Statements 05.11.2014

Internet-Bewertung: Es gibt kein Pardon



Internet-Bewertung: Es gibt kein Pardon

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Jürgen Pischel spricht Klartext

Gegen die meines Erachtens aus medizinisch-sachlichen Gründen – hinter einem HKP-Vorschlag steckt mehr als nur eine Kostenberechnung – unzulässigen Internet-Versteigerungsaktionen von zahnärztlichen Leistungen, die höchstgerichtlich bestätigt wurden, habe ich mich bereits vor einigen Monaten klar geäußert. Es gab viel Zustimmung, aber es konnte nichts an der Tatsache der öffentlichen Versteigerung medizinischer Leistungen ändern.

Nun wurde der großen Internetgemeinde, die in vielen Bereichen der Notenvergabe in Bewertungsportalen frönt, vom Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass auch ärztliche Leistungen und deren „Anbieter“ sich der öffentlichen Notenvergabe zu unterwerfen, das heißt zu stellen haben.

Ein Gynäkologe aus München war gegen das Ärztebewertungsportal Jameda bis vor den BGH gezogen, das aber nicht, weil er dort schlecht weggekommen wäre. In seinem Fall überwogen sogar die guten Noten. Der Arzt wollte einfach nur raus. Jameda möge sein Profil komplett löschen, verlangte er, aber der BGH wies die Klage rundweg ab. Damit würden die gesamten Geschäftsmodelle der Bewertungsportale, z.B. für Restaurants, Hotels, Handwerker, Flugreisen, etc. infrage gestellt.

Der BGH bestätigte ein weiteres Mal, dass Bewertungsportale im Internet dem „öffentlichen Interesse“ am Austausch entsprächen. Der Arzt hatte sich auf sein Persönlichkeitsrecht berufen, aber der BGH machte deutlich, dass es hier nicht um die Privat-, sondern nur um die „Sozialsphäre“ gehe. Als niedergelassener Arzt wende er sich an potenzielle Patienten und stelle sich damit dem freien Wettbewerb. Unter diesen Umständen sei der Schutz des Persönlichkeitsrechts nicht sonderlich stark ausgeprägt. Der freie Meinungsaustausch hat für den BGH Vorrang vor den Persönlichkeits- und Datenschutzinteressen der Betroffenen in Bewertungsportalen.

Allerdings einen positiven Ansatz gibt es: Wird man als Zahnarzt – vielleicht sogar bewusst gesteuert – mehrmals anonym mit übler Nachrede in einem sogenannten Bewertungsportal belastet, müssen die Einträge auf Antrag hin gelöscht werden. Unwahre Behauptungen können unterbunden werden. Allerdings verweigerte der BGH dem Betroffenen die Bekanntgabe des Namens und der Anschrift des Anonymus. Ein Anspruch auf Herausgabe der Nutzerdaten möge „wünschenswert“ sein, doch das müsse der Gesetzgeber entscheiden.

Inzwischen hat die CDU-Bundestagsfraktion den Hinweis aufgegriffen: Sie will den Schutz vor Verleumdung dadurch verbessern, dass man im Wiederholungsfall die Identität anonymer Kritiker öffnet.

Damit schließt sich der Kreis. Denn auch Noten über die Leistungserbringung der Praxis und des Zahnarztes beruhen auf „anonymen“ Eingaben im Bewertungsportal. Dies geht dann so weit, dass Bewertungsportale anbieten, gegen Zahlung einer „Ablöse“ könne man sich aus dem Bewertungs-Noten-System ausblenden lassen. Was für eine Gerechtigkeit und Objektivität? Hoffentlich sind Sie nicht betroffen,

toi, toi, toi, Ihr J. Pischel

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