Recht 02.12.2025

TikTok und die Zahnarztpraxis – Wenn Social-Media-Aktivitäten zur Kündigung führen

Die rechtlichen Themen in Zahnarztpraxen sind vielfältig. Eines davon kehrt immer wieder: die Verwendung von Social-Media-Kanälen. Hierbei reichen die Herausforderungen von Musiklizenzen auf dem Praxis-­Instagram-Account über die Veröffentlichung von Vorher-Nachher-Bildern zu Werbezwecken bis hin zum unerlaubten Filmen von Patient/-innen und Kolleg/-innen.

TikTok und die Zahnarztpraxis – Wenn Social-Media-Aktivitäten zur Kündigung führen

Foto: DC Studio – stock.adobe.com

Die rechtlichen Folgen von Social-Media-Beiträgen sind vielfältig. Ein Praxisbeispiel aus dem Bereich des Arbeitsrechts wird im Folgenden dargestellt. Aus Gründen der anwalt­lichen Schweigepflicht ist der Fall deutlich abgewandelt ­worden.

Ein Fall aus der Praxis: Social Media und seine Tücken

Vor einigen Monaten wandte sich eine Zahnarztpraxis mit einem gerichtlichen Kündigungsverfahren an uns. Im Mittelpunkt stand eine Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA), die das Team eigentlich für ihre freundliche Art und ihr Engage­ment schätzte. In ihrer Freizeit war die junge Frau auf TikTok aktiv – und brachte damit unbeabsichtigt die gesamte Praxis in eine schwierige rechtliche Lage.

Der Sachverhalt

Die Mitarbeiterin hatte in mehreren kurzen, häufig spontanen Videos Ausschnitte aus dem Praxisalltag gefilmt und auf TikTok hochgeladen. Mal war sie allein in der Anmeldeloge zu sehen, mal filmte sie aus einem Behandlungszimmer. Patient/-innen waren zwar nicht direkt erkennbar, jedoch reichten die Aufnahmen, um sensible Eindrücke von der Praxis sowie von internen Abläufen zu vermitteln. In einem Clip war zu sehen, wie sie im Behandlungszimmer augenzwinkernd in die Kamera sagte: „Endlich Feierabend“, und zwar mitten während des laufenden Praxisbetriebs.

Dem Inhaber der Praxis, der durch andere Mitarbeiter/-innen auf die Videos aufmerksam gemacht wurde, blieb keine Wahl: Er musste einschreiten. Nach einem persönlichen Gespräch – in dem ausdrücklich auf die Gefahr von Datenschutzverletzungen und Praxisgeheimnissen hingewiesen wurde – erteilte er schließlich eine schriftliche Abmahnung. Kurz darauf tauchte das nächste TikTok-Video aus dem Empfangsbereich auf.

Die Kündigung

Angesichts der wiederholten Pflichtverletzungen sprach der Arbeitgeber zum Schutz der Patientendaten und der Kolleg/-innen die verhaltensbedingte Kündigung aus und stellte sie mit sofortiger Wirkung unwiderruflich frei. Da die Mitarbeiterin sich ungerecht behandelt fühlte, erhob sie Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht.

Das Verfahren und die Einigung

Im Rahmen des Verfahrens wurde dann – wie häufig in diesen Verfahren – aus Kostengründen eine Einigung erzielt: Die Parteien trennten sich gegen Zahlung einer vergleichsweise geringen Abfindung. Die Mitarbeiterin erkannte die Anrechnung ihrer verbleibenden Urlaubstage auf die erfolgte Freistellung an und verpflichtete sich, die Videos zu ­löschen und gespeicherte Aufnahmen ebenfalls zu löschen und nicht mehr zu veröffentlichen.

Arbeitsrechtliche und rechtliche Hintergründe

Zahnmedizinisches Personal unterliegt strengen Pflichten: Neben der Schweigepflicht (§ 203 StGB) sind insbesondere auch das Persönlichkeitsrecht der Patient/-innen und Kolleg/ -innen (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie betriebliche Interessen zu beachten. Der Arbeitsvertrag verpflichtet zur Loyalität und zum Schutz betrieblicher Belange (§ 241 Abs. 2 BGB). Veröffentlichungen auf Social-Media-Plattformen, wie TikTok, die interne Abläufe, Unterlagen oder Kolleg/-innen zeigen, stellen regelmäßig einen Verstoß gegen diese Pflichten dar, wenn nicht zuvor eine explizite Einwilligung erfolgt ist.

Arbeitgeber/-innen haben bei Pflichtverletzungen das Recht, auf das Instrument der Abmahnung zurückzugreifen. Kommt es nach erfolgten Abmahnungen zu erneuten Verstößen, kann eine verhaltensbedingte Kündigung im Raum stehen (§ 626 BGB). Das Arbeitsgericht prüft im Streitfall, ob die Kündi­gung verhältnismäßig war, also ob tatsächlich eine nachhaltig gestörte Vertrauensbasis vorlag und mildere ­Mittel nicht ausreichten.

Im vorliegenden Fall waren die Schutzpflichten gegenüber der Praxis, den Kolleg/-innen und den Patient/-innen mehrfach verletzt worden, sodass die Kündigung trotz relativ kurzer Betriebs­zugehörig­keit grundsätzlich als gerechtfertigt an­gesehen werden konnte und eine gütliche Einigung nur für eine schnelle Erledigung der Angelegenheit gefunden werden konnte.

Fazit

Der Fall zeigt eindrücklich, wie Social-Media-Aktivitäten auch im Arbeitsverhältnis massive Konsequenzen haben können. Die Mitarbeiterin hatte nicht nur ihre arbeitsvertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten verletzt, sondern ebenso das Persönlichkeitsrecht ihrer Kolleg/-innen und – durch das Zeigen von Unterlagen – zumindest auch die Schweigepflicht gefährdet. Arbeitsrechtliche Folgen wie Abmahnung und Kündigung sind dabei oft „nur“ ein Teil der Konsequenzen. Auch datenschutz- und strafrechtliche Risiken können drohen.

Mein Appell

Seien Sie sich der Verantwortung bewusst, die Sie beim ­Umgang mit Fotos und Videos aus der Praxis ­tragen. Wer ­Zweifel hat, sollte lieber auf Content aus dem beruflichen Kontext verzichten – nicht nur zum Schutz des eige­nen Arbeits­platzes, sondern auch im Interesse von ­Kolleg/-innen und ­Patient/-innen.

Autorin: Nadine Ettling

Prophylaxe Journal 04/25

Prophylaxe Journal


Dieser Beitrag ist im PJ Prophylaxe Journal erschienen.

Das Prophylaxe Journal richtet sich an präventionsorientierte und parodontologisch tätige Zahnärzte sowie deren Teams.

Als zielgruppenfokussiertes Fachmedium hat sich das Journal seit mehr als 20 Jahren bei 5.000 regelmäßigen Lesern etabliert und fördert vor dem Hintergrund der zunehmenden Präventionsorientierung der Zahnheilkunde u. a. die Entwicklung der entsprechenden Berufsbilder wie DH, ZMF oder ZMP.

 

Jetzt das ePaper lesen.

Mehr News aus Recht

ePaper