Digitale Zahnmedizin 17.04.2015

Einen Intraoralscanner in den Praxisalltag integrieren



Einen Intraoralscanner in den Praxisalltag integrieren

Foto: © 3M Deutschland GmbH

Bereits bei der Erstausstattung meiner Zahnarztpraxis in Hamburg-Rissen legte ich Wert auf die Integration der neuesten Technologien: So wurden von Beginn an digitales Röntgen und Lasertechnik eingesetzt und die Praxis karteikartenlos geführt. In den folgenden Jahren wurden verschiedene Neuentwicklungen getestet und viele von ihnen dauerhaft eingesetzt. Nun war es an der Zeit, in ein lichtoptisches, berührungsloses Verfahren zur Abformung zu investieren. Meine Erfahrungen hinsichtlich dessen Integration werden im Folgenden erläutert.

Als ich vor sieben Jahren meine Einzelpraxis plante, war das oberste Gebot, dass in diesen neuen Räumen ausschließlich Dinge einen Platz finden werden, die den Patienten den Aufenthalt und die Behandlung so angenehm wie möglich gestalten. Für meine Mitarbeiter und mich sollten sie zudem ein gesundes, glückliches Berufsleben ermöglichen. Meine Patienten schätzen die angenehme Atmosphäre in der Praxis und die besonderen Leistungen, wie beispielsweise den Einsatz eines Lasers unter anderem zur Behandlung von kariösen Läsionen und Parodontitis. Ihnen ist bewusst, dass ihr Wohl bei uns an erster Stelle steht.

Teamwork

Für die erfolgreiche Umsetzung meiner Praxisphilosophie arbeite ich inzwischen mit einem großen Team, bestehend aus fünf Assistenten, einem international tätigen Oralchirurgen und einem erfahren IT-Fachmann, zusammen. Durch ein gutes Terminmanagement erreichen wir eine kurze Verweildauer der Patienten in der Praxis, geringe Wartezeiten und eine rasche Terminvergabe. Um die Patienten bestmöglich zu informieren, werden in Beratungsgesprächen Tablet-PCs verwendet; ein Zahntechniker ist zudem anwesend, wenn das Thema Zahnersatz auf dem Programm steht. Und ein professionelles Prophylaxekonzept sowie der Einsatz moderner, non- bzw. minimalinvasiver Therapieformen sorgen für einen langfristigen Erhalt der natürlichen Zahnsubstanz: Komplexe Eingriffe mit hohem Material-, Zeit- und Kostenaufwand bleiben somit vielen Patienten erspart.

Arbeitsschritt mit Optimierungspotenzial

Doch ein Arbeitsschritt, der bei Patienten häufig Unbehagen auslöst, war bisher noch Bestandteil des Praxisalltags: die konventionelle Abformung. Mit dem Ziel, den Prozess für alle Beteiligten angenehmer zu gestalten, entschied ich mich für die Investition in einen Intraoralscanner. Bevor ich diese Entscheidung traf, widmete ich mich zuerst der Frage, welche spezifischen Wünsche alle Beteiligten – Patienten, Assistenten, Zahntechniker und ich als Zahnärztin – bezüglich der Abformung haben.

Abb. 1 (links): Der neue 3M True Definition Scanner. – Abb. 2 (rechts): Einsatz des Gerätes in der Praxis: Scanübungen unter Kollegen.

Zu erfüllende Wünsche

Patienten wünschen einen komfortablen Abformprozess ohne sperrige Komponenten, die im Mund zum Einsatz kommen. Viele von ihnen fürchten einen Würgereflex und empfinden es als unangenehm, wenn bei der Löffelentnahme ein Vakuum entsteht. Zudem erwarten sie eine passgenaue, funktionelle Restauration. Die Stuhlassistenz wünscht sich einen einfachen Abformprozess sowie eine Reduzierung der notwendigen Arbeitsschritte: Hinter der Wahl des bestgeeigneten Abformlöffels und Materials sowie dem Einsetzen und der Entnahme des Löffels beispielsweise verbergen sich Fehlerrisiken. Bleiben ihnen diese Arbeitsschritte erspart, erhöht sich automatisch die Prozesssicherheit. Begrüßen würden sie auch, wenn sie die für die Reinigung, Desinfektion, Sterilisation und Lagerung der Löffel erforderliche Zeit einsparen könnten. Zudem profitieren auch die Assistentinnen von einem erhöhten Patientenkomfort, da sie hierdurch weniger Stress ausgesetzt sind. Zahntechniker wünschen in der Regel einen möglichst sauberen Arbeitsprozess sowie reproduzierbare, eindeutige Abformungen, die eine präzise Wiedergabe der Mundsituation mit eindeutig erkenn- und definierbaren Präparationsgrenzen bieten. Ich wünsche mir eine Minimierung der Anzahl potenzieller Fehlerquellen bei der Abformung, präzise dargestellte Präparationsgrenzen und schließlich eine exakte Grundlage für die Herstellung passgenauer Restaurationen. Um die vorhandenen Möglichkeiten zur Fertigung ästhetisch anspruchsvoller, qualitativ hochwertiger Restaurationen voll ausschöpfen zu können, wünsche ich mir maximale Flexibilität hinsichtlich der Weiterverarbeitung der erzeugten Daten.

Anforderungen an den Intraoralscanner

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Intraoralscanner die folgenden Kriterien erfüllen sollte: Sein Handstück sollte möglichst zierlich sein und sich leicht im Patientenmund bewegen lassen, ohne eine starke Mundöffnung zu erfordern. Intuitive, einfache Bedienbarkeit und die Möglichkeit der leichten Reinigung sind Voraussetzungen für die Zufriedenheit der Assistenz mit der neuen Lösung. Darüber hinaus sollten die generierten Aufnahmen eine möglichst hohe Genauigkeit und Detailtreue aufweisen, um die Anforderungen hinsichtlich der Passgenauigkeit und Qualität der finalen Versorgung zu erfüllen. Und nicht zuletzt sind offene Schnittstellen erforderlich, um dem Anwender maximale Flexibilität zu bieten.

Abb. 3: Auf Grundlage der Abformdaten generiertes 3-D-Modell. – Abb. 4: Detailansicht der Präparation am Touchscreen.

Scanner der Wahl

Nachdem ich mich eingehend über die verfügbaren Systeme informiert hatte, entschied ich mich für die Investition in den neuen 3M True Definition Scanner. Dieser erfüllt die von uns definierten Ansprüche. Nach einer zweitätigen Schulung durch 3M ESPE war eine solide Basis gelegt und das gesamte Praxisteam hochmotiviert, die neue Technik zu erlernen. Zu Beginn mussten unsere Mustermodelle als Übungsobjekte herhalten, anschließend wurde der Phantomkopf eingesetzt und zum Schluss scannten sich die Mitarbeiter gegenseitig. Zum Üben eignen sich hervorragend Patientenscans, die beim Beratungsgespräch bereits durchgeführt werden und zur Herstellung von Formteilen für die Provisorien genutzt werden können.

Rasche Fortschritte

Anschließend begannen wir mit der Abformung von Quadranten zur Herstellung von Einzelzahnrestaurationen und kleinen Brücken im Seitenzahnbereich – mit sofortigem Erfolg. Nach einer zweiten Schulung ist das gesamte Team nun in der Lage, ganze Kiefer innerhalb kürzester Zeit digital abzuformen. Begünstigt wird dieser Vorgang durch das neue, noch schlankere Handstück des True Definition Scanners, das seit Dezember 2014 verfügbar ist. Inzwischen überweisen schon einige Kieferorthopäden Patienten für die digitale Abformung in unsere Praxis.

Vorteile

Die Patienten selbst schätzen die kleine Kamera, die kurze Scandauer und die Möglichkeit, abschnittsweise vorzugehen. Für die Assistenz ist der Vorgang angenehmer und weniger stressbehaftet; sie loben außerdem, dass sie weniger Zeit für die Aufbereitung der Abformungen und des Equipments aufbringen müssen. Das Handstück des Intraoralscanners lässt sich problemlos desinfizieren und sterilisieren, ohne dass Einzelteile abgenommen und ausgetauscht werden müssen. Unser Zahntechniker freut sich über den Wegfall unangenehmer Arbeitsschritte wie die Herstellung von Gipsmodellen: Er legt die Präparationsgrenzen am virtuellen Modell fest und lässt anschließend extern ein Kunststoffmodell fertigen. Für mich liegen die Vorteile ganz klar auf der Hand: Entscheidende Details kann ich bereits während der Präparation durch die bis zu 20-fache Vergrößerung am Touchscreen überprüfen und ggf. korrigieren.

Erhöhte Genauigkeit

Dies hat den Effekt, dass wir bei der Präparation der Zahnsubstanz noch sorgfältiger vorgehen als früher, mit präziseren Ergebnissen. Davon profitiert vor allem der Zahntechniker. Bei der Aufnahme gehen wir häufig so vor, dass einzelne Bereiche trockengelegt und gescannt werden – die verschiedenen Teilbereiche werden anschließend von der Software zusammengefügt. Dies führt zu weniger Stress bei Patient und Praxisteam und zu sehr guten Resultaten. Nach der Bissnahme durch einen Bukkalscan kann das Platzangebot der Restauration beurteilt werden, sodass den Beteiligten mögliche Nachpräparationen erspart werden.

Optimierungspotenzial

In einigen Situationen sind Löffel und Abformmaterial jedoch weiterhin gefragt: Eine Abformung für Reparaturen sowie Überabdrücke sind noch nicht mittels Scanner realisierbar. Zudem bestehen Einschränkungen bei der Implantatabformung, da noch nicht von jedem Hersteller entsprechende Scankörper und Modellanaloge angeboten werden. 3M ESPE bietet bereits zwei validierte Workflows – mit den Implantatsystemen von Straumann und Biomet 3i – an. Abformungen mit anderen Systemen sind im Rahmen von sogenannten „offenen Workflows“ möglich, wobei hier der Ablauf zunächst in Abstimmung mit dem Labor und dem Implantathersteller definiert werden muss. Jeden Tag wagen wir uns an größere Restaurationen und freuen uns auf die Neuerungen, die für die Zukunft noch zu erwarten sind.

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