Recht 14.12.2020
Ein rechtlicher Streifzug durch das Jahr 2020
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Neben der den Alltag einnehmenden Corona-Pandemie haben sich die Zahnarztpraxen auch dieses Jahr wieder mit einer Vielzahl von rechtlichen und strategischen Themen auseinandergesetzt. Der nachfolgende Beitrag fasst die wichtigsten Themen zusammen.
Der ständige Begleiter: Die Praxisabgabe
Eines der meistfrequentierten Themen ist nach wie vor die Beratung rund um die Praxisabgabe. Es stellen sich viele Fragen, wie zum Beispiel ein Verkaufsprozess eigentlich abläuft, wann damit begonnen werden sollte und wie ein realistischer Kaufpreis ermittelt werden kann. Darüber hinaus gilt es, die vertragliche Situation als Fundament für die Praxisabgabe zu gestalten.
So ist es in vielen Fällen zum Beispiel ratsam, neben dem Praxisübernahmevertrag einen Auftragsverarbeitungsvertrag (Datenschutzvertrag) zu schließen. Denn geschieht dies nicht, könnte sogar eine Loslösungsmöglichkeit vom Kaufvertrag drohen. Der Praxisabgabeprozess wäre dann erst einmal gescheitert. Hinzukommt, dass den aktuellen Gegebenheiten Rechnung getragen werden sollte, was bedeutet, dass sogenannte Corona-Regeln in jeden Vertrag eingebaut werden sollten.
Die arbeitsrechtlichen Herausforderungen in der Praxis
Ein über Jahre hinweg stetig abgefragtes Thema bildet das Arbeitsrecht. Welche Kündigungsmöglichkeiten bzw. welche Alternativen gibt es? Ist eine einseitige Freistellung von der Arbeitspflicht möglich? Wie genau kann eine umsatzabhängige Vergütung rechtlich sicher gestaltet werden? Ist diese auch während des Urlaubs bzw. der Krankheit zu zahlen?
Um viele dieser Fragen ranken unzählige Mythen, die zu einer großen Unsicherheit führen können. Wichtig ist stets, dass die im Arbeitsvertrag festgehaltenen Regelungen klar definiert und gelebt werden. Hierdurch können viele Unsicherheiten genommen und Diskussionen vermieden werden.
Der Arbeitsvertrag – mit oder ohne Umsatzbeteiligung?
Viele junge Zahnärzte sind als Angestellte tätig oder suchen die Anstellung. Die Tendenz ist aufgrund vieler Faktoren, wie zum Beispiel dem Wunsch nach flexiblen Arbeitszeitmodellen oder der Scheu vor unternehmerischem Risiko, nach wie vor steigend. In der Vergangenheit wurde üblicherweise neben einem Grundgehalt eine umsatzabhängige, variable Vergütung vereinbart.
Problematisch an diesen Vereinbarungen ist, dass es sich bei der vereinbarten Umsatzbeteiligung in aller Regel um sogenanntes Arbeitsentgelt handelt, welches von Gesetzes wegen auch in Urlaubszeiten und bei Krankheit zu berücksichtigen ist. Die Umsatzbeteiligung kann den Arbeitgeber daher teuer zu stehen kommen und sollte in jedem Fall betriebswirtschaftlich, steuerlich und rechtlich durchdacht sein.
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot
Die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten in Arbeitsverträgen sollte gut überlegt sein. Zunächst einmal ist es wichtig, zu wissen, dass während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers bereits ein Wettbewerbsverbot resultiert. Für diese Zeit muss also kein Wettbewerbsverbot vereinbart werden, wobei es im Einzelfall dennoch sinnvoll sein kann.
Ist für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot vereinbart, spricht man von einem sogenannten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Ein solches ist allerdings nur dann wirksam, wenn es schriftlich vereinbart ist und eine Karenzentschädigung zugunsten des Arbeitnehmers enthält. Daneben sind weitere Voraussetzungen erforderlich, die im Einzelfall zu prüfen sind. Ein solches nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann den Arbeitgeber teuer zu stehen kommen, da die Karenzentschädigung regelmäßig der Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung entspricht. Das ist ein hoher Preis dafür, dass der Arbeitnehmer in einem bestimmen Umkreis keiner Tätigkeit nachgehen darf. Die Sinnhaftigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sollte deshalb vor Vereinbarung sorgfältig geprüft und abgewogen werden.
Praxismodelle der Zukunft?
Neben den rechtlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen bei einem Praxisverkauf interessieren sich viele Zahnärzte für Praxismodelle der Zukunft. Schnell kommt dabei die Frage auf, was eigentlich ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) ist und ob dieses Modell in der eigenen Praxis sinnvoll umgesetzt werden kann. Durch geschickte Gestaltung kann zum Beispiel der Praxisabgabeprozess – soweit er rechtzeitig begonnen wurde – mit einer MVZ-Konstruktion verknüpft werden. Für ein MVZ sind auch keine großen Praxisstrukturen notwendig, denn durch das Modell der Ein-Mann-GmbH kann ein MVZ auch alleine gegründet werden. Zudem kann auf diese Weise den Wünschen der jungen Zahnärzte nach flexiblen Arbeitszeitmodellen und einer ausgeglichenen Work-Life-Balance mitunter besser begegnet werden.
Zahnärztliche Videosprechstunden kommen in die Versorgung
Zehntausende ärztliche Praxisinhaber haben in den zurückliegenden Monaten erste Erfahrungen mit der Videosprechstunde gesammelt. Doch in der Zahnmedizin fristet die Telemedizin weiterhin ein Schattendasein. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) will das nun ändern und hat die Videosprechstunde daher in die vertragszahnärztliche Versorgung aufgenommen. Ob Aufklärungs- oder Beratungsgespräch, Erstbegutachtung, Zweitmeinungen oder Besprechung von Heil- und Kostenplänen – die Videosprechstunde ist für viele zahnmedizinische Anwendungsfälle geeignet. Auch Online-Fallbesprechungen unter Beteiligung eines Zahntechnikers sind denkbar. Als reines Krisentool ist die Videosprechstunde für Zahnärzte nicht gedacht, sondern auch für die Praxis eine Technologie mit langfristigem Mehrwert.
Ausblick 2021
Die nicht zahnärztlichen Themen, mit denen sich der Dentalmarkt auseinanderzusetzen hat, werden jedes Jahr mehr. So wurde dieses Jahr in Praxen das erste Mal das Thema der Kurzarbeit relevant. Hier waren die Praxen im Vorteil, die eine solide arbeitsvertragliche Basis haben, denn das Arbeitsrecht ist in seinen Details äußerst komplex.
Zudem wird die zahnärztliche Tätigkeit mehr und mehr von Arbeiten überlagert, die fern ab von der Behandlung am Stuhl stattfinden. Sei es durch die Digitalisierung oder Mitarbeiterbindung (und -findung). Hier gilt es, mit den Herausforderungen zu wachsen und wie auch in anderen Branchen sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Gerade aufgrund der Schnelllebigkeit ist es wichtiger denn je, eine eigene Zukunftsstrategie zu entwickeln, diese mit Leben zu füllen und in der Praxis umzusetzen.
Der Beitrag ist in ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.
Foto Teaserbild: Studio_East – stock.adobe.com