Recht 06.08.2009

Der Praxismietvertrag - die "Lebenslinie" Ihrer Praxis



Der Praxismietvertrag - die "Lebenslinie" Ihrer Praxis

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Sie sind als Zahnarzt im Regelfall nicht Eigentümer der Räumlichkeiten, in denen Sie Ihre Praxis ausüben. Daraus ergibt sich der Zwang, entsprechende Räumlichkeiten an einem geeigneten Standort zu mieten. Da der Mietvertrag für die Entwicklung Ihrer Praxis und die Anpassung an neue Herausforderungen von entscheidender Bedeutung ist, lohnt es sich, seine Ausgestaltung sorgfältig zu bedenken. Dazu soll Ihnen der nachfolgende Artikel, ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Verbindlichkeit, Hinweise und Anregungen geben.

Beim Praxismietvertrag handelt es sich um einen Mietvertrag über Geschäftsräume. Dies hat zur Folge, dass weder die mietrechtlichen Schutzvorschriften für Mieter von Wohnraum Anwendung finden, noch ein gesetzlicher Kündigungsschutz besteht. Vielmehr gilt für die Kündigung § 580a Abs. 2 BGB. Hier ist geregelt: „Bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume ist die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres zulässig.“ Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine vertragliche Regelung über die Kündigung zu treffen. Des Weiteren gelten auch nicht die gesetzlichen Begrenzungen für Mieterhöhungen bei Wohnraum-Mietverhältnissen. Dies bedeutet für Sie, dass Sie eine entsprechende vertragliche Regelung treffen müssen, um sich nicht möglichen Begehrlichkeiten des Vermieters auszusetzen. Bitte beachten Sie auch: Der im Schreibwarenhandel erhältliche Standardmietvertrag ist für die Zahnarztpraxis ungeeignet!

Vertragliche Regelungen
Der Vermieter sollte gewähren, dass die Mietsache bei Mietbeginn in bauplanungsrechtlicher und bauordnungsrechtlicher Hinsicht den behördlichen Anforderungen für den Betrieb einer Zahnarztpraxis entspricht. Stichworte hierzu: Betrieb einer Zahnarztpraxis in ehemaligen Wohnräumen (Achtung! Zweckentfremdung von Wohnraum) sowie der Nachweis von Einstellplätzen.
Bei der Mietdauer sollte eine Festmietzeit mit zusätzlichen Optionen festgelegt werden (z.B. zehn Jahre Festmietzeit und drei mal fünf Jahre als Option). Bitte beachten Sie: Während der Festmietzeit ist nur eine Kündigung aus wichtigem Grund bzw. bei vereinbarten Sonderkündigungsrechten möglich (zu Sonderkündigungsrechten s.u.). Bezüglich der Wahrnehmung der Optionen empfiehlt es sich vertraglich zu regeln, dass die Verlängerung automatisch erfolgt, wenn nicht der Mieter innerhalb einer vereinbarten Frist widerspricht.
Tipp: Sind die Praxisräumlichkeiten bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht fertig, empfiehlt sich die Aufnahme einer Klausel, wonach bei verspäteter Übergabe des Mietobjektes eine Vertragsstrafe geschuldet wird. Hierzu muss der Mietbeginn als Fixtermin in den Vertrag aufgenommen werden.

Mietkosten
Erkundigen Sie sich zunächst vor Abschluss des Mietvertrages nach den ortsüblichen Vergleichsmieten. Der Mietzins sollte pro Quadratmeter der Mietfläche angegeben werden. (Stellt sich nachträglich heraus, dass die angegebene Quadratmeterzahl nicht stimmt, lässt sich der Mietzins leicht korrigieren.) Was die Entwicklung der Mietkosten angeht, wird vonseiten der Vermieter häufig eine sog. Mietpreisgleitklausel in den Vertrag aufgenommen.

Mietpreisgleitklausel
Meist mit Anbindung an den 4-Personen-Haushaltsindex und Anpassungsautomatik. Hier empfiehlt es sich, dass die Miete erstmalig nach drei bis fünf Jahren erhöht werden darf. Danach sollte sie sich nur dann automatisch erhöhen/ermäßigen, wenn sich der Index jeweils um eine bestimmte Prozentzahl, z.B. zehn Prozentpunkte, erhöht/ermäßigt hat. Dies stellt sicher, dass die Miete für jeweils einen bestimmten Zeitraum konstant bleibt.
Beispiel: Der Index ändert sich z.B. um durchschnittlich zwei Prozentpunkte pro Jahr nach oben. Bei einer Anpassung der Miete erst bei einem Indexanstieg um zehn Prozentpunkte bedeutet dies fünf Jahre konstante Miete.
Tipp:
Eine Mietpreisgleitklausel mit automatischer Anpassung an den jeweiligen Stand des Index ist weniger günstig, weil sich dann jedes Jahr der Mietpreis ändert.
Hinweis: Eine Mietpreisgleitklausel mit automatischer Anpassung bedarf der Genehmigung durch die jeweilige Landeszentralbank. Keiner Genehmigung bedarf eine Mietpreisgleitklausel mit Verhandlungsklausel.

Staffelmieten
Die Staffelung des Mietzinses (Erhöhung um einen bestimmten Prozentsatz in regelmäßigen Abständen) ist möglich, aber im Regelfall ungünstig.

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Betriebs- und Nebenkosten
Soweit keine vertragliche Regelung besteht, sind diese Kosten vom Vermieter zu tragen. Der Vermieter ist allerdings berechtigt, die entstehenden Nebenkosten vollumfänglich auf den Mieter umzulegen. Sie wiederum sind als Mieter berechtigt, darüber zu verhandeln, welche Nebenkosten von Ihnen und welche Nebenkosten vom Vermieter getragen werden sollen. Achten Sie in diesem Zusammenhang darauf, dass Sie nur solche Kosten tragen, die Ihnen auch zweifelsfrei zugeordnet werden können.
Tipp: Nehmen Sie eine Klausel in den Vertrag auf, bis zu welchem Zeitpunkt jeweils der Vermieter die Nebenkosten abrechnen muss.

Mietsicherheiten
Bei Vermietung von gewerblichen Mieträumen gibt es keine Begrenzung einer Mietsicherheit auf bis zu drei Monatsmieten. Wenn Mietsicherheiten verlangt werden, sollte man diese dennoch auf höchstens drei Monatsmieten begrenzen. Des Weiteren sollte diese Kaution möglichst nicht in bar oder in Form der Übergabe eines Sparbuches, sondern als Bankbürgschaft (begrenzt auf den Betrag der Mietsicherheit) geleistet werden. Dies ist finanziell günstiger. Erkundigen Sie sich aber zunächst bei Ihrer Bank hinsichtlich der Kosten und Bedingungen.

Sonderkündigungsrechte
Berufsunfähigkeitsklausel
Recht des Mieters zur außerordentlichen Kündigung, wenn durch amtsärztliches Zeugnis festgestellt wurde, dass der Zahnarzt nicht mehr in der Lage ist, selbstständig die Praxis zu führen.

Tod des Praxisinhabers
Im Vertrag sollte geregelt sein, dass die Witwe bzw. die Erben einseitig das Recht haben, das Mietverhältnis entweder zu kündigen, es fortzusetzen oder die Praxis an einen Dritten zu verkaufen (der dann automatisch das Mietverhältnis fortsetzt), siehe Verkaufsklausel.

Verkaufsklausel
Verpflichtung des Vermieters, auf Wunsch des Mieters mit einem Nachfolger des Mieters einen Mietvertrag (zu den bestehenden Bedingungen) abzuschließen. Recht des Vermieters, den Nachfolger abzulehnen, nur bei wichtigem Grund in dessen Person.

Sicherung der Praxistätigkeit
Partnerschaftsklausel nach dem PartGG
Das PartGG eröffnet Zahnärzten die Möglichkeit, mit weiteren Zahnärzten, aber auch mit Ärzten und (in manchen Kammern) mit Angehörigen anderer freier Heilberufe Partnerschaftsgesellschaften zu gründen. Beim Mietvertrag ist darauf zu achten, dass die Nutzung der Mieträumlichkeiten nicht nur auf die zahnärztliche Berufsausübung beschränkt ist, sondern auch der Nutzung durch andere freie Berufe zugänglich ist (z.B. Zahnarzt und Physiotherapeut, Zahnarzt und Ergotherapeut, Zahnarzt und Diätassistentin usw.).

Sozietätsklausel
Berechtigung des Mieters, weitere Zahnärzte als Sozietätspartner aufzunehmen, die dann, bei ansonsten unverändertem Mietvertrag, Mietpartei werden.

Vormietrecht
Um sicherzustellen, dass eine geplante Ausweitung der Praxistätigkeit nicht an räumliche Grenzen stößt, sollten Sie auch an ein Vormietrecht (zum Beispiel für weitere Räumlichkeiten im Anschluss an die Praxis) denken. Ein Vormietrecht verpflichtet den Vermieter, dem Mieter ein Mietrecht an zusätzlichen Räumen einzuräumen, wenn innerhalb des Hauses Räume neu vermietet werden.

Schuldrechtliches Vorkaufsrecht
Damit Sie die Kontinuität der Praxisausübung in der Immobilie sichern, lohnt es sich darüber nachzudenken, ob mit dem Vermieter ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht hinsichtlich der Immobilie vertraglich vereinbart werden soll. Ein solches Vorkaufsrecht begründet das Recht, in einem wirksam geschlossenen Kaufvertrag, der zwischen dem Vertragspartner (jetzigem Vermieter) und einem Dritten geschlossen wurde, einzutreten. Mit der  Ausübung des Vorkaufsrechts kommt dann der Kauf zwischen dem Berechtigten (Zahnarzt) und dem Verpflichteten unter dem Kaufpreis zustande, den der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hatte.

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Bauliche Veränderungen
Sie sollten nur dann der Zustimmung des Vermieters bedürfen, wenn Sie bautechnische Änderungen oder einen Eingriff in die bautechnische Substanz erforderlich machen.

Praxislabor
Recht des Mieters, einzelne Räume der Mietsache als Praxislabor einzurichten und zu nutzen.

Schönheitsreparaturen
Die Instandhaltung der Mieträumlichkeiten (inkl. Schönheitsreparaturen) obliegt grundsätzlich dem Vermieter. Der Vermieter ist aber berechtigt, die Schönheitsreparaturen (z.B. Anstreichen der Wände, Türen, Fenster, Heizkörper) sowie (kleinere) Instandhaltungsarbeiten (Türgriffe, Wasserhähne, usw.) auf den Mieter abzuwälzen.
Tipp: Vereinbaren Sie bzgl. kleinerer Reparaturen eine Höchstgrenze pro Kalenderjahr in Euro. Wenn schon Schönheitsreparaturen durch Sie vorzunehmen sind, sollte auch geregelt werden, dass der Vermieter verpflichtet ist, die Außenfassade des Mietobjektes sowie Treppen und Flure, die zur Praxis führen, in einem optisch ansprechenden Zustand zu erhalten.

Rückgabe der Mietsache
Es empfiehlt sich, eine Rückbauverpflichtung mietvertraglich auszuschließen (keine Verpflichtung zur Entfernung von Versorgungs-/Entsorgungsleitungen usw.). Die Übergabe sollte lediglich sauber und vollständig erfolgen.

Praxisschilder/Hinweispfeile

  • Recht des Mieters, in den Grenzen des Standesrechts Praxisschilder an der Hauswand befestigen zu dürfen.
  • Recht des Mieters, ggf. Hinweispfeile im Treppenhaus mit Hinweis auf die Praxis anzubringen.
  • Bei vorhandenem Fahrstuhl: Recht des Mieters, einen Hinweis auf die Praxis bei der betreffenden Etage anzubringen.
  • Recht des Mieters, in den Grenzen des Standesrechts für einen bestimmten Zeitraum nach Beendigung des Mietvertrages ein Schild an der Hauswand belassen zu dürfen, das bei Verlegung für ein Jahr auf den neuen Praxisort hinweist.
  • Verpflichtung des Vermieters, das Praxisschild nachts in geeigneter Weise zu beleuchten.


Nützliche Ergänzungen

  • Übergabeprotokoll (als Bestandteil des Mietvertrages)
  • Konkurrenzschutzklausel (Verpflichtung des Vermieters, im Mietobjekt bzw. weiteren Mietobjekten des Vermieters in der näheren Umgebung keine weiteren fachidentischen Zahnarztpraxen/Sozietäten/Partnerschaftsgesellschaften zuzulassen)
  • Aufschiebende Bedingungen (Die Wirksamkeit des Mietvertrages kann unter einer Reihe von aufschiebenden Bedingungen gestellt werden, so z.B. unter die aufschiebende Bedingung der Erteilung der Zulassung und der Berufsfähigkeit zum Zeitpunkt des Mietbeginn)
  • Parkplätze/Einstellplätze (Verpflichtung des Vermieters, Parkraum auf seine Kosten zu schaffen bzw. die entsprechende Freistellungsabgabe zu zahlen usw.)
  • Verpflichtung des Vermieters zur Bereitstellung eines separaten abschließbaren Raumes für die Praxismülltonnen (Spritzen, infektiöser Müll usw.).


Bitte beachten Sie:
Die Aufnahme der oben genannten Klauseln in den Mietvertrag ist nur im Wege eines beiderseitigen Einvernehmens möglich. Es sollte daher nicht auf Maximalforderungen beharrt werden, wenn der Vertrag im Ganzen betrachtet fair ist. Regelmäßig wird in Verhandlungen abgeklärt, welche Klauseln durchsetzbar sind.
Zur Vorbereitung einer Vertragsverhandlung ist es sinnvoll, sich anhand dieser Aufstellung der verschiedenen Klauseln zu überlegen, welche Regelungen für die Praxissituation/Praxisvorstellungen ganz besonders wichtig oder unverzichtbar sind, welche weniger bedeutsam sind und auch auf welche verzichtet werden kann.
Tipp: Viele Zahnärztekammern bieten ihren Mitgliedern als kostenfreien Service Mustermietverträge und ggf. Checklisten für den Mietvertrag.

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