Endodontologie 31.05.2016

Endodontische Revision – Orthograd, Retrograd, Extrakorporal?



Endodontische Revision – Orthograd, Retrograd, Extrakorporal?

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Wann wird die Wiederholung einer Wurzelkanalbehandlung notwendig und ist sie dann überhaupt sinnvoll? Wird die Revision den gewünschten Erfolg bringen oder reiht sie sich ein in eine zusätzliche mühsame Erfahrung des Patienten?

Klassisch lassen sich zahnerhaltende Möglichkeiten nach einer nicht erfolgreichen Wurzelkanalbehandlung in die konservative (also orthograde), die nichtchirurgische Wiederholung der Behandlung und die chirurgische Variante (die Wurzelspitzenresektion in all ihren Formen) einteilen. Der vorliegende Artikel will die Möglichkeiten der Entscheidungsfindung anhand der relevanten Faktoren beschreiben und einen Ausblick auf die Erweiterung der Möglichkeiten durch den Einsatz moderner mikroskopischer oder mikrochirurgischer Techniken geben.

Ursachenforschung

Zuallererst stellt sich nicht die Frage nach dem Was, sondern dem Warum. Hierzu müssen wir klar den Terminus des postendodontischen Misserfolges und dessen jeweilige Ursache definieren. Ein Misserfolg kann früh (Tage/Wochen/Monate) oder erst viel später (Jahre/Jahrzehnte) nach erfolgter Wurzelkanalbehandlung auftreten. Gerade bei späten Komplikationen im Rahmen der Endodontie stellt sich auch immer die Frage des Zusammenhangs mit der ursprünglichen Behandlung. Die generellen zeitunabhängigen Symptome des endodontischen Misserfolges sind persistierende oder wiederkehrende Symptome (Perkussionsempfindlichkeit, Palpationsempfindlichkeit, Schwellungen, Fisteln oder subjektives Schmerzempfinden). Problematisch können aber auch symptomlose, allerdings nicht heilen wollende apikale Läsionen sein. Noch kritischer ist die Ausbildung einer apikalen Parodontitis oder die Vergrößerung der Aufhellung im Kontrollbild lange nach der erfolgten Primärbehandlung. In der täglichen zahnärztlichen Realität sind diese postendodontischen Miss­erfolge oft dramatische Erfahrungen der Vergänglichkeit unserer Behandlungsversuche. Dennoch sind die Ursachen meist in einer Nichteinhaltung oder Missachtung der Infektionskontrolle zu finden:

  • unzureichende Reinigung (Desinfektion)
  • technische Defizite (Länge, Dichte, …)
  • nicht gefundene oder behandelte ­Kanäle oder Abschnitte
  • undichte koronale Restauration
  • Hindernisse und Fremdkörper
  • Frakturen

Grob lassen sich die Faktoren in anatomische, biologische, iatrogene, neurologische und eventuell auch psychologische Ursachen einteilen. Die Kenntnis dieser determiniert das weitere therapeutische Vorgehen und die Möglichkeiten der Behandlung: Kontrolle, Extraktion, Resektion, Revision.

Entscheidungsfindung

Ob und vor allem wie diese durchgeführt werden, wird wiederum bestimmt durch die allgemeine Meinung oder Lehrmeinung sowie die eigenen klinischen Fertigkeiten oder Erfahrungen, aber auch durch den Patienten und seine ökonomischen Faktoren. Im Idealfall findet die Entscheidung anhand evidenzbasierter Faktoren statt. Eine Studie von Balto und Al-Madi (2004) zeigte, dass Endodontologen bei post­endodontischen Problemen eher zur Revision und Allgemeinzahnärzte zu den Optionen Beobachten, rein medikamentöse Behandlung oder Extraktion neigen. Entscheidend für korrekte Vorgehensweisen ist das Wissen um die vorhandenen Möglichkeiten und fundierte Indikationen oder Kontraindikationen (siehe unten).

Grafik

Prognosen der ­Behandlungsoptionen

Die Prognose der Revision von Zähnen ohne apikale Parodontitis wird mit 95  Prozent (d. h. keine Entwicklung einer apikalen Parodontitis) von mehreren Studien sehr hoch eingestuft. Bei Zähnen mit vorhandener apikaler Parodontitis findet sich eine größere prognostische Erfolgsquote von 56 bis 84 Prozent (d. h. radiologisch ausgeheilt), wobei diese Erwartungen nach Studien mit Langzeitbeobachtung angeblich noch auf 84 bis 90 Prozent steigen können (Hepworth und Friedmann 1997, Friedmann 1998, Sjögren 1990, Hoskinson 2002, Chugal et al. 2003). Interessant sind allerdings die in der bekannten Studie aus Toronto (De Chevigny et al. 2008) heraus­gearbeiteten präoperative Faktoren für den Erfolg einer wiederholten Wurzelbehandlung, nämlich die ursprüngliche Qualität der Wurzelfüllung (geheilt: inadäquate 88 Prozent, adäquate 66 Prozent), vorhandene Perforationen (geheilt: abwesend 87 Prozent, präsent 56 Prozent) und die radiologische ­Aufhellung (geheilt: abwesend 93 Prozent, präsent 80 Prozent).

Für die chirurgische Variante der Wurzelspitzenresektion lassen sich auch zusätzlich ähnliche Prognosen feststel­len (Friedmann 2005), wobei die erste Spannbreite zwischen 37 und 91 Prozent Ausheilung angegeben wird, gefolgt von 33 Prozent weiterer Ausheilung nach längerer Beobachtung. 80 bis 94 Prozent der beobachteten Zähne finden sich in symptomfreier Funktion. Als positive Faktoren werden kleinere Läsionen sowie retrograde ­mikroskopische Techniken und Fül­lungen angegeben.

 

 

Fazit

Folgende Grundfragen lassen sich ­zusammenfassen: Ist die Ursache für den Misserfolg erkennbar und in weiterer Folge behandelbar, oder kann behoben werden, ohne den Zahn zu sehr zu schwächen? In der neueren Zeit ist hierzu auch in der Endodontie die 3-D-Diagnostik (DVT, CT) und deren Befundungsmöglichkeiten (www.zahnradiologie.at) eine große Hilfe in der Erkennung der Ursachen. Auch eine klinische Inspektion unter Vergrößerung (im optimalen Fall unter dem Mikroskop) bietet sowohl diagnostische Erleuchtung als auch die Möglichkeit der Behandlung der erkannten Ursache.

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