbung des (Zahn-)Arztes als nicht berufswidrig bezeichnen. So können medizinische Veröffentlichungen in der Boulevardpresse, deren Informationen dem Niveau der Leserschaft angepasst sind und durch entsprechende Darstellungen verdeutlicht wurden, ebenso zulässig sein wie regelmäßige sachliche Anzeigen in Medien. Selbst der Anzeigentext „Schönheit ist das Ziel. Vertrauen Sie unserem Facharzt für plastische Chirurgie“ (nachfolgend wurden verschiedene angebotene Leistungen aufgeführt) wurde nicht beanstandet. Der Inhalt der Anzeige werbe laut Gericht zwar in allgemeiner Form für die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen und verlasse den Rahmen der sachgemäßen Information. Als Werbesprüche würden die Sätze die eigenen Leistungen jedoch nicht – insbesondere auch nicht gegenüber den Leistungen anderer – in einer Weise hervorheben, die als anpreisend beurteilt werden müsse.
Eine Anzeige auf jeder dritten bzw. vierten Seite eines Telefonbuches überschreitet jedoch die Grenzen einer interessensgerechten und sachangemessenen Information der Öffentlichkeit und es wird der Anschein erweckt, dass hier der „Verkauf“ von Leistungen in den Vordergrund gedrängt würde. Auch ist die Werbung mit einem farbigen Faltblatt, welches Technik und Ablauf von Implantatbehandlungen in der Weise schildert, dass sie anders als herkömmliche Behandlungen mehr Lebensqualität sichern können („Zahn für Zahn mehr Lebensqualität“; „Sicher – bequem – ästhetisch“), nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes nicht zu beanstanden. Soweit der Zahnarzt nicht im Text des Faltblattes auftaucht und dieses Faltblatt nicht in der Praxis des niedergelassenen Zahnarztes ausgelegt wird, komme es nicht darauf an, ob im Wesentlichen für Leistungen, die auch in einer ambulanten Praxis zu erbringen sind, geworben wird. Als zulässig muss es mittlerweile auch angesehen werden, nachweisbare Spezialisierungen bzw. Tätigkeitsschwerpunkte anzugeben. Soweit durch eine Werbemaßnahme ein (Zahn-) Arzt besonders in seiner Persönlichkeit und seinen Fähigkeiten beleuchtet wird, ist auch aus einer solchen Image- und Sympathiewerbung nicht zwangsläufig auf eine Anpreisung zu schließen.
Dem (Zahn-)Arzt muss vielmehr grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet sein, sein Bild in der Öffentlichkeit positiv zeichnen zu dürfen. Darstellungen, die einen (Zahn-)Arzt in seiner Persönlichkeit kennzeichnen, dürfen eine emotionale Ebene ansprechen, da gerade auf diese Weise das Vertrauensverhältnis zwischen (Zahn-)Arzt und Patient gestärkt werden kann. Ein unter einem Praxisschild für eine Zahnarztpraxis angebrachtes Schild mit einem MACDENT-Logo und der Umschrift „Geprüfte Qualitätsstandards“ und dem Hinweis auf die Internetadresse von MACDENT stellt allerdings eine berufswidrige Werbung dar (so aktuell das OVG Münster, Az.: 13 A 1712/06, Beschl. v. 26.6.2008). Nach Meinung des Gerichts könne dem Schild eine sachangemessene Patienteninformation nicht zuerkannt werden. Denn aus dem fraglichen MAC-Logo mit der Umschrift „Geprüfte Qualitätsstandards“ sei nicht erkennbar, welche besonderen Qualitätsmerkmale der Praxis mit diesen Angaben angesprochen und herausgestellt werden sollen. Die gerichtliche Vorinstanz hatte übrigens noch angemerkt, dass wegen des Wortbestandteils „MAC“ auch eine Vorstellung auf eine preisgünstige(re) zahnärztliche Versorgung gedankliche Assoziation zu der Schnellrestaurant-Kette „McDonald's“, mit der das Image einer schnellen und preiswerten Bedienung im Fast-Food-Bereich verbunden sein könnte und (auch) deswegen die Verurteilung des Zahnarztes bestätigt.
Hingegen konnten einem MKG-Chirurg, der aufgrund einer entsprechenden Zusatzqualifikation zur Durchführung plastischer Operationen berechtigt ist, seine Einträge in Telefonbücher (Rubriken „Plastische Chirurgie“ bzw. „Plastische und Ästhetische Chirurgie“) nicht untersagt werden (LG Münster 07.01.2008, Az.: 25 O 170/07). Er hatte in dem Verzeichnis in „Das Örtliche“ sein Praxisschild abgedruckt, das unter anderem die Angaben „Facharzt f. Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie“ sowie „Plastische Operationen“ enthält. Die Klägerin hatte behauptet, aufgrund der Inserate in diesen Rubriken erwarte der Verbraucher Fachärzte für plastische bzw. plastische und ästhetische Chirurgie. Sie würden in ihrer Erwartung enttäuscht, wenn sie erführen, dass der Beklagte nicht Facharzt für plastische Chirurgie sei. Das Gericht sah dies aber anders.
Der von berufs- und wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen bedrohte (Zahn-)Arzt sollte nach alldem in jedem Einzelfall überprüfen, wie er sein Marketing ausprägt. Genügend Spielräume sind vorhanden, soweit bestimmte Grenzen beachtet werden. Auf der anderen Seite kann sich ein (Zahn-)Arzt überlegen, ob er selbst gegen einen aggressiv und unsachlich werbenden ärztlichen Kollegen einen Unterlassungsanspruch geltend machen sollte. Denn nur so kann zeitnah verhindert werden, dass der Mitbewerber ungerechtfertigte Akquise betreibt und daraus resultierende Vorteile abschöpft.
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