Endodontologie 04.04.2013

Minimalintervention in der modernen ­Füllungstherapie



Minimalintervention in der modernen ­Füllungstherapie

In den letzten Jahrzehnten haben sich neben der klassischen restaurativen Zahnheilkunde ­zunehmend non- und minimalinvasive Therapieformen etabliert. In diesem Kontext wird ­versucht, hartsubstanzopfernde Eingriffe über präventive, die Remineralisation fördernde und/oder die Infiltration von initialkariösen Läsionen möglichst lange hinauszuzögern.1 An dennoch notwendige füllungstherapeutische Maßnahmen werden jedoch weitere Anforderungen gestellt. So sollen sie wirtschaftliches Arbeiten und eine benutzerfreundliche Anwendung genauso ermöglichen, wie sie den Ansprüchen der Patienten genügen müssen. Hierbei befindet sich die Zahnmedizin nach wie vor auf der Suche nach geeigneten Materialien für ­bestimmte Indikationen und Patienten.

Minimalinvasive Therapie für „Jedermann“?

Der kariöse Prozess führt ohne weitere Intervention unweigerlich zur Kavitation. Die Kavität ist demnach das Ergebnis der Erkrankung; keineswegs ist die Kavität jedoch mit der Erkrankung gleichzusetzen. Zwangsläufig wird die Erkrankung auch durch eine füllungstherapeutische Maßnahme nicht geheilt. Gleichwohl stellt die Restauration einer Kavität eine unabdingbare Voraussetzung zur Eliminierung der Erkrankung dar, da ohne die adäquate Versorgung die orale Mikroflora zugunsten eines kariösen Milieus verschoben bleibt. Jegliche füllungstherapeutische Maßnahme ist daher unter kariologischen Aspekten mit therapeutischen Maßnahmen zu verbinden, die die Kariesaktivität und das Kariesrisiko senken. Gleichzeitig wird mithilfe einer Restauration die Putzbarkeit des Zahnes wiederhergestellt; insofern stellt die Füllungstherapie sehr wohl einen essenziellen Teil der präventiven Zahnheilkunde dar.1

Die moderne Füllungstherapie sollte immer minimal­invasiv ausgerichtet sein; Ziel ist die schadensgerechte Präparation unter Schonung der gesunden Zahnhartsubstanz. Ermöglicht wird dies nicht zuletzt durch die adhäsiven Eigenschaften moderner Restaurations­materialien. So muss im Vergleich zu traditionellen Materialien (z.B. Gold, Amalgam) beim Einsatz vergleichsweise neuer Materialien wie Kompositen oder Glasionomerzementen (GIZ) präparationsbedingt weniger gesunde Zahnhartsubstanz entfernt werden.2  Unabhängig vom gesetzlich vorgegebenen Rahmen sollte der Behandler jedoch immer abwägen, was für den jeweiligen Patienten die beste Therapie darstellt. Bei einem Patienten ohne offensichtlich erhöhtes Kariesrisiko sollte sehr wohl geprüft werden, ob bei einer initialen Approximalkaries bei einem (Prä-)Molaren eine Amalgamfüllung den besten Weg zur Versorgung darstellt. Auf der anderen Seite kann der Werkstoff Amalgam nicht unreflektiert bei schadensgerecht präparierten Kavitäten verarbeitet werden (Abb. 1); unabhängig davon stellen minimalinvasive Präparationsformen hohe Ansprüche an den Behandler.

Auswirkungen der Wirtschaftlichkeit auf den Therapieentscheid

Einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt stellen grundlegende Fragen der Wirtschaftlichkeit dar. So sind nicht alle Patienten in der Lage, die Mehrkosten für aufwendige ästhetische Lösungen zu tragen; auch sind viele Patienten einfach nicht zu einer privaten Zuzahlung bereit. In derartigen Fällen musste im Seitenzahnbereich lange Zeit allein auf Amalgamfüllungen zurückgegriffen werden. Eine minimalinvasive Füllungstherapie mit Amalgam ist jedoch aus materialbedingten Gründen nicht als einfach zu bezeichnen; gleichzeitig besteht sowohl auf ­Behandler- als auch auf Patientenseite immer häufiger der Wunsch nach einer möglichst zahnfarbenen – und somit amalgamfreien – Versorgung. Die Bereitstellung einer Alternative für Patienten, die auf Amalgam verzichten wollen, wird bereits seit längerer Zeit diskutiert. Während eine gesundheitliche Gefährdung durch Amalgamfüllungen nach gegenwärtigem Wissensstand ausgeschlossen werden kann,3 empfiehlt unter anderem das Robert Koch-Institut in Deutschland zur Vermeidung negativer gesundheitlicher Auswirkungen, Amalgam bei Schwangeren, Kindern und Jugendlichen „wenn möglich nicht einzusetzen“.4

GIZ als Ausweichmöglichkeit?

Als Materialien, die eine minimalinvasive Therapie ermöglichen und bei allen Indikationen zum Einsatz ­kommen, sind Kompositmaterialien anzuführen – deren Indikationsbereich wurde von der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltungskunde (DGZ) im Jahr 2005 ­erweitert.5 Der Einsatz zahnfarbener Komposite im Seitenzahnbereich ist für den Patienten im ­Normalfall ­jedoch mit einer Zu­zahlung verbunden. Finanzielle ­Aspekte wiederum können bekanntlich einen wesentlichen Einfluss auf die Wahl der zahnmedizinischen ­Therapieform haben. Eine weitere Wahlmöglichkeit im Vergleich zu den erwähnten konventionellen Therapieformen stellen moderne Glasionomerzemente dar. Zeichneten sich die ersten konventionellen Glasionomerzemente (GIZ) noch durch eine niedrige Bruchzähigkeit und starke Abrasionsanfälligkeit aus,6 konnten bereits die hochviskösen GIZ nach 1995 stark verbesserte mechanische Eigenschaften aufweisen.7 Mit zunehmender Liegezeit der Füllung erhöhen sich unter anderem Haftfestigkeit8 und Oberflächenhärte.9 Aufgrund der genannten Verbesserungen der Mate­rialeigenschaften und infolge jahrelanger klinischer ­Erfahrung mit Restaurationen aus hochviskösem GIZ wurde in mehreren Schritten ein 2-stufiges Füllungskonzept aus Glasionomerkomponente und Kompositlack entwickelt: EQUIA – bestehend aus dem hochviskösen EQUIA Fil und dem nanogefüllten, lichthärtenden EQUIA Coat (GC Germany, Bad Homburg). Das ­Füllungskonzept profitiert von den positiven Eigenschaften von GIZ, während gleichzeitig die Empfindlichkeit des Werkstoffs während der Reifungsphase eliminiert wird – die physikalischen Materialeigenschaften bleiben bestehen. Der Kompositlack erhöht nicht nur die Bruchfestigkeit der fertigen Restauration erheblich10 und sorgt für eine verbesserte Randdichtigkeit,11 sondern verleiht der Glasionomerkomponente darüber hinaus ein kompositähnliches Erscheinungsbild. Dadurch wird nicht zuletzt eine minimalinvasive Füllungstherapie, wie sie heute allgemeinhin angestrebt wird,2,12 ermöglicht. EQUIA hat sich gegenüber konventionellen GIZ, welche vorwiegend für temporäre Versorgungen eingesetzt werden, über einen längeren Zeitraum als verlässliche Versorgung erwiesen.13 Zudem ermöglicht es dem Zahnarzt, eine komplette Restauration in 3 Min. 25 Sek. zu legen (laut Herstellerangaben), wobei mit Bulk-Filling und Coating lediglich zwei Arbeitsschritte nötig sind. Zum Vergleich: Um eine fachgerechte Amalgamfüllung anzufertigen, benötigt der Zahnarzt bei sachgerechter Verarbeitung letztlich zwei (unterschiedlich lange) Termine.

Fazit

Es ist sicher ganz im Sinne von Zahnarzt und Patienten, dass auch im zuzahlungsfreien Bereich der Zugang zu ­einer modernen Füllungstherapie möglich wird. Zwar existiert in dieser Hinsicht mit Amalgam einerseits ein überaus zweckmäßiges Material, andererseits stellt sich aufgrund aktueller Debatten die Frage nach dessen Eignung für die Zukunft. Als leistungsfähige Füllungsalternativen für alle Indikationsbereiche, welche zudem ein minimalinvasives Vorgehen ermöglichen, stellen Komposite das Material der Wahl dar. Diese stellen ­jedoch in finanzieller Hinsicht für viele Patienten jedoch nicht immer die passende Alternative dar. Vor dem Hintergrund der erwähnten Punkte zeigt die Entwicklung und Einführung des 2-stufigen Füllungskonzepts EQUIA einen vielversprechenden neuen Weg auf. Mit dem ­Material steht eine ideale Ergänzung zur Verfügung, welche im Rahmen der freigegebenen Indikationen (u.a. nicht okklusionstragende approximal-okklusale Kavitäten im Sinne einer minimalinvasiven Präparation)* des Her­stellers auch in der zuzahlungsfreien Grundversorgung eine zahnfarbene und minimal­invasive Füllungstherapie für nahezu alle Patienten ermöglicht.


* Nutz- und abrechenbar für die empfohlenen Indikationen: ­Restaurationen der Klasse I, unbelastete Restaurationen der Klasse II, kaudruckbelastete Restaurationen der Klasse II (sofern der Isthmus weniger als die Hälfte des Interkuspidalraumes ­beträgt), Interdentale Restaurationen, Klasse V und Wurzel­kariesbehandlung sowie Stumpfaufbauten.

Die Literaturliste finden Sie hier.

Mehr Fachartikel aus Endodontologie

ePaper